Bekannt war es schon länger, seit heute ist es offiziell: Emin Ağalarov ist einer der Pausenacts des diesjährigen Eurovision Song Contests. Der gutaussehende 32jährige ist der Schwiegersohn des aserbaidschanischen Staatspräsidenten Ilham Aliyev, dessen Ehefrau Mehriban Aliyeva wiederum das Organisationskomitee des Bakuer Grand Prix leitet. Es geht eben sehr familiär zu in der sympathischen kleinen Erdölautokratie am Kaspischen Meer. Emin, der bereits eine Karriere im Heimatland sowie im russischen Raum vorweisen kann, dessen mit etlichen Petrodollars unterstützte Hitversuche in Westeuropa bislang aber floppten, trat bereits als Gast beim “Stars for Eurovision”-Eröffnungskonzert am vergangenen Sonntag in Baku auf. Wie ein Augenzeuge im ESCnation-Forum berichtet, vor einer stetig schwindenden Zuschauermasse und gänzlich ohne Schlußapplaus, denn der weltbeste Live-Sänger scheint Emin nicht zu sein. Bei seinem Eurovisionsgig will er das wohl mit Masse überdecken: 40 Tänzer, 10 Livemusiker, ein komplettes Symphonieorchester sowie Kostüm- und Lichtschlachten sind für seine achtminütige Show annonciert. Immerhin: auch die Mugham-Legende Alim Qasimov und das aserbaidschanische Staatsballett treten im Rahmenprogramm auf. Insgesamt dürfte das also eine spektakuläre Show werden.
httpv://youtu.be/vk61VYdmxms
Emin verspricht: wir werden begeistert sein. Wenn er das sagt…
Ansonsten gibt es aber richtiges Publikum, oder wird das auch durch die Familie bereitgestellt?
Naja, angesichts dessen, dass bislang selbst das Finale am Samstag noch nicht komplett ausverkauft ist, dürften sämtliche Nichten und Schwippschwager schon mal in Abrufbereitschaft versetzt worden sein… 😉
Ein Album von ihm soll aber von der BBC als “Record of the week” vorgestellt worden sein (laut deutscher Wikipedia). Also scheint er wohl kleinere Erfolgserlebnisse gehabt zu haben (es sei denn, irgendjemand hat dort Unwahrheiten hingeschrieben, was in Wikipedia ja schonmal passieren kann).
Nun zum Publikum: Diktaturen haben doch hin und wieder den Hang dazu, Soldaten oder irgendwelche inoffiziellen Mitarbeiter von Geheimdiensten abzukommandieren, um leere Zuschauerplätze zu besetzen oder überhaupt so etwas wie eine Zuschauermenge zu generieren (waren die ganzen DDR-“Bürger”, die in den Achtzigern die Birne Helmut Kohl empfangen haben, nicht alle im Dienst?). Wieso machen das die Aseri nicht ???
Jetzt mal ganz ganz ehrlich und Butter bei die Fische: Bin ich eigentlich die einzige Person in unserem eurovisionären Universum, die der diesjährige ESC bisher völlig kalt lässt und der immer mehr die Lust vergeht, sich mit der diesjährigen Veranstaltung zu befassen? Und ja, das liegt zu mindestens 90 % am Gastgeber (und die anderen 10% liegen NICHT an den Contestants, aber das gehört jetzt nicht hierher). Jedenfalls, wie der große Georg Kreisler jetzt gesagt hätte: Ich hab ka Lust!
Bin ich da die einzige?
Mh. Bei dem, was das Aliyew-Régime so für “Imagepflege” ausgibt (siehe zB hier: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d‑83422496.html), wird sicher auch das Geld für einen PR-Praktikanten da sein, der die Wikipedia-Beiträge “korrigiert”. Der zu Emin liest sich jedenfalls exakt so. Und wenn Merihban großzügige Schecks an die Berliner Kulturförderung spendet und sich gleichzeitig mit Bettina Wulff (noch vor dem Rücktritt deren Mannes) fotogen zu Ausstellungseröffnungen trifft, ist es im Zusammenhang mit dem BBC-Plattentipp bis zum unschönen Wort “Payola” auch nicht mehr weit. Wobei das natürlich wüste Spekulationen sind… Gebracht hat’s aber wohl nix: einen richtigen Chartbreaker hat Emin im Königreich trotzdem nicht zustande gebracht.
Und der ein oder andere IM Grand Prix wird bestimmt in der Kristall-Halle sitzen…
Also, teuerste Tamara,
so oft, wie Du hier postest, bezweifle ich, dass Dich der diesjährige ESC tatsächlich “kalt lässt”. Was mich natürlich freut, denn a) lese ich so gerne Deine Kommentare und b) kann man (Frau natürlich auch) schon trennen zwischen den politischen Verhältnissen im Gastgeberland und der Veranstaltung als solcher. Denn die macht ja dennoch Spaß. Ich verstehe Dich ja, ich hatte 2009 auch solche Phasen, aber das gibt sich wieder. Spätestens wenn die Proben anfangen und man wieder herrlich über Kleiderkatastrophen und voraussichtliche Favoritenstürze (Stichwort: Schweden) lästern kann… 🙂
Hm, ja und nein. Du hast schon recht, der reine Wettbewerb
bleibt von der ganzen Geschichte zunächst mal unberührt, zumal bei mir heute
auch der Sampler ankam (jawohl! Einen Tag früher! Amazon weiß, was Frauen
wünschen!) und ich jetzt endlich mit dem Kampfschönhören anfangen kann. Das
wird schon kommen in den nächsten Tagen. Ich ertappe mich jedenfalls im Moment
schon dabei, mir nur noch ein einziges Land* als Sieger zu wünschen, das ist ja
schon mal was. Und dass ich ein großer Fan Deiner Seite bin, weißt Du ja eh,
wenn ich auch weiß Gott nicht immer Deiner Meinung bin (wie kann man allen
Ernstes Tom Dice und Sjonni’s Friends nicht mögen?????).
Aber irgendwie lässt sich die Politik doch nicht so 100% vom
Wettbewerb trennen. Auf zwei Dinge bin ich nämlich sehr sehr SEHR gespannt:
Erstens auf die Stimmung in der Halle. Nur Schwippschwapp der Familie Aliyev
wird das alleine nämlich nicht hinkriegen, da braucht man schon ein bisschen
mehr Vielfalt in der Halle, damit da das Haus richtig ins Tobe kommt. Jedenfalls
würd ich persönlich mich diebisch freuen, wenn das ganze trotz Petrodollars für
die Azeris genau so eine Blamage würde wie seinerzeit die Semis mit dem ekligen
Andrej Malakov end se mohst bjutiful göööhl in se wöööörld. Ich weiß,
Schadenfreude ist unfein und zudem urdeutsch, aber wenn man sich mal in
Erinnerung ruft, warum der ESC eigentlich ins Leben gerufen wurde, nämlich, um
die Länder Europas nach dem zweiten Weltkrieg in einem friedlichen Wettstreit
zu vereinen, dann kommt mir schon die Galle hoch, wenn ich sehe, wie der ESC
von einigen Ländern missbraucht wird. Ich würd mir da von der EBU etwas mehr
Eier in der Hose und wengier Denken mit dem Geldbeutel wünschen – und denen,
die uns hier ihre schöne neue Welt zeigen wollen, wünsch ich eine herzliche Landung
auf der Schnauze!
Das andere, was sicher spannend wird, ist das Voting. Da bin
ich SEHR gespannt. Lässt sich die Politik so wie von der EBU gewünscht vollends
aus dem ESC heraushalten? Ich halte diesen Ansatz ja für völlig weltfremd, aber
gut. Wir werden sehen – aber mit Sabina Babayeva und auch mit Gaitana möchte
ich im Moment nicht tauschen, wobei letztere für ihren grausigen Beitrag aber
sowieso abgestraft gehört. Wir werden sehen.
Und was diesen Emin angeht: Ist doch auch schön, wenn man
dabei zuguckt, wie sich Leute mit großer Klappe vor hunderten Millionen von
Zuschauern so richtig schön auf die Nase legen (Alla Pugatschewa lässt
grüßen!).…
*Italien! Schweden darf von mir aus gerne nach dem Semi wieder
heimfahren, but alas! Das Leben ist kein Ponyhof!
Hm. Ich glaube ja, die Stimmung in der Halle wird so oder so nicht die beste sein – die Show beginnt um Mitternacht Ortszeit, bis da alle 26 Lieder durch sind, schläft die Hälfte wahrscheinlich. 🙂
Aber apropos Programm: eine Frage an den Hausherrn. Wo bleibt die Analyse des zweiten Semis (und die der Direktfinalisten)? Balladen-Überdosis? 😉 Ich würde ja nicht nachfragen, wenn die Analyse zum ersten Semi nicht gekommen wäre, aber lass uns doch bitte nicht so in der Luft hängen.
Außerdem brauche ich beizeiten einen passenden Platz, wo ich meine persönliche Punktewertung posten kann, ohne dass sie allzu off-topic untergeht… 😉
Oh ja, bitte bitte bitte! Ich warte auch schon drauf! Und Balladen-Überdosis lass ich nicht gelten, denn je ungeliebter, desto läster!
Aus eigener Erfahrung gesprochen: das gilt nur innerhalb bestimmter Grenzen. Lästern macht Spaß, aber ein gefühltes Dutzend mal über dasselbe lästern wird irgendwann monoton. Nicht, dass dieses Semi nicht genug Nicht-Balladen hätte, über die man sich auslassen kann (Malta, Ukraine, Weißrussland, Schweden, Slowakei…).