Zwei­ter Super­sams­tag 2018: Rock the Puszta

Exis­tiert ein Zusam­men­hang zwi­schen Lan­des­spra­che und musi­ka­li­schen Vor­lie­ben? Unga­risch gehört, so sagen es die For­scher, ent­wick­lungs­ge­schicht­lich zu den soge­nann­ten fin­no-ugri­schen Spra­chen und weist eine (wenn auch ent­fern­te) Ver­wandt­schaft zum Fin­ni­schen auf. Deren Sprecher/innen sagt man nun nicht erst seit der sieg­rei­chen Teil­nah­me von Lor­di am Euro­vi­si­on Song Con­test 2006 einen aus­ge­präg­ten Hang zum Schwer­me­tall nach, der jedoch auch den Magya­ren ver­haf­tet scheint. So gewann am ver­gan­ge­nen Sams­tag das Quar­tett AWS mit der sau­ber bret­tern­den Metal-Num­mer ‘Viszlát nyár’ die zwei­te Vor­run­de des unga­ri­schen Vor­ent­schei­dungs­ver­fah­rens A Dal 2018 und stellt sich damit in eine direk­te Linie mit den Sie­gern der ers­ten A‑Dal-Run­de vor einer Woche, der Hard­rock­band Lean­der Kills. Nun wären die vier AWS-Buben mit ihren schlim­men Pop­per­fri­su­ren zu mei­ner Zeit, also in den Acht­zi­gern, von lang­mat­ti­gen Metal­fans frag­los an der nächs­ten Stra­ßen­ecke ver­mö­belt wor­den. Und auch, wenn heut­zu­ta­ge Gott sei Dank kein der­ar­tig klein­li­ches Haar­mo­de­dik­tat mehr besteht, so juckt es mich, wie ich zuge­ben muss, doch in den Fin­gern, ihnen mit der Scher­ma­schi­ne zu Lei­be zu rücken!

Offen­le­gung: pein­li­cher­wei­se trug auch ich in den Acht­zi­gern etwas Ähn­li­ches auf dem Kopf spa­zie­ren. Davon distan­zie­re ich mich heu­te aus­drück­lich! (HU)

Doch genug der Ober­fläch­lich­kei­ten: musi­ka­lisch flasht mich ihr Bei­trag total. Der Sound ist abso­lut geil, die Röh­re des Lead­sän­gers kommt ziem­lich gut. Die Num­mer bräch­te zudem eine schö­ne Abwechs­lung ins musi­ka­li­sche Ange­bot bei Euro­pas größ­tem Lie­der­fes­ti­val. Für klas­sisch gestrick­te Grand-Prix-Fans (wie mich) war­tet ‘Viszlát nyár’ sogar eigens mit einer vor­schrifts­mä­ßi­gen → Rückung auf. Dass es sowas heut­zu­ta­ge über­haupt noch gibt! Hach, man möch­te fast nost­al­gisch wer­den! Doch kön­nen sich AWS am Ende durch­set­zen? Der bereits erwähn­te Bei­trag von Lean­der Kills erweist sich musi­ka­lisch näm­lich als durch­aus eben­bür­ti­ge Kon­kur­renz. So könn­ten sich im A‑Dal-Fina­le die Stim­men der Hard­rock­fans gleich­mä­ßig auf bei­de Titel auf­spal­ten, was mich ange­sichts des rest­li­chen Fel­des mit ban­ger Sor­ge erfüllt, denn bis­lang fin­det sich dort nichts, was ich in Lis­sa­bon wie­der­hö­ren möch­te. Was auch für den deut­schen Schau­spie­ler Dani­el Brühl gilt, der sich unter dem Tarn­na­men Ger­ge­ly Dániel­fy in den unga­ri­schen Vor­ent­scheid ein­schlich, um dort eine intim-zer­brech­li­che Gei­gen­bal­la­de zu prä­sen­tie­ren, die selbst einen Sal­va­dor Sobral (→ PT 2017) sanft in den Tief­schlaf wie­gen wür­de. Bit­te nicht!

Alles, was hier­von in Erin­ne­rung bleibt, ist die faust­gro­ße War­ze im Gesicht des Vio­li­nis­ten (HU).

In Litau­en setz­te sich unter­des­sen das Mara­thon-Elend namens Nacio­nal­inė Atran­ka mit der drit­ten Vor­run­de fort, in wel­cher zwölf wei­te­re Acts gegen­ein­an­der antra­ten. Ein­zi­ges High­light hier: ein glatz­köp­fi­ges lan­ges Elend namens Vidas Barei­kis, der in einem him­mel­blau­en, mit wei­ßen Wat­te­wölk­chen ver­zier­ten Anzug in Beglei­tung unter ande­rem eines klein­wüch­si­gen Saxo­pho­nis­ten einen stamp­fen­den, fis­tel­stim­mig into­nier­ten Elek­tro-Dance-Track namens ‘Pus­va­lan­du­ko’ (laut Goog­le-Gaga-Über­set­zung ‘Halb­tag’) dar­brach­te. Die spa­ßig-schrä­ge Num­mer ver­fügt über eine dazu­ge­hö­ri­ge, eben­so spa­ßig-schrä­ge Arm­we­del-Bein­we­del-Mit­tanz-Cho­reo­gra­fie, wes­we­gen sie allei­ne schon gewin­nen muss! In der bereits am ver­gan­ge­nen Mitt­woch auf­ge­zeich­ne­ten Show schaff­te sie es jedoch gera­de eben noch in die Qua­li­fi­ka­ti­on, wäh­rend die Spit­zen­wer­tun­gen der Jury und des Publi­kums an zwei bau­glei­che, glei­cher­ma­ßen ent­setz­lich alt­ba­cke­ne Schleim­prop­fen­lie­der gin­gen. Von denen die litaui­schen Televoter/innen, dies­be­züg­lich ver­läss­lich wie immer, mit Živilė Gedvil­ai­tės ‘Melo­dy’ klar den uner­träg­li­che­ren der bei­den Titel bevor­zug­ten. Es bleibt hoff­nungs­los mit die­sem Land!

Tanz den Pus­va­lan­du­ko Dance! (LT)

3 Comments

  • Nied­lich aus­se­hen­de Hea­vy-Meta­ler. Ich dach­te, dass mir das erst der­einst im Homo-Para­dies begeg­ne­te und nun sorgt Ungarn für den Him­mel auf Erden. Wobei ich nicht wis­sen will, was die da sin­gen, zu sehr könn­te Job­bik die Fin­ger im Spiel haben.

  • Der Song­ti­tel über­setzt sich laut Goog­le mit ‘Wir sehen uns im Som­mer’. Was Dei­ne Befürch­tun­gen natür­lich genau so gut bestä­ti­gen wie ent­kräf­ten könn­te… Der Drum­mer ist aber mir! 😉

  • Irgend­was MUSS ja im Semi kle­ben blei­ben. Hof­fent­lich das. Aber noch ist Ungarn nicht verloren.

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