Die Aufregungen rund um die schweizerische Eurovisionsvorentscheidung reißen nicht ab: nach den gestrigen beleidigten Reaktionen von Grand-Prix-Urgestein Lys Assia auf ihre Nichtzulassung zur Großen Entscheidungsshow rufen nun Homo-Verbände zum Stimmboykott gegen die singenden Vertreter der Heilsarmee auf, die es in die Endrunde geschafft haben. “Ich wünsche mir nicht, dass eine homophobe Organisation als Botschafter der Schweiz im Ausland auftritt”, sagte Eveline Mugier von der Lesbenorganisation Schweiz auf Anfrage dem Boulevardblatt 20 Minuten. Und Beat Stephan, Chefredakteur des Schwulenmagazins Display, meint gar: “Solange sich die Vereinigung nicht klar von homophobem Gedankengut distanziert, ist die Teilnahme am ESC nicht zu unterstützen. Man sollte nicht für sie voten”. Hintergrund ist die Entlassung einer offen lesbischen Mitarbeiterin durch die evangelikale Missionskirche im Mai diesen Jahres. “Die Heilsarmee toleriert keine ausserehelichen und gleichgeschlechtlichen Verbindungen von Führungskräften mit Mitarbeitenden”, hieß es damals in der Begründung. In einer Stellungnahme zu den aktuellen Boykottforderungen sendet die Heilsarmee (also die Kirche, nicht die Band) gemischte Signale: “Wir wollen die Schweiz vertreten, wie sie ist – und dazu gehören auch die Homosexuellen”, sagte Pressesprecher Martin Künzi dem Boulevardblatt. Außerdem könne man “als homosexuelle Person bei der Heilsarmee arbeiten und offen zu seiner Sexualität stehen. Aber in einem christlichen Umfeld wird dies immer eine Herausforderung sein” – mit anderen Worten: wer es publik macht, fliegt halt raus. So, wie es auch die katholische Kirche gerne praktiziert. Ob man ausgerechnet eine Band unterstützen will, die für so eine Organisation antritt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Auch Martin Künzi meint weise: “Wem wir nicht sympathisch sind, der muss nicht für uns voten”. Eben!
Kontroverse Kappelle: die sechs gemischtgenerationistischen Heilsarmisten
Stimmboykott gegen die schweizerische Heilsarmee?
- Unbedingt. Eine so homophobe Organisation hat beim ESC nichts verloren. (33%, 28 Votes)
- Ich bin nicht von der Gedankenpolizei. Wenn mir das Lied gefällt, stimme ich dafür ab. (29%, 25 Votes)
- Religion hat beim ESC genau so wenig zu suchen wie Politik. Weg damit! (21%, 18 Votes)
- Dazu müsste man wissen, wie die sechs Bandmitglieder drüber denken. (16%, 14 Votes)
Total Voters: 85
Das ist so schlecht, dass es sowieso rausfliegt…
Na ja… wenn ich meine CD-Sammlung von allen Künstlern “bereinigen” müsste, deren Ansichten (oder auch Verhaltensweisen) nicht in mein persönliches Weltbild passen, wäre mein Billy-Regal ganz schon leer… 😉 Mir gefällt “You and Me” als Song, alles andere ist zweitranging.
Ja, leuchtet ein und ich wäre froh, ich könnte das auch so sehen. Ich bin bei so was immer irgendwie hin- und hergerissen. Für mich ist “You and me” jetzt nicht der totale Bringer, aber es ist neben “J’avais Rendez-vous” der einzige Schweizer Vorentscheidungsbeitrag, bei dem ich nicht sofort Gesichtslähmung kriege vor Langeweile. Außerdem sind der Gitarrist und der Leadsänger niedlich. Aber unbeschwert genießen kann ich die Nummer jetzt trotzdem nicht mehr. Die (oder jedenfalls die Organisation, für die sie antreten) haben was gegen Schwule, also gegen mich, wie kann ich denen noch zujubeln? Das geht mir mit anderen Künstlern übrigens auch so, die Ansichten vertreten, die ich ablehne – klar mag ich die Songs trotzdem noch, an denen hat sich ja nichts geändert. Aber es macht mir die Künstler dennoch unsympathisch, und bei Musik geht’s ja um Gefühl, da spielt so was für mich eine Rolle. Da könnte ich dann viel besser mit einem “Don’t ask, don’t tell” leben…
Ich weiß ehrlich gesagt auch nicht so recht, was ich davon halten soll. Wissen die eigentlich, zu was für einer Veranstaltung sie da fahren würden, sollten sie den Vorentscheid gewinnen? Denen steht doch (sorry für das Klischee) der Regenbogenschock ihres Lebens bevor – und die Reaktionen der Fans will ich mir ehrlich gesagt auch nicht vorstellen.
Naja. Vielleicht ist das auch nur ein Anzeichen, dass der Vatikan mit ins Boot geholt werden soll. 😉
[…] Hella von Sinnen, einstige deutsche Vorzeigelesbe, kam kein kritisches Wort über die Homofeindlichkeit der hinter den Band stehenden evangelikalen Kirche, die erst im Sommer in der Schweiz von sich […]