
Zehn Jahre ist es her, dass das russische Fake-Lesben-Duo t.A.t.U. beim Eurovision Song Contest mit einem gleichgeschlechtlichen Kuss auf offener Bühne für Aufmerksamkeit sorgen wollte – was ihnen die EBU seinerzeit verbot. Übrigens drei Jahre, nachdem sich zwei männliche Bandmitglieder der israelischen Band Ping Pong vor laufenden Kameras abschmatzten (beim ESC 2000, in Stockholm, Schweden). Gespannt dürfen wir also verfolgen, ob es der Kuss zwischen Krista Siegfrids und einer ihrer Chorsängerinnen, den sie bei der heutigen Probe zelebrierte (“aber ohne Zunge!”, wie ein Produktionsscherge sie anwies), auch in die Livesendung schaffen wird. Damit will die blonde Sängerin für die Einführung der Homo-Ehe in Finnland werben (sagt sie) bzw. billige Aufmerksamkeit für ihr kateperryeskes Liedchen ‘Marry me’ erregen (sagen Neider).
Laut und fröhlich: Kristas Energielevel ist ziemlich unfinnisch
Selbstverständlich lässt Kristas Performance auch sonst keine Gelegenheit aus, auf ironisch-überdrehte Weise mit dem Thema des Songs zu spielen, sei es ein Las-Vegas-Logo auf dem Bühnenhintergrund, ihr Hochzeitskleid oder ein riesiger, im Windmaschinensturm kaum zu bändigender Schleier. Trotz bandagierten Knies (hat sie jemandem einen Antrag gemacht?) ist sie quirlig und gut gelaunt und verbreitet einfach nur Spaß. Und den brauchen wir gerade in diesem Jahr sehr, sehr dringend. Danke, Krista! Die zweite wichtige Nachricht dieses Probentages: Aserbaidschan will wieder gewinnen! Und sie könnten es sogar schaffen. Die schwedisch-griechische Koproduktion fährt visuell schweres Geschütz auf: Farid Mamasohn steht auf einer mannshohen Plexiglasbox, in der ein schlangenmenschwendiger Tänzer jede seine Bewegungen spiegelt. Kopfüber! Später kommt noch eine rotgewandete Frau in einem spektakulären Kleid dazu, die wohl Farids Angebetete darstellen soll.
Wirkt ein bisschen ferngesteuert: Farid
Die aserbaidschanische Delegation veröffentlichte heute eine längliche Pressemitteilung, in der die hinter der Choreografie steckende Geschichte weitschweifig erklärt wird. Muss man aber nicht lesen oder verstehen, sieht auch so schön aus. Wie Farid. Der ist zwar nicht der Welt bester Sänger, aber seine Backings fangen das gut ab, und all zu anspruchsvoll kommt ‘Hold me’ ja auch nicht daher. Das gilt auch für ‘Here we go’, den Eröffnungstitel des zweiten Semis und des heutigen Probentages. Die beiden lettischen (ich hoffe, es stimmt diesmal?) Jungs von PeR tragen silberne Glitzeranzüge mit zum Teil nichts drunter und springen auf der Bühne umher: nett, aber unspektakulär. Und chancenlos. Im Gegensatz zu Eyþor, der im Anzug mit weißer Jacke (vielleicht nicht die beste Farbwahl), bis zur Rückung völlig alleine auf der Bühne stehend, ebenfalls unspektakulär daherkommt, aber emotional berührt. Mich jedenfalls. Wobei ich offen zugebe: da spielt auch sein sanft-herber Wikingercharme eine gewisse Rolle…
Hätten Sie’s gedacht? Eythor ist tatsächlich erst 23!
Valentina Monetta gibt uns die Danijela: im Balladenteil von ‘Crisalide’ herzt sie schwarzgewandet eine Leuchtkugel, während ein paar ebenfalls schwarzgewandete Tänzerinnen wie Leichensäcke auf dem Bühnenboden herumliegen. Im Discoteil von ‘Vola’ werfen die Damen die Kapuzen ab, nun dominieren rote Stoffbahnen das Bild, die förmlich nach einer Windmaschine schreien. Die bekamen wir heute noch nicht zu sehen, aber wollen wir wetten? Und wo wir gerade bei Songs mit zwei Teilen sind: Vlatko bringt seinen Part des mazedonischen Beitrags in englisch zu Gehör (ganz schlechte Idee, so versteht man nämlich, was für einen Schlonz er da von sich gibt!), während Esma weiterhin in Landessprache singt. Oder, nunja, lelelelet. Es wirkt immer noch, als hätten beide Parts nicht das Geringste miteinander zu tun, was noch mehr für die beiden Interpreten gilt, die den Eindruck vermitteln, als repräsentierten sie Nord- und Südkorea und nicht die frühere jugoslawische Republik.
Der Unvermeidliche: natürlich steht auch Siegel wieder im Bild herum!
Wenig gibt es über Gianluca zu berichten: er trollt mit seinen irgendwie familär verbandelten Backings auf der Bühne herum, seine Stimme klingt ein wenig brüchig, aber insgesamt hat das so viel unschuldigen Charme, dass sich die Insel um den Finaleinzug diesmal keine Sorgen machen muss. Die Bulgaren geben es uns dagegen ethnomäßig auf die Zwölf: Trommeln, soweit das Auge reicht, Leuchtschlegel, traditionelle Kostüme, bizarre Instrumente, gruselige Masken (Kommentar auf OnU: “Ein Typ spielt auf einem toten Tier und zieht dann an, was er von diesem heruntergerupft hat”) – und natürlich jede Menge Gejaule, bei dem die Ziegenmilch sauer wird. Elitsa liefert sich mit Stoyan einen Wettbewerb darum, wer am schnellsten trommelt. Und mit ihren Backings darum, wer am unharmonischsten kreischt. In beiden Disziplinen gewinnt sie unangefochten. Ob sie das in dem in Malmö verhandelten Wettstreit um die Gunst der Zuschauer bzw. Juroren weiter bringt, wage ich indes zu bezweifeln…
Obwohl: wenn die Masken wirklich für “gutes Wetter” sorgen, ziehe ich auch eine an!
Schön, wenn bei 0:35 auf Elitsas Möpse (schmach!) gehalten wird. Und dann diese Figur…
Naja, wenn sie schon sagt “When you wear mask and sink…”, muss die Kamera ja an hier herab sinken.
Mein Lieblingswort aus dem Song ist immer noch “yunatzi”. 😀
Ich hätte Eythor älter geschätzt und komme mir jetzt im Gegenzug selbst alt vor.^^ Er und Krista gehören definitiv ins Finale und Aserbaidschan klotzt auch wieder mächtig ran.
Simuldangerously!