Dana: All Kinds of Abtreibung

Wäh­rend ein gutes Drit­tel der aktu­el­len Euro­vi­si­ons­fi­na­lis­ten, dar­un­ter die Sie­ge­rin Emme­lie de Forest, aber auch die unver­wüst­li­che Lys Assia oder die fabel­haf­te Gina G. beim dies­jäh­ri­gen Stock­holm Pri­de auf­tre­ten und so auch ein Zei­chen der Tole­ranz und Fort­schritt­lich­keit set­zen, ver­weilt die iri­sche Sie­ge­rin von 1970, Dana, lie­ber im poli­ti­schen Mit­tel­al­ter und macht sich wei­ter für einen Erhalt des bedin­gungs­lo­sen Abtrei­bungs­ver­bo­tes auf der katho­li­schen Insel stark. Nach einem Bericht der Irish Times for­dert sie eine Volks­ab­stim­mung über einen Geset­zes­ent­wurf der Regie­rung, der einen Schwan­ger­schafts­ab­bruch im Fal­le einer aku­ten Lebens­ge­fahr für die wer­den­de Mut­ter lega­li­siert und damit ent­spre­chen­de Urtei­le des iri­schen Ver­fas­sungs­ge­rich­tes von 1992 und des Euro­päi­schen Gerichts­hofs für Men­schen­rech­te von 2010 end­lich in ver­bind­li­ches Recht umset­zen wür­de. Trau­ri­ger Hin­ter­grund die­ses Geset­zes­vor­sto­ßes ist der Tod einer 31jährigen Zahn­ärz­tin, die vor weni­gen Mona­ten wegen unter­las­se­ner Hil­fe­leis­tung in einem Kran­ken­haus der grü­nen Insel starb.


Eine hei­le Welt gibt es auch nicht in Irland

Die Frank­fur­ter Rund­schau berich­te­te: “Savi­ta Hal­ap­pana­var war in der 17. Schwan­ger­schafts­wo­che, als sie im Okto­ber 2012 mit Schmer­zen in die Uni­ver­si­täts­kli­nik der Stadt Gal­way im Wes­ten der Insel ein­ge­lie­fert wur­de. Eine Unter­su­chung ergab, dass das Kind nicht über­le­ben wür­de. Den mehr­mals geäu­ßer­ten Wunsch der Eltern nach einer Not-Abtrei­bung lehn­te das medi­zi­ni­sche Per­so­nal ab. Erst als der Herz­schlag des Fötus am drit­ten Tag auf­hör­te, nahm die Kli­nik eine Aus­scha­bung vor. Die jun­ge Frau starb vier Tage spä­ter an einer Blut­ver­gif­tung.” Der Fall sorg­te für lan­des­wei­te Pro­tes­te und inter­na­tio­na­les Auf­se­hen, eine Unter­su­chungs­kom­mis­si­on kam unter ande­rem zu dem Ergeb­nis, dass unbe­dingt ver­bind­li­che Richt­li­ni­en für das Kran­ken­haus­per­so­nal erlas­sen wer­den müs­sen, in wel­chen Fäl­len ein Ein­griff zur Ret­tung des Lebens der Mut­ter erlaubt ist, um eine Wie­der­ho­lung eines sol­chen Falls zu verhindern.


Selbst ein klei­nes biss­chen Bewe­gung ist Dana zu viel

Dana, eine strik­te Abtrei­bungs­geg­ne­rin, sieht gleich­wohl kei­nen Hand­lungs­be­darf: “Es gibt kei­ner­lei juris­ti­sche oder ver­fas­sungs­mä­ßi­ge Ver­pflich­tung, das Töten eines unge­bo­re­nen Kin­des zu lega­li­sie­ren und es besteht auch kei­ne medi­zi­ni­sche Not­wen­dig­keit, die einen solch radi­ka­len Umschwung recht­fer­ti­gen wür­de”, zitiert die Irish Times die ehe­ma­li­ge Euro­pa­ab­ge­ord­ne­te. Die Neu­re­ge­lung, mit wel­cher die Abtrei­bung in Irland grund­sätz­lich ver­bo­ten blie­be, ist auch inner­halb der Regie­rungs­ko­ali­ti­on umstrit­ten, weil zu den zuläs­si­gen Aus­nah­me­tat­be­stän­den – der aku­ten Lebens­ge­fahr für die Mut­ter – auch eine mög­li­che Sui­zid­ab­sicht zählt, wor­über im kon­kre­ten Fall aber nach einem Bericht der taz drei Ärz­te ent­schei­den müs­sen, dar­un­ter “ein auf prä­na­ta­le Medi­zin spe­zia­li­sier­ter Gynä­ko­lo­ge”, von denen es nur drei auf der Insel gebe.


Nur eine Fra­ge des Geis­tes: Lys kann modern, anders als Dana

Das Recht einer selbst­mord­ge­fähr­de­ten Mut­ter auf Abtrei­bung ist bereits im Ver­fas­sungs­ge­richts­ur­teil von 1992, in dem es um eine ver­ge­wal­tig­te Vier­zehn­jäh­ri­ge ging, der eine Aus­rei­se nach Groß­bri­tan­ni­en zur Abtrei­bung ver­wei­gert wer­den soll­te, fest­ge­stellt wor­den. Dana, die zeit­wei­lig auch als TV-Pre­di­ge­rin in den USA arbei­te­te, zeigt sich hier­von uner­schüt­tert: “Nichts recht­fer­tigt das Töten eines unschul­di­gen und wehr­lo­sen mensch­li­chen Lebens” – in ihrer Vor­stel­lung anschei­nend noch nicht ein­mal das Leben der Mut­ter. Sie liegt damit auf einer Linie mit der Katho­li­schen Bischofs­kon­fe­renz, die den in ers­ter Lesung bereits ange­nom­me­nen Geset­zes­ent­wurf als “Kul­tur­wech­sel” und “fun­da­men­ta­len Ein­griff in die medi­zi­ni­sche Pra­xis” des Lan­des ablehnt. Die abschlie­ßen­de zwei­te Lesung des Geset­zes steht die­se Woche an.

6 Comments

  • Da ist die Dame in Irland in guter Gesell­schaft. Erin­nert sich noch jemand an Keith Mills, vor­mals All Kinds of Every­thing? Der Mann denkt genau­so. Ich fra­ge mich, wie sol­che Leu­te den ver­meid­ba­ren Tod von Müt­tern mit ihrem christ­li­chen Glau­ben ver­ein­bart bekommen.

  • Tja, lie­be Frau Scal­lon, nur mal eine Fra­ge: Was wür­dest Du wohl tun wol­len, wenn DU in der glei­chen Situa­ti­on wärst? Wenn Du ent­schei­den las­sen müss­test, ob Dein Leben geret­tet wer­den soll oder das Dei­nes unge­bo­re­nen Kin­des, des­sen Leben mit die­sem Ein­griff kei­nes­wegs gesi­chert wäre (dass ein Kind außer­halb des Mut­ter­leibs in der 17. Woche über­lebt, darf man wohl getrost aus­schlie­ßen)? Oder, noch kras­ser, was wäre, wenn eine Dei­ne TÖCH­TER in eine sol­chen Situa­ti­on käme? Wür­dest Du dann bereit­wil­lig sagen: “Das unge­bo­re­ne Kind hat Vor­rang, wenn mei­ne Toch­ter dann dabei stirbt, muss ich das halt hinnehmen”?

    Es ist immer schön ein­fach, aus so einer Kom­fort­zo­ne her­aus zu argu­men­tie­ren (oder in Dei­nem Fal­le wohl eher zu agi­tie­ren). Das The­ma ist nun mal ein sehr kom­pli­zier­tes, und die Wirk­lich­keit ist eben nicht immer nur schwarz oder weiß. 

    Glück­li­cher­wei­se ist Dein Par­la­ment da etwas klü­ger als Du, wie wir inzwi­schen wissen.

  • Ganz ehr­lich: Ich fin­de sie hat Recht! Ich mei­ne, wenn man ein Kind wirk­lich nicht haben will, kann man es auch zur Adop­ti­on frei geben. Ich sehe da auch eine Behin­de­rung des Kin­des, sozia­le Nach­tei­le für das Kind oder unge­bo­re­nes Leben, das aus einer Ver­ge­wal­ti­gung stammt, als kei­ne Grün­de an, eine Abtrei­bung zu bege­hen. Denn ganz ehr­lich: Sowohl der Autor als auch die zwei Kom­men­ta­to­ren vor mir sind alle weg Män­ner. Habt ihr eigent­lich ne Ahnung wie schreck­lich das Gefühl ist nach der Abtrei­bung für eine FRAU? Wie vie­le Frau­en gibt es, die die­sen Schritt bereu­en, die des­we­gen Depres­sio­nen bekom­men, weil sie von Angst erfüllt wer­den? Und über­haupt: Fin­det ihr nichts bes­se­res für einen Som­mer­loch-Fül­ler? Ist das nicht alles ein biss­chen weit her­ge­holt? Das hat doch wirk­lich (fast) nix mehr mit ESC zu tun! Abtrei­bung ist ein erns­tes The­ma und soll­te auch so behan­delt wer­den! Auch das unge­bo­re­ne Leben ist ein Leben, und zwar von der Befruch­tung an. Und Abtrei­bung mag viel­leicht hoch­mo­dern und für die moder­ne, ver­sünd­te Gesell­schaft ganz all­täg­lich sein. Aber das gibt euch noch lan­ge kein Recht, so über Abtrei­bung ein Urteil zu fäl­len, wenn ihr es selbst mit­er­lebt habt (wie auch?!) und ihr einen Mei­nung vom Band ablasst, die der Grup­pen­zwang oder wer auch immer euch vor­gibt. Bil­det mal lie­ber ne eige­ne Mei­nung, indem ihr die Berich­te von Frau­en hört, die von der Ver­bin­dung Mut­ter – unge­bo­re­nes Kind mehr berich­ten kön­nen! Da gehen selbst die Kir­chen (ev. + kath.) bes­ser an das The­ma ran und beschäf­ti­gen sich auch mit den Kehr­sei­ten. Ihr teilt aber blind die Mei­nung der Welt, der gro­ßen Mas­se, und sowas ist unver­zeih­lich. LG Lena
    P.S. Bei Gefähr­dung der Mut­ter durch das Kind ist es sicher­lich eine kom­pli­zier­te Ent­schei­dung, wel­ches Leben “über­wiegt”. Man soll­te natür­lich schau­en, dass bei­de Leben geret­tet wer­den kön­nen. Doch nur die­ser Punkt, bei Gefahr für die Mut­ter, sehe ich einen wah­ren Grund, evtl. eine Abtrei­bung vorzunehmen.
    P.P.S. Bevor ihr mit euren Hass­rück­schrif­ten anfangt und meint, ich sei eine starr­sin­ni­ge Katho­li­kin: 1. ich bin Pro­tes­tan­tin 2. ich habe auch homo­se­xu­el­le Freun­de, wes­halb ich die­sen Blog eigent­lich mag, aber Abtrei­bung ist für mich per­sön­lich hier ein No-Go-The­ma. :I

    Hin­weis: bei der Umstel­lung von Dis­qus auf das Word­Press-eige­ne Kom­men­tar­sys­tem ist die­ser Ein­trag ver­lo­ren gegan­gen, ich habe ihn daher nach­träg­lich “von Hand” ein­ge­fügt. Er stammt aber nicht von mir, son­dern von mei­ner Lese­rin Lena. Oli­ver Rau (aufrechtgehn.de)

  • Ahem. da hat wohl jemand nicht genau hin­ge­le­sen. Es geht bei der gan­zen Debat­te NUR um das Recht einer Abtrei­bung für den Fall, dass das Leben der Mut­ter AKUT IN GEFAHR ist. Das Gesetz, das da vor ein paar Tagen in Irland ver­ab­schie­det wor­den ist und dort kon­tro­ver­se Debat­ten aus­ge­löst hat, erstreckt sich nur auf die­sen einen Punkt. Alle ande­ren von Dir oben auf­ge­führ­ten Grün­de sind von die­sem Gesetz nicht berührt und sind auch nicht The­ma von die­sem Blog­post. In Irland ist ein Schwan­ger­schafts­ab­bruch aus irgend­ei­nem ande­ren Grund wei­ter­hin verboten.

    Und wie in mei­nem ande­ren Pos­ting schon gesagt: Wenn sich die Fra­ge in der 17. Schwan­ger­schafts­wo­che stellt, ist die Fra­ge nicht, wen von bei­den man ret­tet, son­dern ob man wenigs­tens die Mut­ter ret­tet. Glaubst Du ernst­haft, ein Kind könn­te außer­halb des Mut­ter­leibs zu die­sem frü­hen Zeit­punkt über­le­ben? So ein Würm­chen ist zu die­sem Zeit­punkt viel­leicht 10–11 cm groß und wiegt max. 120 g!

    Das hat auch nix mit Grup­pen­zwang, Blin­dem-Mei­nung-Tei­len usw. zu tun, son­dern nur damit, ob der Mei­nung ist, dass man das eine Leben, was man ret­ten kann, auch ret­tet bzw. ret­ten darf oder ob man auf­grund des tota­len Abtrei­bungs­ver­bots lie­ber bei­de ster­ben lässt. “Du sollst nicht töten” gilt näm­lich auch für das Leben der Mutter!!!

    Wie gesagt, alles ande­re ist hier nicht The­ma, und ich per­sön­lich mag mich an die­ser Stel­le auch nicht auf eine Dis­kus­si­on dar­über ein­las­sen. Das gehört näm­lich tat­säch­lich nicht hier­her, dazu ist das The­ma zu ernst, viel­schich­tig und kompliziert.

  • Tama­ra hat eigent­lich alles Rele­van­te hier­zu gesagt. Nur noch eins: das Argu­ment “ihr seid ja selbst nicht davon betrof­fen” ist for­mell kor­rekt, aber greift zu kurz. Nein, ich habe nie selbst eine Abtrei­bung durch­ge­macht, und nein, das wird mir auch nie pas­sie­ren. Aber ich ken­ne bei­de Sei­ten des The­mas aus exzel­len­ten Quel­len, und dann hal­te ich es auch für legi­tim, mir eine Mei­nung dar­über zu bil­den. Ich habe zu vie­len The­men Mei­nun­gen, die mich nicht direkt per­sön­lich betref­fen – dar­un­ter fal­len zum Bei­spiel auch LGBT-Rech­te, Frau­en­rech­te oder Arbeits­lo­sig­keit. Nur weil ich es nicht selbst durch­ge­macht habe, heißt das noch nicht, dass ich kein Anrecht auf eine Mei­nung dazu habe. (Jede/r ande­re darf mei­ne Mei­nung sei­ner-/ih­rer­seits schwach­sin­nig finden.)

    Oh, und neben­bei: Das “ich habe Freun­de mit Eigen­schaft X”-Argument ist inzwi­schen zum Kli­schee erstarrt. Ich kann den Sinn hin­ter der Aus­sa­ge nach­voll­zie­hen, aber das ist trotz­dem eine Wen­dung, von der man die Fin­ger las­sen soll­te. Und irgend­wo in der Argu­men­ta­ti­on fehlt ein “nicht” – so, wie es da steht, darf man/frau sich nur zu Abtrei­bung äußern, wenn man es nicht selbst durch­ge­macht hat. Das ist wohl nicht so gedacht.

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