Es scheint, dass der sechzigste Eurovision Song Contest in Wien den Inklusionsbambi gewinnen könnte. Nicht nur treten bekanntermaßen finnische Punks mit Down-Syndrom bzw. Autismus (und famosem Spaltpotenzial) und eine britische Vertreterin mit Mukoviszidose an; nun entsendet das polnische Fernsehen eine partiell gelähmte Sängerin. Monika Kuszyńska, die am Montag Abend annoncierte Repräsentantin des Landes, war bis zum Jahre 2006 noch die Frontstimme der Band Varius Manx, mit der sie sich 2003 bereits (erfolglos) um das Eurovisionsticket bewarb. In besagtem Schicksalsjahr war die Band in einen schweren Autounfall verwickelt, seither sitzt Monika im Rollstuhl. Prominente polnische Künstlerkollegen veranstalteten seinerzeit ein Charity-Konzert für sie und ihren lebensgefährlich verletzten Bandkollegen Robert Janson, um die Kosten der Reha zu finanzieren.
Klingt leider nur vom Songtitel her wie U2: Monika Kuszyńska
So weit, so anrührend. Leider entschied sich Monika und / oder TVP jedoch dazu, sie mit einer weiteren eurovisionären Patentballade (wenn auch fraglos eine der besseren) nach Wien zu schicken. So, als ob dieser Jahrgang nicht bereits im See der auf die Jurys ausgerichteten musikalischen Langeweile ertränke. Und nicht nur das: nein, der Songtext strotzt auch noch vor allen nur erdenklichen Eurovisionsklischees und greift gar das vom ORF ausgegebene Jahrgangsmotto “Building Brigdes” auf, um mit einem gnadenlos brutalen Dreifachangriff auf die Magennerven in Form der Zeile “I build a Bridge / from Heart to Heart / in the Name of Love” selbst die Hartgesottensten unweigerlich zum Erbrechen zu bringen. Tja, liebe Juroren, das ist nun die gerechte Strafe dafür, dass ihr die fabelhaften Buttermädge vom letzten Jahr so brutal erniedrigt habt. Leider müssen wir alle für Euch die Suppe auslöffeln, und dafür hasse ich Euch!
Monikas Vorentscheidbeitrag 2003: auch kein Bringer
Rollt Monika mit ihrer Ballade durch ins Finale?
- Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich keine weitere Ballade mehr ertrage. (51%, 32 Votes)
- Auf jeden Fall! Das Lied ist schön und ihre Story bewegend. (27%, 17 Votes)
- Mitleidsbonus und Kitschtext? Wo ist die Spucktüte? Sorry, aber nein. (22%, 14 Votes)
Total Voters: 63
Als audio klingt es für mich sehr schön entspannend, gefällig und ansprechend.
Die Live-Performance sollte ähnliches rüberbringen.
Im ersten Moment war ich geneigt, das Lied als langweilig abzutun, aber etwa ab der Hälfte zeigt sich, dass hier doch ein musikalischer Spannungsbogen vorliegt. Für meine Begriffe nicht auf dem gleichen Niveau wie “De la capat”, aber ziemlich sicher ein Finalkandidat.
Nachtrag dazu: ich habe erst diese Woche angefangen, mich in die Songs dieses Jahrgangs reinzuhören. Ich gehe die Sache also quasi von hinten nach vorne an, so dass ich mir meine Ohren noch nicht mit der (angeblichen; ich habe das wie gesagt noch nicht selbst geprüft) Balladenlawine zugeschüttet habe. Vielleicht würde ich anders über “In the Name of Love” und “De la capat” denken, wenn ich von Anfang an alle Beiträge angehört hätte, aber da das auch die meisten Zuschauer im Mai nicht getan haben werden, will ich mir zumindest ein bisschen die Perspektive eines “Durchschnitts-ESC-Zuschauers” bewahren.