Und auf den schönsten Mann des Contests folgt der schönste (wenngleich nicht weniger maskuline) Jüngling: ‘Golden Boy’ Nadav! Stylish im Anzug mit goldenen Sneakers plus Flügeln und begleitet von fünf ebenfalls sehr attraktiven männlichen Backings (drei Tänzer, zwei Chorsänger), strahlt sein Auftritt exakt die Dosis an Homoerotik aus, die den Contest zu meinem Lieblingsevent macht. Die richtige Balance aus (Mit-)Tanzen, sicherem Singen und Mit-der-Kamera-Flirten muss Nadav noch finden, aber dafür sind die Proben ja da!
Hallo, hallo, hallo, hallo, hallo und hallo!
9 | IL | Nadav Guedj | Golden Boy |
Aufrechtgehn.de-Wertung: 10 Punkte. Finale: ja
Im knapp dreißigsekündigen Probenclip von eurovision.tv klingt es für meine Ohren, als ob Aminata etwas von ihren drei Backings übertönt wird – die Probenberichte der Blogger sprechen aber eine andere Sprache. Die dunkelhäutige Sängerin steht in einem Traum von einem roten Tüllkleid felsenfest zentriert in der Bühnenmitte und rudert lediglich mit den Armen, sämtliche Bewegung kommt durch Kamerafahrten (im Probenclip nicht zu sehen). Licht und weiß-rot-grafischer Bühnenhintergrund unterstützen visuell das Außergewöhnliche des Songs, und ESC Nation beschreibt den Eindruck als “ätherisch und spirituell”. Kommt ins Finale, wenn es Gerechtigkeit gibt.
10 | LV | Aminata Savadogo | Love injected |
Aufrechtgehn.de-Wertung: 8 Punkte. Finale: ja
Auch hier liegt es möglichweise an einem ungünstigen Ausschnitt des Probenvideos, aber für meine Ohren klingt Elnur, bis heute Vormittag noch einer der Siegesanwärter dieses Jahrgangs, etwas disharmonisch, so als kämpfe er eher gegen seine (versteckten) Backings, als mit ihnen zu singen. Kampf ist auch das Thema zwischen den beiden unnötigen Balletttänzer-Wolfsgestalten, die sich um Elnur herum auf der Bühne balgen, während sich im Hintergrund eine zlataeske Technicolor-Mondfinsternis blutrot färbt. Etwas zu viel von allem, würde ich sagen.
11 | AZ | Elnur Huseynov | Hour of the Wolf |
Aufrechtgehn.de-Wertung: 3 Punkte. Finale: ja
“Kindlich”. Das ist das Keyword in so ziemlich jeder Bloggerbeschreibung über die isländische Probe. Die barfüßige, zierliche Maria sieht in ihrem Disney-Prinzessinnen-Kleidchen aus wie die zehnjährige kleinere Schwester von Emmelie de Forest, der Skandinavien-Himmel-Hintergrund passt perfekt dazu und beim Junior ESC wäre das ein sicherer Sieganwärter. Wir sind hier aber beim richtigen Song Contest, und die Zielgruppe ist um diese Uhrzeit nicht mehr auf.
12 | IS | María Ólafsdóttir | Unbroken |
Aufrechtgehn.de-Wertung: 0 Punkte. Finale: nein.
Nun aber zum diesjährigen Fan-Favoriten Måns Zelmerlöw. Der musste bekanntlich aus Copyright-Gründen auf das niedliche Zeichentrick-Kegelhutmännchen aus dem Mello verzichten, das zwischenzeitlich durch eine etwas plumpere Variante ersetzt wurde, die wohl stattdessen eine Art Baskenmütze tragen soll, was auf den ersten Blick aber eher wie eine Klein-Adolf-Frisur aussieht und entsprechend irritiert. Ansonsten derselbe Auftritt in derselben David-Civeira-Lederimitathose mit denselben Dancemoves. Und warum auch nicht? Es funktioniert ja!
13 SE Måns Zelmerlöw Heroes
Aufrechtgehn.de-Wertung: 7 Punkte. Finale: aber hallo!
Die gute Nachricht: Mélanie ist nicht mehr als Indianerin in Ballrobe verkleidet wie noch im Vorschauvideo. Die schlechte Nachricht: sie trägt einen Silberglitzerfummel mit Batwoman-Cape und wird von vier schautrommelnden Chorsängerinnen in Cowboyfransen-Outfits begleitet, die sich mit Frau René einen Schreiwettbewerb liefern, während im Hintergrund Glühwürmchen durch den nächtlichen Wald irren. Und beim SRF klingelt sicher gerade das Telefon, weil 2005 anruft und sein Staging zurück haben will.
14 | CH | Mélanie Réne | Time to shine |
Aufrechtgehn.de-Wertung: 0 Punkte. Finale: nicht, wenn es Gerechtigkeit gibt.
Extrem unterschiedliche Einschätzungen in den Wien-Blogs zur Probe des Zypern-Nerds: von “intim”, “stimmig” und “schön” über “Gänsehaut” bis zu “befremdlich”, “unbeholfen” und “komplett verkehrt in Szene gesetzt”. Hauptstreitpunkt: die Sternenschnuppen-Explosionen im Bühnenhintergrund während des Refrains, die für die Einen die emotionale Aussage des Songs konterkarieren, während sie meines Erachtens einfach nur die Hook unterstreichen und den Zuschauer vom Einschlafen abhalten. Mir gefällt’s.
15 | CY | Giannis Karagiannis | One Thing I should have done |
Aufrechtgehn.de-Wertung: 1 Punkt. Finale: ja
Wie schon Fan-Favorit Monz scheinen auch die Mitfavoritinnen Maraaya den Vorentscheid-Auftritt replizieren zu wollen, mit futuristischer Luftgeigerin und Kopfhörern. Dankenswerterweise hat Marjetka das Oma-Kleid aus der EMA wenigstens gegen ein nicht ganz so schlimmes Brautkleid ausgetauscht. Der FanFan kennt Song und Auftritt nun schon zur Genüge und hat sich beides vielleicht schon etwas satt gehört bzw. gesehen, aber es gibt keinen Grund, warum es den Normal-Zuschauer Samstag in einer Woche nicht flashen sollte.
16 | SI | Maraaya | Here for you |
Aufrechtgehn.de-Wertung: 4 Punkte. Finale: Amen. Kirche.
Bleibt, als letzter Auftritt im zweiten Semi, Polen. Auch hier wieder Bäume auf der Leinwand, diesmal mit riesigen Fliederblüten (meine Nase juckt schon beim Zuschauen). Monikas Rollstuhl wird vom Rock ihres weißen Kleides fast abgedeckt und ist auch erst beim Refrain zu sehen, vorher zeigen die Kameras nur ihr Gesicht. Ein Klaiverspieler und drei Chorsänger/innen. Alles sehr stimmig und dezent, und natürlich wird das bei Jurys und Balladenfreunden abräumen ohne Ende, auch aufgrund des Mitleidsbonus. Und das ist auch okay, wenn nur das Lied nicht so schrecklich langweilig wäre.
17 | PL | Monika Kuszyńska | In the Name of Love |
Aufrechtgehn.de-Wertung: 0 Punkte. Finale: vermutlich Rang 1 im Semi, Platz 17 im Finale.
Ganz zum Schluss noch eine wichtige Botschaft an die Hetero-Männer in Wien (von denen es trotz Song Contests ja noch ein paar geben soll): die serbische Wuchtbrumme Bojana sucht noch ihren Traumjungen und kann, wie die Kronenzeitung zu berichten weiß, “Sex nicht ausschließen”. Eure Chance – ran an den Speck!
Ha! Na siehste! Doch noch nicht alles verloren! Die Einschätzung versöhnt mich doch wieder sehr 🙂 (bis auf die zwei Punkte für San Marinos falschrumdrehende Erdkugel, aber als Guilty Pleasure lass ich das mal gelten).
Auf jeden Fall mal wieder brilliant geschrieben wie immer – es war höggschd pläsierlich zu lesen! Merci!
Das ist wohl die Reverenz des Altmeisters an das Austragungsland – Stella Jones, AT 1995, ‘Die Welt dreht sich verkehrt’…
@ Oliver Rau / aufrechtgehn: Denkst du eigentlich immer noch, dass der Sieg ans Baltikum geht? 😉 Für Tschechien würde es mir in diesem Jahr so Leid tun, die waren bei der Probe doch so gut, wie du auch schreibst: Stimmlich top, die Chemie stimmt, vor allem Noid ist ein Eye-Catcher… Und Deutschland sowie Polen sind stimmberechtigt? Noch ist das Protektorat Böhmen und Mähren mMn noch nicht ganz verloren… 😉
San Marino ist auch mein Guilty Pleasure dieses Jahr. 🙂
Und Marta setzt nur die im letzten Jahr von Moldawien begonnene Tradition fort, irgendetwas abzuwerfen, was bisher noch niemand beim ESC abgeworfen hat. Fiffi, Schuhe, ich bin gespannt, was nächstes Jahr fliegt. 😀
Polen im Semi 2 Erster?
Nie und Nimmer; das Finale guckt sie sich im TV an.
Ist Dir schon aufgefallen, dass Du bei Deinen Voraussagen in diesem Semi 11 als Weiterkommer angenommen hast? Welche Kandidaten sind denn da als Alternativen angesehen? IRL und PL?