Groß war die Aufregung, als die EBU wenige Wochen vor dem 2016er Eurovision Song Contest den rumänischen Sender TVR wegen nicht bezahlter Schulden in Höhe von rund 15 Millionen Euro aus der Sendeunion ausschloss und der bereits in einem Vorentscheid bestimmte Repräsentant Ovidiu Anton unfreiwillig zu Hause bleiben musste. Wenige Wochen nach dem Contest erweist sich die Genfer Strategie, mit der vor allem Druck auf die Regierung des Karpatenlandes ausgeübt werden sollte, dem klammen Sender finanziell unter die Arme zu greifen, als erfolgreich: wie eurofire berichtet, werde in Bukarest gerade ein Gesetz vorbereitet, das es ermöglicht, Staatsknete in die öffentlich-rechtliche Anstalt zu pumpen, was bislang rechtlich nicht möglich gewesen sei. Zudem will man zur Schuldenrückzahlung auch die Mittel verwenden, die zum Erwerb der Ausstrahlungsrechte für die Fußball-Europameisterschaft und der Olympischen Sommerspiele 2016 vorgesehen waren, die TVR wegen des EBU-Ausschlusses nun ebenfalls nicht übertragen kann (was auch der wesentlichere Grund für das Nachgeben der Rumänen gewesen sein dürfte). Sollte alles laufen wie geplant, dürfte das Balkanland 2017 in der Ukraine wohl wieder mit von der Partie sein. Dann allerdings ohne Ovidiu, der nach eigener Aussage mit dem Wettbewerb nie mehr etwas zu tun haben möchte. Aber Mihai Traistariu (RO 2006) steht sicher schon in den Startlöchern…
Triumphale Rückkehr oder Totentanz für Rumänien beim ESC?
Deutlich düsterer stellt sich die Lage in Bosnien-Herzegowina dar. Die Appelle der EBU an die Regierung des politisch in die Bosnische Föderation und die Republika Srpska zweigeteilten Landes, den übergeordneten Senderverbund BHRT – gewissermaßen die ARD Bosniens – endlich ausreichend mit Gebührengeldern (die seit Bestehen des Landes weder angepasst noch ordentlich eingetrieben wurden) zu versorgen, verhallten hier seit längerer Zeit weitestgehend ungehört. Derzeit stehen rund 5,5 Millionen Euro offen, für deren Rückzahlung die Genfer die Frist immer wieder verlängerten, zuletzt bis heute. Angesichts des drohenden EBU-Ausschlusses und der sich nur millimeterweise bewegenden Politik kündigte BHRT bereits die Einstellung seines Sendebetriebes zum 30. Juni 2016 an. Nun fanden sich in zähen Verhandlungen in allerletzter Sekunde noch rund 125.000 Euro, was zwar lediglich 10% der alleine für die Übertragung der Fußball-EM benötigten Gelder ausmacht. Dennoch darf der landesweit ausstrahlende Sender die Europameisterschaft nun übertragen und bleibt somit zumindest bis zum 10. Juli 2016 noch auf der Antenne. Die EBU hofft inständig, bis dahin weitere Fortschritte im Hinblick auf einen Rückzahlungsplan und eine auf Dauer auskömmliche Finanzierung seines Mitgliedssenders erzielen zu können.
https://youtu.be/ziT-iSkY-0E
Deen no more (hier beim bosnischen Vorentscheid 2003)? Unvorstellbar!
Was sich in dem Land mit dem “kompliziertesten Regierungssystem der Welt” (Deutsche Welle), in dem über 50 streng nach Volksgruppenzugehörigkeit gegliederte Parteien zur Wahl stehen und wo die Regierungsbildung schon mal 15 Monate dauern kann, weil sich die kroatischen, bosnischen und serbischen Vertreter gegenseitig misstrauen und ihre Anstrengungen hauptsächlich auf die gegenseitige Blockade richten, als schwierig erweisen könnte. Die Sender der beiden bosnischen Teilrepubliken, RTVFBiH (Bosnische Föderation) und RTRS (Serbische Republik) sind keine EBU-Mitglieder, im ungünstigsten Fall kann Bosnien auf längere Sicht nicht mehr am Song Contest teilnehmen, was nicht nur aus künstlerischer Sicht entsetzlich wäre. Von dem verheerenden politischen Signal eines Scheiterns des Gemeinschaftssenders mal ganz abgesehen. Hoffen wir also auf ganz viel ‘Love Love Peace Peace’ – was mich dazu bringt, dass der von Måns Zelmerlöw und Petra Mede beim Wettbewerb in Stockholm als Pausenact vorgetragene Song, eindeutig der beste Beitrag des gesamten Abends, nun als Single veröffentlicht werden soll, wie eurovoix berichtet. Mal schauen, ob er den kommerziellen Erfolg des zweiten, wesentlich unoriginelleren Pausenacts Justin Timberlake (der unterdessen Blut geleckt zu haben scheint und bereits einen Worldvision Song Contest forderte) toppen kann…
Die Übertragungsrechte für Euro 2016 liegen in Rumänien bereits seit Längerem beim Privatsender ProTV, wo die Übertragung der Spiele auch nie in Frage stand, weil die EBU die entsprechenden Rechte schlicht nicht hat. Olympia 2016 wird abei TVR übertragen, erneut ohne Beteiligung der EBU, weil die Rechte bei Discovery liegen, und von TVR bereits 2013 angekauft wurden.