Strea­ming: EBU lässt Vor­ent­schei­dungs­fans im Regen stehen

Vor­ges­tern began­nen mit dem Fes­ti­vali i Kën­ges die für Euro­vi­ons­fans sowohl schöns­ten als auch anstren­gends­ten zwölf Wochen des Jah­res, die der Vor­ent­schei­dungs­sai­son näm­lich, da ver­dirbt uns die EBU die fest­lich-erwar­tungs­vol­le Stim­mung. Anders als in den Vor­jah­ren wol­le man näm­lich, so auf eurovision.tv in einem Neben­satz zu lesen, die diver­sen natio­na­len Vor­ent­schei­dun­gen nicht mehr auf der eige­nen Sei­te strea­men – ein Ange­bot, das von vie­len Fans in der Ver­gan­gen­heit sehr ger­ne genutzt wur­de, um die Shows bequem und weit­ge­hend ruck­el­frei mit­ver­fol­gen zu kön­nen. Begrün­dung für die mas­si­ve Ser­vice­ver­schlech­te­rung: fast alle natio­na­len Sen­der wür­den ihren Vor­ent­scheid mitt­ler­wei­le selbst im Netz strea­men oder hier­für Dritt­an­bie­ter wie You­tube nut­zen. Man wol­le sich daher dar­auf beschrän­ken, einen aktu­el­len Über­blick über die anste­hen­den Sen­dun­gen zu bie­ten und die ent­spre­chen­den Links ein­zu­stel­len. Wie gut das funk­tio­niert, bewies gleich zum Auf­takt das besag­te FiK: der vom alba­ni­schen Sen­der RT.SH bereit­ge­stell­te Live­stream puf­fer­te wäh­rend der Über­tra­gun­gen der bei­den Semis am Mitt­woch und Don­ners­tag der­ar­tig krass (das Bewegt­bild häng­te sich regel­mä­ßig nach zehn Sekun­den auf, das Neu­la­den dau­er­te hin­ge­gen stets min­des­tens eine Minu­te), dass man ihn sich direkt schen­ken konn­te. Ein hel­den­haf­ter Euro­vi­si­ons­fan mit Satel­li­ten­emp­fang griff dar­auf­hin zur Selbst­hil­fe und stell­te sei­nen TV-Feed bei You­tube ein, so dass wenigs­tens eine Hand­voll Gleich­ge­sinn­ter außer­halb der Sen­der­eich­wei­te des ski­pe­ta­ri­schen Rund­funks noch in den Genuss der Shows kamen. Wobei er wäh­rend der zahl­rei­chen Wer­be­pau­sen genö­tigt war, den Ton abzu­dre­hen, um zu ver­mei­den, von You­tube wegen Urhe­ber­rechts­ver­sto­ßes (es ging um einen als Spot-Unter­ma­lung genutz­ten Song von Maroon 5) gesperrt zu wer­den. Ein unwür­di­ges Trauerspiel!

Das ers­te alba­ni­sche Semifinale.

Doch nicht nur mit hart ruckeln­den Streams in teil­wei­se grau­en­haf­ter Bild- und Ton­qua­li­tät (der Fin­ger zeigt auf Dich, Mol­da­wi­en!) lässt uns die EBU allei­ne, son­dern auch mit der mas­si­ven Über­for­de­rung durch die von ihr selbst schänd­li­cher­wei­se nicht koor­di­nier­ten Super­sams­ta­ge, an denen teils bis zu sechs Vor- und Final­run­den gleich­zei­tig lau­fen, die selbst der abge­brüh­tes­te ADHS­ler nicht alle auf ein­mal ver­fol­gen kann. Hier bot eurovision.tv bis­lang inso­fern prak­ti­sche Hil­fe, als die dort gestream­ten Shows auch im Anschluss noch zum nach­träg­li­chen Anschau­en ver­füg­bar waren – ein gera­de von Blog­gern wie mir ger­ne genutz­ter Ser­vice, den aller­dings die wenigs­ten natio­na­len TV-Sta­tio­nen anbie­ten. Nun soll­te man eigent­lich mei­nen, dass der EBU bewusst sei, wie sehr die seit der Jahr­tau­send­wen­de wie­der erstark­te Beliebt­heit des Euro­vi­si­on Song Con­test auch mit der stän­di­gen Prä­senz der Show in den sozia­len Medi­en zusam­men­hängt, zu der die über noch so jede bana­le Neben­säch­lich­keit rund um den Event, ein­schließ­lich der Vor­ent­schei­dun­gen, berich­ten­den Blogs eben­so bei­tra­gen wie die stän­di­ge Ver­füg­bar­keit der Bei­trä­ge im Netz (von denen man übri­gens, hier­für ein Lob, für­der­hin Clips in bes­se­rer Qua­li­tät auf dem offi­zi­el­len You­tube-Kanal ein­stel­len möch­te). Und dass für Hard­core-Fans die jähr­li­chen Fest­spie­le im Mai mitt­ler­wei­le gewis­ser­ma­ßen nur noch den müden Nach­klapp zur Per­len­tau­cher-Haupt­sai­son von Ende Dezem­ber bis Mit­te März dar­stel­len, wo in den natio­na­len Vor­auswah­len die eigent­li­chen Schät­ze zu fin­den sind. Aber hier­für fühlt man sich in Genf wohl nicht zustän­dig. Inso­fern: buh, EBU!

Das zwei­te alba­ni­sche Semifinale.

Auf der aufrechtgehn.de-Startseite wird natür­lich wei­ter­hin ein Über­blick über die bereits aus­ge­wähl­ten Künstler/innen und Songs sowie die noch aus­ste­hen­den Vor­ent­schei­dun­gen der ein­zel­nen Teil­neh­mer­län­der zu fin­den sein, letz­te­re ergänzt um die offi­zi­el­len und mir bekann­ten alter­na­ti­ven Strea­ming-Links. Da die­se sich zum Teil erst sehr kurz­fris­tig erge­ben, sei­en inter­es­sier­te Fans eben­so auf das Mes­sa­ge­board der Euro­vi­si­on Nati­on ver­wie­sen, wo sol­che uner­läss­li­chen Infor­ma­tio­nen ger­ne kur­sie­ren (Nach­trag: die Kol­le­gen von songfestival.be haben mitt­ler­wei­le eine Sei­te ins Netz gestellt, auf der sie eben­falls alle ver­füg­ba­ren Links, auch zum nach­träg­li­chen Anschau­en der Shows, sam­meln). Dann wol­len wir mal hof­fen, dass wir trotz unnutz­ba­ren Streams von RT.SH heu­te Abend in den Genuss des FiK-Fina­les kom­men und uns nicht noch irgend­wel­cher Urhe­ber­rechts­quatsch einen Strich durch die Rech­nung macht. Was mei­nen hei­li­gen Zorn auf die EBU erst recht ins Uner­mess­li­che stei­gen lie­ße. Doch halt, nur einen Tag vor Hei­lig­abend dem Depi-Evra­te­sil-Fina­le (ja, Arme­ni­en ent­schei­det sich mor­gen!) wol­len wir die bösen Gefüh­le zügeln und Frie­den und Lie­be und so ver­brei­ten. Daher, lie­be Lese­rin­nen und Leser: fro­hes Fest und eine noch fro­he­re Euro­vi­si­ons­sai­son 2017!

Der Lip­pen­le­cker: Tiri.

Kei­ne Vor­ent­scheid-Live­streams mehr auf eurovision.tv. Das ist…

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