Unser Lied für Stock­holm 2016: Sie­gel ist zurück beim Vorentscheid!

Heu­te gab der NDR die zehn Teilnehmer/innen des deut­schen Vor­ent­schei­des 2016 bekannt. Es war für den Sen­der, das kann man ange­sichts der Gescheh­nis­se der letz­ten 12 Mona­te wohl mit Fug und Recht sagen, eine Ach­ter­bahn­fahrt bis hier­her. Reka­pi­tu­lie­ren wir kurz: nach­dem das groß auf­ge­zo­ge­ne Vor­ent­schei­dungs­kon­zept mit Exper­ten­aus­wahl, Wild­card und Club­kon­zert 2015 mit dem ner­ven­schwa­chen Cas­ting-Zot­tel­bar­den Andre­as Küm­mert zunächst einen vom Publi­kum geschätz­ten Sie­ger her­vor­brach­te, der es sich dann aber noch auf der Büh­ne anders über­leg­te und sein Ticket an die ver­dat­ter­te Wild­card-Gewin­ne­rin und Zweit­plat­zier­te Ann Sophie Dür­mey­er wei­ter­gab, hol­te die zunächst für ihre Sou­ve­rä­ni­tät gelob­te zwei­te Wahl für uns in Wien legen­dä­re null Punk­te, wor­auf­hin der NDR sie fal­len ließ wie eine hei­ße Kar­tof­fel. Mit­samt dem Vor­ent­schei­dungs­kon­zept: man ent­schied sich zunächst für eine Direkt­no­mi­nie­rung und prä­sen­tier­te stolz einen der wirk­lich gro­ßen Namen des deut­schen Musik­ge­schäfts: Xavier Naidoo. Dumm nur, dass der sich in der Ver­gan­gen­heit neben sei­nem lang­an­hal­ten­den Erfolg und sei­nem signi­fi­kan­ten Zie­gen­tim­bre auch durch eine gewis­se Nähe zur Alu­hut-Frak­ti­on und die ein oder ande­re frag­wür­di­ge Aus­sa­ge her­vor­ge­tan hat­te. Ein Empö­rungs­sturm bis­lang unbe­kann­ten Aus­ma­ßes brach sich Bahn, sowohl in den sozia­len wie in den seriö­sen Medi­en, gegen den selbst das Küm­mert­gate ver­blass­te. Und nach­dem sich auch im eige­nen Haus anhal­ten­der Wider­stand gegen den „Reichs­bür­ger“ Naidoo mani­fes­tier­te, zog der NDR, als fol­ge er einem gehei­men Leit­fa­den zur Erzie­lung des größt­mög­li­chen Scha­dens für alle Betei­lig­ten, nach nicht mal 48 Stun­den fei­ge den Schwanz ein und den Künst­ler zurück. Maxi­ma­le Bla­ma­ge. Bravo.

Kla­re Sie­ges­fa­vo­ri­tin 2016: The-Voice-Sie­ge­rin Kriewitz.

Um so erstaun­li­cher also (und ein Beleg für den seit Guil­do Horn gewach­se­nen Stel­len­wert des Wett­be­werbs, den noch nicht mal der NDR mit sei­nen Kami­ka­ze-Aktio­nen klein­kriegt), dass es dem Ham­bur­ger Sen­der den­noch gelang, nun inner­halb weni­ger Wochen zehn Kan­di­da­ten aus dem Hut zu zau­bern, die sich bereit fan­den, es beim nun­mehr für den 25. Febru­ar 2016 in Köln anbe­raum­ten und vom alt­be­kannt unbe­währ­ten Brain­pool-Team orga­ni­sier­ten ordent­li­chen Vor­ent­scheid unter dem Titel Unser Lied für Stock­holm gegen­ein­an­der aus­zu­fech­ten. Den gab es fast genau so schon mal: 1975 hieß das gan­ze Ein Lied für Stock­holm und wur­de von der blon­den Lot­to­fee Karin Tiet­ze-Lud­wig mode­riert. Heu­er über­nimmt (erneut) die alt­be­kannt bewähr­te blon­de Talk­show­fee Bar­ba­ra Schö­ne­ber­ger die Rol­le der Gast­ge­be­rin für die zehn von den Plat­ten­fir­men und dem NDR zusam­men­ge­sam­mel­ten Kom­bat­tan­ten. Und es ist eine für NDR-Ver­hält­nis­se musi­ka­lisch abwechs­lungs­rei­che Run­de gewor­den, die in Köln antritt, bestückt mit lau­ter Namen, die sol­chen vom aktu­el­len Pop­ge­sche­hen längst ent­frem­de­ten alten Säcken wie mir alle­samt wirk­lich nicht das Gerings­te sagen, wäh­rend jün­ge­re Men­schen, wel­che die letz­ten Mona­te nicht unter einem Stein ver­brach­ten, den ein oder ande­ren Künst­ler oder sogar das ein oder ande­re Lied schon mal gehört haben könn­ten. Mit der The-Voice-Gewin­ne­rin Jamie Lee Krie­witz (mit ihrem Sie­ger­song ‚Ghost‘) sowie dem Betrof­fen­heits­ly­ri­ker Alex Diehl und sei­ner unter dem Ein­druck der schreck­li­chen Gescheh­nis­se des Pari­ser Ter­ror­an­schlags vom Novem­ber 2015 ent­stan­de­nen Bene­fiz­sin­gle ‚Nur ein Lied‘ fin­den sich näm­lich sogar zwei aktu­el­le Chart-Hits unter den Bei­trä­gen. Respekt! Ansons­ten ist von Schla­ger über Bom­bast­rock und gre­go­ria­ni­schen Gesän­gen alles dabei – selbst, man reibt sich vor Ver­wun­de­rung die Augen, ein Lied von Ralph Sie­gel, seit 2006 eigent­lich Per­so­na non gra­ta beim deut­schen Vor­ent­scheid. Sein Titel ist in Träsh-Hin­sicht übri­gens sehr viel ver­spre­chend: ‚Under the Sun we are One‘. (Das rei­ben­de Geräusch, das Sie gera­de hören, wäh­rend Sie dies lesen, das sind mei­ne sich in scha­den­freu­di­ger Erwar­tung befind­li­chen Hände.)

Kuck mal, der Küm­mert kann sich ja auch ordent­lich rasieren!

Nach­fol­gend also nun die ers­ten Ein­schät­zun­gen der zehn Vor­ent­scheid-Ver­tre­ter/in­nen und, soweit schon ver­füg­bar, ihrer Bei­trä­ge (Link in der Tabel­le ankli­cken). Die erneut an einem Don­ners­tag statt­fin­den­de Show wird ab 20:15 Uhr im Ers­ten über­tra­gen, unsin­ni­ger­wei­se gibt es wie­der zwei Abstim­mungs­run­den, also ein Super­fi­na­le. Dan­kens­wer­ter­wei­se ver­zich­tet der NDR aber auf eine Jury. Das Naidoo-Deba­kel über­lebt hat die (her­vor­ra­gen­de) Idee, das Büh­nen­bild und die Cho­reo­gra­fien für die ver­schie­de­nen Acts durch Stu­die­ren­de diver­se Kunst­hoch­schu­len erstel­len zu las­sen. Kar­ten für das in Köln (ver­mut­lich wie­der in der Lan­xess Are­na in Deutz) statt­fin­den­de Event sind ab sofort für 37,80 Euro im Vorverkauf.

Unser Lied für Stockholm

Deut­sche Vor­ent­schei­dung 2016. Don­ners­tag, 25.02.2016, aus dem Raab-TV-Stu­dio in Köln. Zehn Teilnehmer:innen, Mode­ra­ti­on: Bar­ba­ra Schö­ne­ber­ger. Tele­vo­ting mit Superfinale.
#Inter­pre­tenSong­ti­telTele­vo­teSuperPlatzCharts
01Ella End­lichAdre­na­lin41.17207
02JocoFull Moon22.64509
03Gre­go­ri­anMas­ters of Chant69.87405
04Woods of BirnamLift me up (from the Underground)12.33210
05Luxus­lärmSo lan­ge Lie­be in mir wohnt42.57606
06KeomaPro­tec­ted25.60908
07Avan­ta­siaMys­tery of a Blood red Rose124.845241.57303
08Alex DiehlNur ein Lied124.268380.2930233
09Jamie Lee KriewitzGhost221.846498.2930111
10Lau­ra PinskiUnder the Sun we are One85.64204

Wie fin­den wir denn die Aus­wahl für Unser Lied für Stock­holm so?

  • Ganz gutes Line-up, aber die Deut­schen wer­den wie­der das Fal­sche wäh­len, wie immer. (46%, 62 Votes)
  • Erstaun­lich gut. Kom­mer­zi­el­le Schwer­ge­wich­te, aktu­el­le Hits, brei­te Aus­wahl: bes­ser geht’s kaum. Respekt, NDR! (19%, 25 Votes)
  • Spricht mich jetzt erst mal nichts direkt an, aber alles bes­ser als der Got­tes­säus­ler mit dem Alu­hut. (17%, 23 Votes)
  • Du lie­bes biss­chen. Sie­gel, Cas­ting-Hüh­ner, Schü­ler­bands, Schla­ger und Küm­mert 2.0. Schlech­ter geht’s kaum. (11%, 15 Votes)
  • Wir hät­ten den Naidoo haben kön­nen. Den Naidoo! Ich komm nicht drü­ber weg. (7%, 9 Votes)

Total Voters: 134

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5 Comments

  • Mal sehen, was bei raus­kommt. Schlech­ter als 2015 kann es ja nicht werden!
    War nicht auch 1976 ein böses Hick­hack um den deut­schen Vor­ent­scheid? Imme­rin ging dann im Fina­le Ire­ne Shee­re mit Platz 6 nicht so schlecht hervor.

  • Ire­en Sheer wur­de 1978 Sechs­te. Und 1976 gab es die Dis­qua­li­fi­ka­ti­on von Tony Marshall.
    Ansons­ten gab es seit über 15 Jah­ren fast jedes Jahr einen Skan­dal bei der Vorentscheidung:
    1996 Leon darf erst gar nicht antreten
    1999 Corin­na May disqualifiziert
    2004 Max Mutz­ke wird für die VE nach­no­mi­nert und gewinnt durch den Pro7-Support.
    2005 Gra­cia schum­melt sich durch mani­pu­lier­te Ver­käu­fe in die Aus­wahl, wird spä­ter sogar aus den Charts eliminiert.
    2015 Kümmertgate
    2016 Naidoo wird zurückgezogen

    Nur ein Aus­zug. Wem fällt noch was ein ?

  • Der größ­te Skan­dal ist aber eigent­lich der, dass die Deut­schen fast immer den fal­schen Song zum Con­test wählen:

    so gesche­hen: 1991, 1997, 2001, 2002, 2003 (aber da wäre ial­les falsch gewe­sen!), 2005, 2008, 2011, 2012, 2013, 2014, 2015 und wahrch­ein­lich auch wie­der 2016.

  • ganz klar: avan­ta­sia wird sowohl vor­ent­scheid als auch esc 2016 gewin­nen. tol­les lied, von der metal-frak­ti­on gestützt und toby sam­met wird als per­sön­lich­keit deutsch­land mehr als nur ange­mes­sen vertreten.

  • AVAN­TA­SIA rocken das Ding! Das ist wirk­lich mal was Neu­es. Nicht nur Meat Loaf-Fans wer­dens mögen und Toby hat ne Men­ge Fans da drau­ßen in ganz Euro­pa. Die Frau Krie­witz (Kra­vitz?) ist ja ganz schnu­cke­lig, wirkt aber wie eine Lena-Kopie, lei­der mit weit­aus weni­ger Selbst­ve­wusst­sein und Star-Appeal!

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