Wenn Sie, wie ich, einen Hang zu hochglanzpoliertem Pop der goldenen Jahrzehnte haben, werden Sie sich vielleicht noch an das legendäre Filmmusik-Duett der beiden (laut Klatschpresse) erbitterten Erzfeindinnen Whitney Houston und Mariah Carey aus dem Jahre 1998 namens ‘When you believe’ erinnern, sowie das Video, in dem die beiden Diven so tun mussten, als seien sie die besten Freundinnen, während man förmlich riechen konnte, wie gerne sie sich gegenseitig die Augen auskratzen wollten. Das tun in der heutigen Runde des Eurovision Deathmatch hoffentlich unseren beiden Kontrahentinnen, die neben ihrer Vorliebe für große, kraftvolle Noten auch die gemeinsame Sprache verbindet, obwohl sie aus verschiedenen Ländern kommen. Doch auch auf der Mittelmeerinsel Malta spricht man Englisch, jedenfalls als zweite Amtssprache, und Claudia Faniello singt dementsprechend in diesem Idiom. Die Schwester des zweifachen Eurovisionsrepräsentanten Fabrizio (→ MT 2001, 2006) versuchte es in ihrer Heimat gefühlt wohl an die hundert Mal und schenkte uns dabei so wundervolle Trashperlen wie ‘Caravaggio’ (→ Vorentscheid 2008), konnte sich aber erst heuer mit einer so pompösen wie nichtssagenden Ballade durchsetzen. Im dazugehörigen Videoclip, der sich nicht so recht entscheiden mag, ob er als überlanger Werbespot für Kaffee Hag, Raffaello oder Deinhardt-Sekt daherkommen mag, steht sie eingenäht in diversen wirklich hautengen Abendkleidern dekorativ in der Gegend herum. Was auch den Songtitel ‘Breathlessly’ erklärt: nur ein tiefer Atemzug, und es würde sämtliche Nähte sprengen.
Teilt Mariah Careys Kleidungsstil: Claudia Faniello (MT)
Wie schon bei Mariah, Verzeihung: Claudia bildet auch bei der Britin Lucie Jones der ausgewählte Song, eine durch und durch generische, völlig nichtssagende Powerballade, lediglich das notwendige Vehikel zum Präsentieren ihrer – zugegebenermaßen beeindruckenden – Stimme und zum Abklatschen der hohen, lauten Noten auf der Jagd nach den Jury-Stimmen. Diese Noten traf sie beim heimischen Vorentscheid makellos, mit beinahe militärischer Präzision und scheinbarer spielender Leichtigkeit, was sie (neben ihrer Körpergröße) geradezu leuchtturmartig aus dem Umfeld der vokal minderbegabten Konkurrentinnen herausstechenden ließ. Obschon auch sie sich, wie ihre Eurovision-Deathmatch-Duellantin, gerne in Abendkleider hüllt, wirkt sie darin deutlich weniger glamourös und obskurerweise irgendwie butch. Dass mich ihr Song zu Tode langweilt und wie der ihrer Gegenspielerin lediglich den dringenden Wunsch auslöst, die Skip-Taste zu drücken (merkt man, wie schwer es mir fällt, ein Achselzucken auf viele Zeilen Text auszuwalzen?), würde ich ihr also vielleicht nicht unbedingt direkt ins Gesicht sagen wollen, aus Angst, dann mit zwei blauen Augen durch die Gegend zu laufen. Ob sie auch ihre maltesische Kontra-Diva ausknocken kann, entscheiden wie immer Sie, geschätzte Leser/innen.
Ebenfalls in Rot: Lucie in the Sky (without Diamonds, UK)
Daher nun also fröhlich abgestimmt im Diven-Duell: Ehemalige Imperialisten oder ehemalige Kolonie? Mariah oder Whitney? Welche der beiden Balladessen soll es sein? Auch an Karfreitag hat die Stimmen-Annahme bis 15 Uhr geöffnet.
EDM #20: When you believe – wer, glaubst Du, soll weiterkommen?
- Großbritannien: Lucie Jones – Never give up on you (76%, 108 Votes)
- Malta: Claudia Faniello – Breathlessly (24%, 35 Votes)
Total Voters: 143
Ergebnis: Und erneut ein klarer Ausgang in diesem zugegebenermaßen tiefschlafinduzierenden Duell (beschwert Euch bitte bei den Sendern, nicht bei mir, ich kann nur mit dem Material arbeiten, das ich bekomme!). Die butche Britin Lucie konnte drei von vier Stimmen auf sich vereinen und schickt die maltesische Mariah wieder nach Hause. In der Schlussrunde des ersten Durchgangs treten zwei echte Hochkaräter gegeneinander an – seid dabei!
…und wieder vermisst man die Option “Können beide weg”.
Wake me up before you go go.……wenn’s denn funktioniert angesichts dieser Narkotisierung durch die beiden äußerst wirkungsvollen Schlafmittel