Nein, sie werden wohl keine Freunde mehr, die moldawische Gothic-Legende Sasha Bognibov und sein Heimatsender TRM. Seit über einer Dekade reicht der nach seiner Eigenbeschreibung für “Güte und Gerechtigkeit” eintretende Künstler Jahr für Jahr Beitrag um Beitrag zur Melodie pentru Europa, dem Vorentscheid des rumänischen Bruderlandes, ein. Und nicht ein einziges Mal überlebte er die Vorstellungsrunde. So auch 2018: am vergangenen Mittwoch versammelte der Sender alle (!) 27 Bewerber/innen um das moldawische Eurovisionsticket zu den Audițiile, dem öffentlichen Vorsingen, in einer Karaokebar (!) in der Hauptstadt Chisinau. Und obschon Sasha den Liedernachmittag mit seinem aktuellen Song ‘Love’ eröffnen durfte und eben dieser Beitrag, ein so effektives wie eingängiges Stück musikalischen Weltschmerzes, zu dessem wehleidig-kämpferischen Text Sashas faszinierende Wimmerstimme perfekt passt, nicht nur zu den besten seines bisherigen Œuvres gehört, sondern auch zu den interessantesten des OMpE-Line-ups, sortierten ihn die anwesenden Juroren unter dem Vorsitz von Nelly Ciobanu (→ MD 2009) gnadenlos aus. Wie gemein!
Vielleicht hätte Sasha sich, wie bei seinem Vollplayback-Auftritt im moldawischen Frühstücksfernsehen, auch bei der Audițiile das herzförmige Nadelkissen auf die Hand schnallen sollen?
Resultierte die Ablehnung noch immer aus der Kontroverse um seinen zehn Jahre alten Vorentscheidungsversuch ‘I love the Girls (of 13 Years old)’, der damals für ein kleines Rauschen im Blätterwald sorgte? Oder gar aus den aktuellen Auseinandersetzungen im Vorfeld der diesjährigen Vorauswahl, namentlich dem öffentlichen Protest des Sängers gegen die vom Sender ursprünglich geplante Aussperrung aufgrund seiner gleichzeitigen (erfolglosen) Bewerbung im Internet-Format 1in360 in San Marino? Zwar durfte Sasha, da er in San Marino ein älteres Lied und nicht seinen moldawischen Beitrag ‘Love’ eingereicht hatte, dann doch mitmachen, dennoch scheint man ihm das Fremdgehen nicht zu verzeihen. Doch was soll der in den zwölf Jahren seiner vergeblichen Bemühungen künstlerisch erkennbar gereifte Sänger denn machen, wenn ihn sein Heimatsender immer wieder ablehnt? Zumal selbst bei einer Zulassung zum Finale von OMpE keine Gefahr drohte, Sasha tatsächlich zum Grand Prix schicken zu müssen; wirkt er doch einfach viel zu creepy, um genügend Zuschauervoten einzusammeln. Und von der Jury bekäme er sicherlich ohnehin keine Punkte.
Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand: Tudor Bumbac schlich sich auf leisen Sohlen zum moldawischen Vorsingen (ab Minute 34).
Neben Sasha scheiterte eine weitere Kultfigur der moldawischen Audition, nämlich der rüstige Rentner Tudor Bumbac. Der hatte mit dem folkloristisch verzierten Tanztee-Schieber ‘Numai pentru Tine’ sogar ein ganz possierliches Lied am Start, aber auch – wie immer bei seinen Auftritten – erkennbar die Hosen gestrichen voll. Vor lauter Lampenfieber beinahe zur Salzsäule erstarrt, murmelte der Ceaușescufrisürliche seinen Text immer eine halbe Sekunde hinter dem Backing Track herhechelnd ins fast schon obszön glitzernde Mikrofon. Immerhin schaffte er es diesmal, mit einem Fuß im Takt mitzuwippen, wie uns die TRM-Kamera zeigte und dabei einen spannenden Einblick in die aktuelle Orthopädieschuhmode in Chisinau verschaffte. Wünschen wir Tudor also gute Gesundheit: noch so zehn, fünfzehn Jahre, und er wird vielleicht wirklich mal richtig locker! Zu den alten Bekannten zählt natürlich auch die fabelhafte Doinița Gherman, die heuer mit einem leider sehr schwachbrüstigen Schlager aus der Kollektion der schwedischen Schwestern Ylva und Linda Persson antrat – und weiterkam.
Klingt Vollplayback etwas überzeugender: die Nicoleta, ebenfalls im Frühstücksfernsehen.
So wie auch die ebenfalls ins Finale delegierte Nicoleta Sava, die mit ihrem (in der Live-Version stimmlich allerdings grottigen) mediterranen Schlagerlein ‘Esencia del Sur’ den in diesem Jahr erstaunlich virulenten Vorentscheidungstrend zu spanisch gesungenen oder zumindest anmutenden Beiträgen bediente. A propos Finale: ursprünglich lautete der Plan des moldawischen Fernsehens, dem für den 24. Februar terminierten Event zwei Tage zuvor (und damit zeitgleich mit Unser Lied für Lissabon) ein Halbfinale vorauszuschicken. Nach der Durchsicht der bei den Audițiile versammelten Bewerber/innen verzichtete man aber (offiziell aus Kostengründen) klugerweise hierauf, sodass die ausgewählten sechzehn Finalist/innen nun nur einmal antreten müssen. Was auch weniger Qualen für die Juror/innen und Zuschauer/innen bedeutet. Zumal die Sieger nach allgemeiner Überzeugung ohnehin bereits feststehen: das Folk-Pop-Trio DoReDos nämlich, das ebenfalls zu den regelmäßigen Gästen bei OMpU gehört und diesmal einen flotten Uptemposong aus der Feder der russischen Gruseltunte Philipp Kirkorov (→ RU 1995) im Gepäck hat, der zwar klingt wie ein Abklatsch des beim ESC drittplatzierten moldawischen Vorjahresbeitrags, aber genau deswegen gewinnen dürfte. Und sollte!
https://youtu.be/OJqe3M24PcY
Da hat die DoReDos-Leadsänger wohl aus Versehen Speed statt Zucker in ihren Frühstückskaffee geschüttet!
Die DoReDos müssen sich einfach nur noch den Epic Sax Guy mit auf die Bühne stellen, dann wird das schon.
Sascha Bogdanov macht mir im Vergleich seiner körperlichen Erscheinung über die Jahre große Sorgen. Sollten wir ein Fresspaket nach Chisinau schicken? Und dabei gleich an die offensichtliche Lippenstiftrationierung in Moldawien denken und ein paar Körperpflegemittel mitschicken?
Es wäre schrill, wenn die VE in San Marino demnächst als Rehabilitationszentrum für mehrfach scheiternde ESC-Sternchen aus ganz Europa dienen könnte. Vielleicht sollte Thomas Scheiber die Organisation übernehmen, damit auch der garantiert schlechteste Beitrag ausgewählt wird. ;-))