Ope­ra­ción Tri­unfo 2018: Hier flie­gen gleich die Löcher aus dem Käse

Mit dem deut­li­chen Sieg eines Bal­ler­mann-Kra­chers ging ges­tern Nacht die Euro­vi­si­ons­ga­la der bereits im Sep­tem­ber 2018 gestar­te­ten Cas­ting­show Ope­ra­ción Tri­unfo zu Ende. ‘La Ven­da’ heißt der Mit­klatsch­stamp­fer, den man bis zum Euro­vi­si­on Song Con­test im Mai 2019 bes­ser nur in homöo­pa­thi­schen Dosen genie­ßen soll­te, weil er ver­mut­lich extrem schnell anfängt, zu ner­ven. Die Faschings­taug­lich­keit sei­nes Songs unter­strich der Inter­pret Miguel Núñez Pozo (oder schlicht­weg Miki) auf das Vor­treff­lichs­te, indem er per Polo­nä­se ins OT-Stu­dio ein­zog, gefolgt von weib­li­chen Models, die irgend­wel­che Instru­men­te hiel­ten und denen vor allem die Auf­ga­be zukam, optisch vom Sän­ger abzu­len­ken. Wobei der 23jährige Bar­ce­lo­ne­se mit sei­nem puber­tä­ren Milch­flaum auf eine nerd­haft ver­peil­te Wei­se sogar ganz knuf­fig aus­sä­he, wäre da nicht das voll­kom­men irri­tie­rend im Takt sei­nes ener­gie­ge­la­de­nen Her­um­ge­hüp­fes mit­wip­pen­de Nest locki­gen Haupt­haa­res und die dro­gen­dür­ren Bein­chen. Miki erin­nert an den Kif­fer aus dem Phy­sik-Leis­tungs­kurs, der in sei­ner Fri­sur Joints auf den Abi-Ball schmug­gelt, dort betrun­ken die Büh­ne stürmt und fünf Minu­ten spä­ter in die Bow­le kotzt.

Die hete­ro­se­xu­ells­te ESC-Dar­bie­tung seit Men­schen­ge­den­ken: Miki.

Um die kor­rek­te Exege­se sei­nes Song­tex­tes strei­ten sich der­zeit die Sprach­ge­lehr­ten. Eine der mög­li­chen Aus­le­gun­gen lau­tet, dass Miki eine Pro­sti­tu­ier­te besingt, wel­cher er die Augen­bin­de (‘La Ven­da’) abneh­men will, auf dass sie erken­ne, dass sie das doch gar nicht nötig habe. Oder so ähn­lich, viel­leicht möch­te er auch nur den Preis für eine SM-Num­mer ver­han­deln. Auch wenn am Sonn­tag aus­schließ­lich die Zuschauer/innen abstimm­ten, ver­dankt Miki sei­nen Sieg in Tei­len der OT-Jury: ursprüng­lich schied er in der letz­ten Gala vor dem 2018er Staf­fel­fi­na­le der Ope­ra­ción Tri­unfo aus, wel­ches sein Kon­kur­rent Famous Obe­ro­go gewann. Für die nach­ge­scho­be­ne Euro­vi­si­ons­ga­la aber stell­te der Sen­der RTVE 17 Songs ins Netz, aus denen das Publi­kum per Online-Voting drei aus­wäh­len durf­te. Dar­un­ter fand sich bei­spiels­wei­se das herr­lich tra­shig-bil­li­ge ‘Muérde­me’ (‘Beiss mich’), von einer als RTL2-Doku­soap-Teil­neh­me­rin auf­ge­bre­zel­ten Blon­di­ne namens María mit vol­ler Absicht in den Sand gesetzt, denn Gerüch­ten zufol­ge hat­te die Inter­pre­tin über­haupt kei­ne Lust auf das ihr zuge­teil­te Lied. Und erst recht nicht auf eine Eurovisionsteilnahme!

Erin­nert ein biss­chen an Mar­ga­ret aus dem pol­ni­schen Vor­ent­scheid 2016: María.

Den­noch wäre es bei­na­he dazu gekom­men, denn 22% der sonn­täg­li­chen Anrufer/innen vote­ten – rich­ti­ger­wei­se, wie ich fin­de – für ‘Muérde­me’. Miki, des­sen jet­zi­ges Sie­ger­lied in der Online-Abstim­mung noch schei­ter­te und (zusam­men mit sechs wei­te­ren) durch die Jury nomi­niert wer­den muss­te, konn­te in der Euro­vi­si­ons­ga­la sogar jede drit­te Stim­me auf sich ver­ei­nen. Bezie­hungs­wei­se jede zwei­te, denn wei­te­re 14% der Anrufer/innen ent­schie­den sich für das gar nicht mal so schlech­te (aber auch nicht so tol­le), mid­tem­po­rä­re Duett ‘Nadie se Sal­va’, an dem Miki eben­falls mit­wirk­te. Wobei ich nicht begrei­fe, wes­we­gen, denn eigent­lich hat­te die in einem sport­lich-extra­va­gan­ten Out­fit auf­ge­bre­zel­te Haupt­in­ter­pre­tin Nata­lia (han­delt es sich bei der OT um ein musi­ka­li­sches Zeu­gen­schutz­pro­gramm oder war­um dür­fen die meis­ten Interpret/innen kei­nen Nach­na­men tra­gen?) die Num­mer gut im Griff, der sehr casu­al ange­zo­ge­ne und sehr schluf­fig agie­ren­de Miki zog die Dar­bie­tung hin­ge­gen visu­ell wie akus­tisch deut­lich herunter.

Car­los Right. Sein Zwil­lings­bru­der Car­los Left hat sich bereits von ihm distanziert.

Der bereits erwähn­te OT-Jahr­gangs­sie­ger Famous schaff­te es in der Euro­vi­si­ons­ga­la übri­gens nur auf den sieb­ten Rang. Was beweist, dass ein noch so gutes Aus­se­hen nichts nutzt, wenn der Song lang­weilt. Ein noch ein­drucks­vol­le­res Bei­spiel für die­se The­se lie­fer­te der Schön­ling Car­los Right, dem auch der aller­nied­lichs­te Hab-mich-lieb-Wel­pen­blick nichts half: sein nun wirk­lich ster­bens­ödes Lied­lein ‘Se te nota’ hol­te im Vor­ent­scheid mit nur einem Pro­zent der Anru­fe die Rote Later­ne. Unbe­ding­te Erwäh­nung ver­dient noch der Auf­tritt einer eben­falls nach­na­men­lo­sen Julia. Nicht zwin­gend wegen ihrer mit­tel­lang­wei­li­gen Bal­la­de ‘Qué quie­res que haga’, die sie auch nicht dadurch zu ret­ten ver­moch­te, dass sie ihre inne­re Ruth Loren­zo chan­nel­te und im Refrain stimm­lich bis zum Anschlag auf­dreh­te. Spre­chen müs­sen wir jedoch über das Büh­nen­bild: mit meh­re­ren Qua­drat­me­tern Roll­ra­sen und üppig wuchern­den Efeuran­ken, die bereits ein her­ren­lo­ses Fahr­rad und eine Park­bank ver­schlun­gen hat­ten und nun droh­ten, auch die Sän­ge­rin in ihr grü­nes Reich hin­ab­zu­zie­hen, woll­te sich Julia womög­lich eine ver­wun­sche­ne klei­ne Natur­oa­se inmit­ten all der Stu­dio-Künst­lich­keit schaffen.

Hro­he­ho? Nie!

Tat­säch­lich war­te­te man als Zuschauer:in aber atem­los dar­auf, dass Audrey, die bös­ar­ti­ge fleisch­fres­sen­de Pflan­ze aus dem Klei­nen Hor­ror­la­den, aus dem Dickicht her­aus zuschnap­pen und Julia mit einem Haps ver­schlin­gen wür­de. Das pas­sier­te jedoch lei­der nicht: eine der weni­gen Ent­täu­schun­gen des über­ra­schend pan­nen- und skan­dal­frei ver­lau­fe­nen Abends.

Viel Geschnat­ter und Behind-the-Sce­nes, wenig Lied: die Euro­vi­si­ons­ga­la der OT.

Vor­ent­scheid ES 2019

Ope­ra­ción Tri­unfo 2018. Sonn­tag, 20. Janu­ar 2019 aus dem Gest­mu­sic Ende­mol Stu­dio in Bar­ce­lo­na, Spa­ni­en. Zehn Teilnehmer:innen. Mode­ra­ti­on: Rober­to Leal.
#Inter­pre­tenSong­ti­telTele­vo­tingPlatz
01Mari­liaTodo bien06%06
02Sabe­laHoy soña­ré02%09
03Famous Obe­ro­goNo puedo más05%07
04Nata­liaLa Cla­ve06%05
05JuliaQué quie­res que haga03%08
06Miki Núñez La Ven­da34%01
07NoeliaHoy vuel­vo a reír otra vez07%04
08Car­los RightSe te nota01%10
09Nata­lia + Miki Núñez Nadie se salva14%03
10MaríaMuérde­me22%02

9 Comments

  • Was für eine genia­le Idee der Spa­ni­er den Sie­ger optisch als Maschie­nen­bau-Stu­den­ten antre­ten zu las­sen um ihn dann in Tel Aviv zu einem Ricky Mar­tin zu transformieren!
    So viel Luft nach oben in der Prä­sen­ta­ti­on & Aus­se­hen hab ich noch sel­ten erlebt, Livin’ la Vida Loca!

  • Der Revamp ist ja schon ange­kün­digt. Mal hören was am Ende noch von der jet­zi­gen Ver­si­on überbleibt.…
    Ansons­ten war das ges­tern viel Thea­ter um ziem­lich Nichts. Nichts was einen nur irgend­wie hin­ter dem Ofen vor­lockt. Eigent­lich war egal wer gewinnt, da war jeder Titel Kan­di­dat für die Bot­tom 5 im Finale.…

  • Ach du Sch.….
    Soll­te es einen Revamp geben, kann der nur dar­in bestehen alles, aber auch wirk­lich alles kom­plett aus­zu­tau­schen. Zuvor­derst das, was da auf der Büh­ne zu sehen ist. Zom­bies bewe­gen sich gra­zi­ler als die­se Gestal­ten da auf der Bühne.…

  • Erst­mal ROFL­MAO das hast Du mal wie­der extrem gut geschrie­ben – und ich weiß auch nicht genau, ob Song, Per­for­mance oder Sty­ling das Schlimms­te an dem Ding sind. Der mehr­fach woan­ders gele­se­ne Kom­men­tar “macht Lau­ne” unter­streicht für mich nur, dass es sich hier um tota­len Schrott han­delt. Erschre­cken­der­wei­se könn­te DEU dank unse­rer Kar­ne­vals­hoch­bur­gen eines der ganz weni­gen Län­der sein, die der Mitgröhl-Num­mer Tele­vo­ting­punk­te gibt.
    Car­los Right, echt? Den Nach­na­men hat­te ich noch nir­gends gele­sen; noch so ein ran­dom porn name gene­ra­tor Ding. Am bes­ten wie Frank­reichs Laut­ner auf eine Film­kar­rie­re fokussieren.

  • Jetzt lebe ich ein biß­chen gefähr­lich hier, denn ich mag “La Ven­da” ganz ger­ne – für mich der bes­te spa­ni­sche Bei­trag seit 2010. Von Bal­ler­mann höre ich da wenig, das ist Meren­gue (der­zeit nicht nur in Spa­ni­en, son­dern auch in Latein­ame­ri­ka ange­sagt) und the­ma­tisch spricht es vie­le den von wirt­schaft­li­chen Pro­ble­men geplag­ten Ibe­rern an. Was wäre denn die Alter­na­ti­ve gewe­sen ? Die­se poma­di­ge Maria, die einen Text mit sexu­el­len Anspie­lun­gen singt und dabei total lächer­lich wirkt ? Die Bal­la­den waren alle­samt auch nicht das Gel­be vom Ei. Mein Favo­rit wäre “Nadie se sal­va” gewe­sen, wur­de immer­hin noch Dritter.
    Ich wer­te mal mit 6 von 10 Punkten.

  • @mariposa – na ja, meren­gue- und Bal­ler­mann-Sound schlie­ßen sich ja nicht umbe­dingt aus. Und der “Sän­ger” (in der Hin­sicht sicher Bal­ler­mann-Qua­li­tät) wirkt vom Sty­ling her zwei­fel­los wirt­schaft­lich geplagt. Maria auch, aber immer­hin ist Sprach­ge­sang aus mei­ner Sicht immer noch bes­ser als Gegrö­le. All­ge­mein scheint TVE mit dem Kon­zept der Insze­nie­rung ähn­lich zu frem­deln wie der NDR.

  • Das war schon die rich­ti­ge Wahl, wenigs­tens zün­det die Bal­ler­mann-Num­mer im Gegen­satz zu der ver­korks­ten Lati­no-Hip-Hop Num­mer von Maria.

    Und beim letz­ten ESC hät­te man in der ers­ten Hälf­te des Fina­les drin­gend so einen Song zwi­schen all den drö­gen Bal­la­den gebraucht…

  • Ich fin­de das Lied gut. So klingt ein Song, der mög­li­cher­wei­se in die Top 10 kom­men kann. Auf jeden Fall end­lich mal wie­der ein Song aus Spa­ni­en, bei dem man das Tem­pe­ra­ment der Süd­eu­ro­pä­er erkennt. Macht Laune.

  • Die ande­ren Songs von OT ken­ne ich nicht, da ich in der Regel die inter­na­tio­na­len Vor­ent­schei­dun­gen nicht ver­fol­ge. Aber mir gefällt der Song gut, vor allem, im Ver­gleich zu den spa­ni­schen Schlaf­ta­blet­ten im letz­ten Jahr.

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