Mal­ta 2014: Stay­ing home

Jurys sind Wich­ser™: da tra­fen die mal­te­si­schen Tele­vo­ter aus­nahms­wei­se mal die rich­ti­ge Ent­schei­dung und bestimm­ten die auch von mir favo­ri­sier­te, fabel­haf­te Jes­si­ka Mus­cat und ihr camp­tas­ti­sches ‘Eupho­ria’-Deri­vat ‘Hyp­no­ti­ca’ zu ihrer Sie­ge­rin – prompt kom­men die Han­seln der inter­na­tio­nal besetz­ten Jury[ref]Der Prinz-Blog strickt bereits die nicht ganz halt­lo­se Ver­schwö­rungs­theo­rie, die aus­län­di­schen Juro­ren hät­ten absicht­lich für die­sen Mist gestimmt, um die Chan­cen ihrer eige­nen Län­der zu verbessern.[/ref] daher und über­stim­men sie mit der Macht ihres sie­ben­fach höhe­ren Voting­vo­lu­mens gna­den­los. Und was such­ten sie aus? Die (bei den Zuschau­ern viert­plat­zier­ten) Stra­ßen­mu­si­kan­ten von Fire­light und ihr hand­ge­mach­tes Folks­tück ‘Coming home’. Bri­ti­sche Blogs ver­gli­chen sie umge­hend mit der mir bis­lang unbe­kann­ten, aber auch hier­zu­lan­de nicht ganz erfolg­lo­sen Kapel­le Mum­ford & Sons, ande­re mit Gary Bar­low. Mich erin­nern sie ein wenig an Flor-de-Lis (PT 2009) bezie­hungs­wei­se die Kel­ly Fami­ly (DVE 2002) – nicht zuletzt, weil die Band zumin­dest teil­wei­se tat­säch­lich aus Geschwis­tern besteht, die Büh­nen­gar­de­ro­be mit “casu­al” noch freund­lich umschrie­ben ist und Lead­sän­ger Richard Mical­lef gele­gent­lich drein­blickt, als sei er als Kind aus gro­ßer Höhe auf den Kopf gefallen.


Immer­hin ordent­lich Muckis: Fire­lights Lead­sän­ger Richard

Noch nicht mal vor dem Ein­satz einer Zahn­span­gen-Mund­har­mo­ni­ka schre­cken die Fünf, denen ich in der Fuß­gän­ger­zo­ne sicher­lich einen Euro in den Hut wür­fe, zurück. Ihr Song ver­fügt sogar über ganz hüb­sche Har­mo­nien und ordent­li­chen Dri­ve, auch wenn der Refrain ein wenig schwä­chelt. Schick­te sie Mal­ta also zum Euro­päi­schen Wett­be­werb der Stra­ßen­mu­si­kan­ten, wären sie eine gute Wahl. Bei einem im Fern­se­hen über­tra­ge­nen Song Con­test, bei dem zumin­dest ich Gla­mour und Show sehen möch­te, sind sie indes fehl am Platz. Oder zeich­net sich hier der Trend für den ESC 2014 ab? Im zwei­ten Semi tref­fen Fire­light direkt auf den italo­schwei­ze­ri­schen Folk­bar­den Sebal­ter (als Star­gast eben­falls beim Mal­ta­song  ange­tre­ten und noch immer völ­lig unsyn­chron zur Musik sin­gend): Fans anti­zi­pie­ren bereits vol­ler Scha­den­freu­de ein töd­li­ches Folk-Duell zwi­schen den Bei­den. Und auch von den nie­der­län­di­schen Com­mon Lin­nets (1. Semi) dürf­te ein ähn­li­cher Sech­zi­ger­jah­re-US-Folk mit einem Coun­trytwist zu erwar­ten sein. Hof­fent­lich wird die Reling zum Anbin­den der Pfer­de vor der B&W‑Hallerne in Kopen­ha­gen lang genug!


Ver­mut­lich eben­falls kein Fina­list, aber unter­halt­sam: Jes­si­ka Muscat

In der zwei­ten Vor­run­de des schwe­di­schen Melo­di­fes­ti­valen zog unter­des­sen die Favo­ri­tin vie­ler Grand-Prix-Fans, die sie­ben­hun­dert­fa­che Mel­lo-Teil­neh­me­rin San­na Niel­sen, ins Fina­le wei­ter. In einem Wald aus Glas­per­len­schnü­ren ste­hend, into­nier­te sie ange­mes­sen dra­ma­tisch die sehr tref­fend beti­tel­te Bal­la­de ‘Undo’: ein Rat, den sie sich am Bes­ten selbst zu Her­zen genom­men hät­te, denn auch wenn das Stück in den Stro­phen über­zeu­gen konn­te, fehl­te ihm lei­der ein guter Refrain. Stot­tern allei­ne (“U‑u-u-undo”) genügt nicht! Mar­tin Sten­marck (SE 2005) arti­ku­lier­te mit ‘Nun, Eng­län­der, geh heim’ (‘När äng­lar­na går hem’) den Miss­mut der Schwe­den über die bis­si­gen Kom­men­ta­re zum Mel­lo in bri­ti­schen Euro­vi­si­ons­blogs und muss­te sich mit dem Trost­preis, der Andra Chan­sen, benü­gen, eben­so wie das ziem­lich ega­le Trio JEM mit dem ziem­lich ega­len ‘Love Trig­ger’ – Füll­stoff fürs Fina­le und die Grand-Prix-Dis­co, der leicht schmeckt und nicht belas­tet, aber auch kei­nen blei­ben­den Ein­druck hinterlässt.


Gleich zwei Klatsch­fal­len: San­na Niel­sen weiß zu verwirren

Den zwei­ten Final­ein­zug schaff­te die RnB-Band Pane­toz, was sich anhört wie eine nie­der­län­di­sche Pfann­ku­chen­si­rup­mar­ke. Und rich­tig: ganz süß sehen die Jungs auch aus. Ihr Haupt­ver­dienst besteht dar­in, die stein­al­ten Hill­bil­lys The Refresh­ments ver­hin­dert zu haben, die nicht nur einen gräss­li­chen Titel vor­tru­gen, son­dern dazu auch noch Stie­fel mit Tin­gel­tan­gel­b­ob-lan­ger Spit­ze, also Clown­boy­boots. Würg! Kei­ne Chan­ce bekam die Alca­zar-Gedächt­nis­band Pink Pis­tols – vier Homos, davon zwei als Drag-Queen und zwei als Kerl ver­klei­det, die einen klas­si­schen CSD-Feel­good-Dis­co­schla­ger mit semi­kämp­fe­ri­schem Gra­tis­mot­to (‘I am some­bo­dy’) ablie­fer­ten, wenn auch mit brat­zen­den E‑Gitarren gefäl­lig auf­ge­peppt. Als Kon­zept eine kla­re Zeit­rei­se in eine bes­se­re, lei­der ver­gan­ge­ne Epo­che so Mit­te der Neun­zi­ger Jah­re und damit selbst fürs Mel­lo etwa sechs Jah­re zu spät, den­noch der ein­zi­ge wirk­lich gute Bei­trag des gest­ri­gen Abends.


Die Anzü­ge schnei­der­te wohl ein Drei­jäh­ri­ger: The Refreshments


Immer­hin die Leder­maid sieht ganz nett aus, auch wenn die im Bett garan­tiert quietscht: die pin­ken Pistolen

Mal­ta schickt hand­ge­klampf­ten Fami­li­en­folk. Ein gutes Rezept?

  • Bit­te mach’s weg, und die­sen unse­li­gen Folk-Trend gleich mit. (41%, 20 Votes)
  • Gefällt mir aus­ge­spro­chen gut, ist der Trend 2014 und hat gute Final­chan­cen. (29%, 14 Votes)
  • Ich fin­de es vor allem skan­da­lös, dass mal wie­der der Zuschau­er­wil­le miss­ach­tet wur­de! (27%, 13 Votes)
  • Hat gegen Sebal­ter kei­ne Chan­ce, auch wenn ich das Stück char­mant fin­de. (4%, 2 Votes)

Total Voters: 49

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8 Comments

  • Ich fand die Refresh­ments gut und ste­he damit mal wie­der allei­ne da… naja…
    Für San­na Niel­sen konn­te ich mich lei­der nicht begeistern 🙁

    Das mal­te­si­sche Lied ist ganz gut, aber das wird den Erfolg von Gian­lu­ca nicht wie­der­ho­len können.

  • Au wei… Hyp­no­ti­ca ist ja ein noch schlim­me­rer Eupho­ria-Klon als unser Glo­rious. Kann mir gut vor­stel­len, dass die Jurys des­we­gen ein ande­res Liet bevor­zugt haben. Zurecht in dem Fall.
    Mit die­sem zwar irgend­wie net­ten aber auch belang­lo­sen Stück Folk ist aber erst recht kein Blu­men­topf zu gewinnen.

    Irgend­wie ist die­ser Jahr­gang bis­her reich­lich lahm. Wenn der bis­lang bes­te Bei­trag aus Weiß­russ­land(!) stammt, spricht das schon Bände.

  • Ja, das ist wirk­lich näher an “Eupho­ria” dran als “Glo­rious”. Viel näher.
    Aber trotz­dem bes­ser als der Sieger.

    Obwohl ich das mal­te­si­sche Fina­le nicht gese­hen habe, hat das Ergeb­nis mei­ne Ableh­nung inter­na­tio­na­len Juries gegen­über deut­lich gestei­gert. Obwohl ich nur “Hyp­no­ti­cal” und “Coming Home” kenne.
    Natür­lich wol­len sie die Chan­cen ihrer eige­nen Län­der stei­gern. Sie­he Schwe­den letz­tes Jahr. “Heart­break Hotel” mit dem völ­lig aus der Rei­he tan­zen­den Yohio hät­te vor­ne mit­spie­len kön­nen. Dass Robin Stjern­berg mit sei­nem 0815-Song nach Mal­mö fah­ren durf­te, lag ja nur an den inter­na­tio­na­len Juries. Die Ein­mi­schung aus­län­di­scher Juro­ren in natio­na­le Aus­wahl­ver­fah­ren ist neben den Mani­pu­la­tio­nen ein wei­te­res Pro­blem, das es anzu­pa­cken gilt. Das hat schon was von Wettbewerbsverzerrung.

  • Je öfter ich mir ‘Coming home’ antue, um so mehr Poten­ti­al sehe ich dar­in. Sie müss­ten nur die­se schreck­li­che Maxi Gar­den da an der Heim­or­gel zu Hau­se las­sen und einen schö­nen fet­ten Elek­tro­beat unter­mi­schen, dann wür­de dar­aus sogar eine rich­tig anhör­ba­re Nummer.
    Mein Hoff­nun­gen ruhen jetzt auf Island: wenn die ent­we­der Daryl Han­nah oder die lus­ti­gen Leh­rer schi­cken, buche ich schon mal den Flug nach Reykjavik.

  • Ehr­lich gesagt bin ich ganz froh, dass Mal­ta nicht die Eupho­ria-Kopie sen­det. Viel bes­ser ist das aus­ge­wähl­te Lied aller­dings auch nicht. Ich tip­pe auf ein ähn­li­ches Ergeb­nis wie bei Islands titel­glei­chem Bei­trag 2011. Qua­li­fi­ka­ti­on mög­lich, aber spä­tes­tens dort ist dann die hin­te­re Tabel­len­hälf­te gewiss.

  • irgend­wie erin­nert das voll an mum­ford & sons.
    aber das ist auch alles. die eupho­ria-kopie wäre auch kei­ne bes­se­re wahl gewe­sen. geht bei­des an einem ohr rein und am ande­ren wie­der raus.

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