Es waren in den Sechzigerjahren mehr oder minder stets dieselben Namen, die auf der Teilnehmer:innenliste der jugoslawischen Eurovisionsvorentscheidung auftauchten. Früher oder später gewann dann auch fast Jede:r von ihnen mal und durfte den Vielvölkerstaat beim Eurovision Song Contest vertreten. Eine, die das trotz beinahe durchgehender Präsenz bei der Jugovizija nie ganz schaffte, und das, obwohl sie laut Wikipedia die erfolgreichste Schlagersängerin des Balkanstaates sei, war Gabi Novak. Klingt ziemlich germanisch, dieser Vorname, werden Sie sich jetzt vielleicht denken, und liegen damit völlig richtig: die gute Gabi kam nämlich 1936 als Kind eines kroatischen Vaters und einer deutschen Mutter in Berlin zur Welt, von wo die Familie jedoch bei Kriegsausbruch auf die dalmatinische Insel Hvar floh.
Gabis Erster Schnee, hier bei einem Galaauftritt 2007.
1965 kam Frau Novak, die im Laufe ihrer Jahrzehnte umspannenden Karriere auch in einigen Schlagerfilmen mitwirkte, neben ihrer Haupterwerbsmusik aber auch Jazz-Alben veröffentlichte, und die 1973 den Sängerkollegen und Poeten Arsen Dedić ehelichte, der für viele ihrer Titel kompositorisch verantwortlich zeichnete, einem Eurovisionsauftritt so nahe wie nie: mit dem hübschen Schlager ‘Prvi Snijeg’ (‘Erster Schnee’) gelang ihr der zweite Platz bei der Jugovizija und ein Hit im Heimatland. Gabi trug beim Vorentscheid nur diesen einen Titel vor, womit sie im Starterfeld zu einer Minderheit gehörte: der gebürtige Slowene Vladimir “Lado” Leskovar sang gleich zwei Lieder, seine Schlagerkollegin und die punktgleiche Vorjahressiegerin Marjana Deržaj deren drei, darunter die ziellos mäandernde und folgerichtig nur das hintere Ende der Tabelle erblickende Nummer ‘Moj zlati sin’.
Ganz entschieden unentschiedenes Herumgeklimpere und “Ajajaj”-Geeiere: Marjanas Jugovizija-Beitrag ‘Moj zlati sin’ (Audio).
Es siegte (erneut) der jugoslawische ESC-Vertreter von 1963, Vice Vukov, der sogar ganze vier Songs im Rennen hatte. Mit einem davon, der Sehnsuchtsballade ‘Čežnja’, setzte er sich im Juryentscheid durch und durfte damit ein zweites Mal zum europäischen Wettsingen. Inhaltlich blieb er sich treu: wie schon bei seinem 1963er Titel ‘Brodovi’ (‘Schiffe’) bewegte er sich auch hier im maritimen Rahmen und beschmachtete das leise Flüstern der schäumenden Wellen des Meeres, welche den stimmungsvollen Hintergrund zu einer verträumten Liebesnacht am Strand der kroatischen Adriaküste lieferten. Wobei die Art seines tränenverhangenen Vortrages beim Contest in Neapel den Raum für eine zweite Textinterpretation öffnete, nach der es sich bei seiner Geliebten um keine reale Person aus Fleisch und Blut, sondern um das besungene Meer handelte, in welches er jeden Moment in suizidaler Absicht zu gehen gedachte. Mit diesem gefühlsstarken Auftritt traf Vukov bei den westeuropäischen Grand-Prix-Jurys jedoch auf taube Ohren und blinde Augen: er kehrte mit nur 2 Punkten nach Hause zurück. Ach, die Ignoranz!
Echte Emotion oder schiere Panik? Vice Vukov und sein gigantischer Kloß im Hals beim ESC in Neapel.
Vorentscheid YU 1965
Jugovizija. Samstag, 6. Februar 1965, aus dem Radnički Dom in Zagreb (heutiges Kroatien). Sieben Teilnehmer:innen. Moderation: Željka Marković. Achtköpfige Jury.# | Interpreten | Songtitel | Jury | Platz |
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01 | Vice Vukov | Čežnja | 16 | 01 |
02 | Marjana Deržaj | Škrat pri Klavirju | 00 | 12 |
03 | Đorđe Marjanović | Proletni Vetre | 06 | 04 |
04 | Mara Popovic + Trio Ivanovic | Osjećam se sam | 00 | 12 |
05 | Vice Vukov | Putuji Dani i Reke | 05 | 07 |
06 | Gabi Novak | Prvi Snijeg | 09 | 02 |
07 | Marjana Deržaj | To je moj Zlati Sin | 03 | 10 |
08 | Đorđe Marjanović | Stari kraj | 06 | 04 |
09 | Lado Leskovar | Sonata | 00 | 12 |
10 | Lado Leskovar | Vetar s Planine | 05 | 07 |
11 | Vice Vukov | Leni | 05 | 07 |
12 | Vice Vukov | O, Drugar moj | 03 | 10 |
13 | Marjana Deržaj | Vzemi moj Nasmeh | 06 | 04 |
14 | Krsta Petrović | U moro bih Spavao | 08 | 03 |
Letzte Aktualisierung: 03.03.21