Ach, wie soll da ein Mensch durchblicken in Aserbaidschan! Nach monatelangen Vorrunden, in denen zahllose Kandidaten bekannte Hits verstümmelten, trafen im heutigen Finale von Böyük Səhnə die letzten drei Überlebenden aufeinander, um vor einer fünfköpfigen Jury (unter Beteiligung von Eldar Qasımov [AZ 2011, Ell & Nikki] und dem schwedischen Komponisten Stefan Örn [u.a. ‘Running scared’]) um das Ticket nach Kopenhagen wettzusingen. Jeder der drei Kombattanten musste drei Songs, größtenteils ebenfalls Coverversionen, präsentieren. Am Ende gewann Dilarə Kazimova – wenig überraschend, denn bei der heutigen Show handelte es sich um eine Aufzeichnung vom Samstag, und ihr Sieg sickerte bereits gestern durch. Unter den neun Titeln befand sich ihr Beitrag für den Grand Prix dem Vernehmen nach aber nicht, den muss Stefan Örn anscheinend erst schreiben (oder Dilara muss noch an den richtigen Stellen Bakschisch entrichten, wer weiß das in Aliyews lustiger Erdöldiktatur schon so genau).
Backen ist der Eurovisionstrend 2014, auch im Land des Feuers! Dilarə Kazimova
Es bleibt zu hoffen, dass die Lara eine erfolgreiche Musikkarriere hinlegt, denn zur Hausfrau taugt sie schon mal nicht, wie sie mit der bizarren Küchenshow zu ihrer nicht minder bizarren Coverversion von Shirley Basseys ‘History repeating’ (oder, um es mit der Interpretin zu sagen, “His repeating” – hoffentlich kein zynischer Kommentar zur Lage in der Ukraine) unter Beweis stellte. Daneben sang sie noch eine hauptsächlich für das zweifache Trickkleid in Erinnerung bleibende, gecoverte Dance-Nummer und eine womöglich originale, unglaublich zähe Ballade ohne jeden Refrain namens ‘Impossible’. Hier kann ich nur hoffen und beten, dass sich das Stück nicht noch als Beitrag aus Baku entpuppt, denn die Nummer saugt einem jeglichen Lebenswillen aus! Dann doch lieber den leider unterlegenen Mitbewerber Erkin Osmanli, der den gayserbaidschanischen Cowboy gab und in einem inszenierten Saloon die ‘Girls, Girls, Girls’ anschmachtete – was er in etwa so überzeugend tat wie Elle seinerzeit bei Nikki. So langsam fragt man sich zwar, ob das Showbusiness am Kaspischen Meer ausschließlich tragisch veranlagte Männer anzieht, dafür war die Darbietung wenigstens lustig! Am 15. März sollten wir mehr über Dilarəs Song wissen, dann will sich Aserbaidschan offiziell erklären.
Die Siebziger haben angerufen und wollen ihre Koteletten zurück: Erkin
Ein bisschen mehr wissen wir bereits in Belgien – leider. Beim heutigen zweiten Semifinale des Eurosong setzten sich im Jury-Televoting-Mix zwei Balladen durch, die zwar jeweils anrührende persönliche Geschichten erzählten, musikalisch aber absolut einschläfernd daherkamen. Dies gilt sowohl für das zweisprachig auf französisch (die stolpernden Strophen) und englisch (der jaulende Refrain) vorgetragene, selbst geschriebene ‘Need you tonight’ von Yass Smaali, der im Einspieler die illegalen Übernachtungsplätze in Pariser Parkhäusern präsentierte, wo er als mittelloser Musiker noch vor wenigen Jahren schlafen musste; als auch für das mit enervierend hoher Jammerstimme intonierte Klagelied über die Mühen einer Fernbeziehung, ‘What’s the Time in Tokio’, mit der die ehemalige Trance-Vorzeigefrau Silvy de Bie (einst Sylver, heuer solo als Sil) ihren Wechsel ins Balladenfach zu festigen suchte. Offenbar erfolgreich, wie ihr Spitzenplatz bewies.
Diese Obdachlosen könnten jederzeit bei mir übernachten: Yass & seine Plattenbrüder
Auf der Strecke blieb ein mit viel Glitter und schnuckligen Tänzern geschmücktes, grottenödes Null-Acht-Fünfzehn-Stilmix-Stück von Axeela und ein unter anderem von Ovidiu Cernăuţeanu, dem aktuellen rumänischen Eurovisionsvertreter, komponierter, ein bisschen an den 2011er Welthit ‘We no speak Americano’ erinnernder, rundweg sensationeller Dance-Smasher mit dem Titel ‘She’s after my Piano’, den die Truppe um den vom vermutlich dauernden Einwurf chemischer Glückskeulen etwas ausgezehrt wirkenden belgischen DJ 2Fabiola und seine Sängerin Loredana mit großem Zirkus auf der Bühne darbrachten, inklusive Bastian Pastewka als Zaubermeister. Sogar von der als Jurorin anwesenden Ruslana (UA 2004) heimsten sie Begeisterungsstürme für die fabelhafte Handography ein. Und wenn jemand was davon versteht, wie man einen Dance-Klopper mit spektakulärer Choreografie zum Siegertitel macht, dann ja wohl unsere Karpaten-Uschi! Das wäre also die so dringend wie immer benötigte Spaß-Injektion für den Contest gewesen, doch den Belgiern stand der Sinn offenbar mehr nach einem ausgedehnten Schläfchen. Schade!
Mein Ohrwurm für das nächste halbe Jahr: 2Fabiola + Loredana
Allein dafür, dass sie mit History Repeating eines meiner Lieblingslieder zu Tode ge-overactet und zersungen hat, gehört sie schon mal in die ewige ESC-Hölle verbannt.
Widerwärtig!!!
Hätten Ovi und Paula das Lied mal lieber selbst gesungen. Das würde zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Wir hätten es jetzt mit besseren Vocals beim ESC und Miracle wäre uns erspart geblieben. Grausame Welt.
[…] immer aus schwedischer Feder (der Komponist Stefan Örn saß auch in der Jury, die Dilara Kazimova auswählte), auf einen ernst zu nehmenden Refrain. Lässt mich trotz der wunderschönen Instrumentierung mit […]