Unser Song für Öster­reich 2015: You can win if you want

Er geht als einer der ganz gro­ßen, his­to­ri­schen Ereig­nis­se in die deut­sche Grand-Prix-Geschich­te ein: der über­ra­schen­de TV-Moment, als der Sie­ger eines über wei­te Stre­cken musi­ka­lisch lang­wei­li­gen, wenn auch glanz­voll pro­du­zier­ten Vor­ent­scheids nach sei­ner Akkla­ma­ti­on die Kro­ne zurück­gab und erklär­te, die Publi­kums­wahl nicht anzu­neh­men. Er sei nur schließ­lich nur “ein klei­ner Sän­ger” und die Zweit­plat­zier­te Ann Sophie Dür­mey­er “viel geeig­ne­ter und qua­li­fi­zier­ter,” das Land in Wien zu ver­tre­ten, sprach der Unser-Song-für-Öster­reich-Gewin­ner Andre­as Küm­mert der Mode­ra­to­rin Bar­ba­ra Schö­ne­ber­ger ins Mikro­fon. Womit er zwei­fel­los Recht hat­te: die 24jährige gebür­ti­ge Lon­do­ne­rin gewann bereits beim vor­an­ge­gan­ge­nen Nach­wuchs­wett­be­werb die Wild­card für die USFÖ-Final­teil­nah­me auf­grund ihrer selbst attes­tier­ten Eigen­schaft als “Ram­pen­sau”. Sie brann­te für die Kon­kur­renz, wäh­rend dem boden­stän­di­gen Küm­mert die gro­ße Glit­zer­ma­schi­ne Song Con­test eher Angst zu machen schien. Wuss­te er von der unlängst auf­ge­deck­ten Ver­schwö­rung der Grand-Prix-Fans gegen häss­li­che mit­tel­al­te Män­ner? Oder erkann­te der wie Cat­weaz­le aus­se­hen­de Fran­ke mit der Joe-Cocker-Röh­re schlicht in letz­ter Sekun­de, dass er ein­fach nicht für die gro­ße Büh­ne gemacht ist?

Der Not­na­gel zu sein: Ann Sophie kümmert’s wenig.

So spek­ta­ku­lär und unter­halt­sam, wie der Abend ende­te, begann er auch: den Auf­takt von Unser Song für Öster­reich mach­te uns kei­ne Gerin­ge­re als die fabel­haf­te Vor­jah­res­sie­ge­rin Con­chi­ta Wurst, die in einem tief dekol­le­tier­ten, wei­ßen Abend­kleid noch­mals ihren Titel ‘Rise like a Phoe­nix’ zum Bes­ten gab (sowie spä­ter im Pau­sen­pro­gramm ihre aktu­el­le Sin­gle ‘You are unstoppable’) und anschlie­ßend die glän­zend auf­ge­leg­te Gast­ge­be­rin Bar­ba­ra Schö­ne­ber­ger (tief dekol­le­tier­tes, schwar­zes Abend­kleid) mit einem Geburts­tags­ständ­chen emp­fing. Frau “Fleisch­ber­ger”, wie sich Bab­si in Anspie­lung auf eine ihrer zahl­rei­chen Jobs als Wer­be-Tes­ti­mo­ni­al für schlech­ten Fleisch­sa­lat der zur Fir­men­grup­pe des baye­ri­schen Mol­ke­rei-Nazis Alo­is Mül­ler gehö­ren­den Fein­kost­fir­ma Homann, aber auch ihre dral­le Figur selbst titu­lier­te, und die im Gegen­satz zu Con­chi­ta ihr Dekol­le­té nicht zu knapp füll­te, unter­hielt durch herr­lich poli­tisch unkor­rek­te Scher­ze (“Aus­tra­li­en gehört nicht zu Euro­pa. Na und? Grie­chen­land auch nicht und die dür­fen auch mit­ma­chen!”) und führ­te mit Gran­dez­za und Selbst­iro­nie durch einen Abend des musi­ka­li­schen Mittelmaßes.

Der mani­fes­tier­te sich bereits bei den ers­ten von ins­ge­samt acht Kombattant:innen um die Fahr­kar­te nach Wien, den X‑Factor-Sie­gern von 2012: Mrs. Green­bird, ein auch im ech­ten Leben zusam­men­le­ben­des Hete­ro­duo aus dem Köl­ner Raum, die in der Cas­ting­show mit Folk­ver­sio­nen inter­na­tio­na­ler Hits für Auf­se­hen sorg­ten und dar­auf­hin ein Gold­al­bum lan­den konn­ten. Ihr nied­lich-plon­ke­ri­ges ‘Shi­ne, Shi­ne, Shi­ne’ klang wie eine ent­kof­fe­inier­te Die-Schlümp­fe-Fas­sung von ‘Calm after the Storm’ (NL 2014), nur dass die Grün­schnä­bel nicht über den Sinn für Stil der Com­mon Lin­nets ver­füg­ten, son­dern in schreck­lich krib­bel­bun­ten Kla­mot­ten aus der Hip­pie-Alt­klei­der­samm­lung per­form­ten. Im Vor­feld auf­grund ihrer media­len Bekannt­heit zu den Anwärter:innen für das Ticket gezählt, erreich­ten sie noch nicht mal die zwei­te Run­de, wie auch die Mit­tel­al­ter-Spiel­leu­te der kom­mer­zi­ell durch­aus erfolg­rei­chen Pagan-Kapel­le Faun, zu deren Auf­tritt die gran­dio­se Ber­li­ner Drag­queen Nina Que­er pos­te­te: „Wenn ich eine Grup­pe wie Faun im Fern­se­hen sehe, fängt es mich am gan­zen Kör­per an zu jucken. #Her­pes­zos­ter“. Und damit ist eigent­lich auch schon alles Essen­ti­el­le zu ‚Hörst Du die Trom­meln?‘ gesagt.

I say de uh – uh – uh, de ah – ah – ah: Mrs. Green­bird (plus Play­list mit den ver­füg­ba­ren Titeln in Auftrittsreihenfolge).

Die gro­ßen Fan-Favo­ri­ten Fah­ren­haidt, bestehend aus einem deut­schen Song­schrei­ber-und-Pro­du­zen­ten-Duo, das bereits für die dia­bo­li­schen Wer­ke des Jam­ba-Mar­ke­ting­höl­len-Hasen Schnuf­fel ver­ant­wort­lich zeich­ne­te, und der däni­schen Sän­ge­rin Aman­da Peter­sen, schie­den mit ihrem super­lah­men Ambi­ent­ge­sül­ze ‚Fro­zen Silence‘ völ­lig zu Recht aus. Da hal­fen auch die beleuch­te­ten Tutus der Tän­ze­rin­nen und die im UV-Licht pul­sie­ren­den Qual­len nichts, mit denen die Eso-Ökos die Büh­ne deko­riert hat­ten. Auch mei­nen per­sön­li­chen Lieb­ling Noi­ze Gene­ra­ti­on mit sei­nem melo­di­schen Dance-Brett ‚A Song for you‘ traf es: viel­leicht kei­ne gute Idee des aus­ge­spro­chen jung wir­ken­den, in der Ukrai­ne gebo­re­nen und in Fran­ken auf­ge­wach­se­nen Jew­ge­ni Grisch­bow­ski, wie der Mann hin­ter dem Musik­pro­jekt im ech­ten Leben heißt, im Ein­spie­ler zu erwäh­nen, dass er für sei­ne Auf­trit­te als DJ bis vor kur­zem noch einen „Mut­ti-Schein“ brauch­te. Auch sein schwe­di­scher Front­sän­ger Patrik Jean (bür­ger­lich: Jean Patrik Ols­son) wirk­te etwas unbe­hol­fen und stel­len­wei­se stimm­lich unsi­cher. Bei­de lie­ßen sich von beleuch­te­ten Robo­cops umtan­zen, die wohl an Daft Punk ange­lehnt sein soll­ten, tat­säch­lich aber eher an den tra­gi­schen Mis­ter Fis­to aus dem deut­schen Vor­ent­scheid 1986 erin­ner­ten. Scha­de: eine sol­che Upt­em­po­num­mer hät­ten wir in Wien drin­gend brau­chen kön­nen. So muss Jew­ge­ni viel­leicht noch mal ein, zwei Jah­re auf die Wei­de, darf dann aber ger­ne noch mal wie­der kommen.

Der Tanz der glü­hen­den Mumus: Fahrenhaidt.

In den Recall schaff­te es hin­ge­gen der sin­gen­de Trau­er­kloß Ale­xa Feser. Die Wies­ba­de­ner Sin­ger-Song­wri­te­rin durf­te daher neben dem text­lich tat­säch­lich tief­sin­ni­gen und nach­denk­li­chen sowie musi­ka­lisch für ihre tra­ni­gen Ver­hält­nis­se bei­na­he schon pop­pi­gen Stück über das ‚Glück‘, das sie live gegen­über der deut­lich bes­se­ren Stu­dio­fas­sung lei­der unnö­tig ver­jo­del­te, dort zusätz­lich das nun wirk­lich depri­mie­ren­de Befind­lich­keits­ge­susel ‚Gold von mor­gen‘ vor­stel­len. In der zwei­ten Abstim­mungs­run­de teil­ten sich die Anru­fe dann mut­maß­lich so gleich­mä­ßig auf die bei­den Lie­der auf, dass es die Prot­ago­nis­tin der Neu­en Deut­schen Wei­ner­lich­keit™ her­aus­trug. Zu mei­ner gro­ßen Bestür­zung wur­de aber auch das Damen­quar­tett Laing Opfer des blöd­sin­ni­gen For­ma­tes. Die vier Ber­li­ne­rin­nen prä­sen­tier­ten mit ‚Zeig Dei­ne Mus­keln‘ zunächst eine hoch­gra­dig amü­san­te und melo­disch hoch infek­tiö­se Elek­tro­num­mer über den Posing­wahn in Fit­ness­stu­di­os, zu dem sie bei einem Besuch in einer Wie­ner Mucki­bu­de inspi­riert wor­den sei­en. Pas­send zum The­ma stram­pel­ten sie im bereits ange­schwitz­ten Trai­nings­an­zug auf Fit­ness­rä­dern und lüpf­ten gele­gent­lich den Po, was ins­ge­samt eine herr­li­che Cho­reo­gra­phie ergab und ihnen in eng­li­schen Fan-Foren sofort den Bei­na­men „Gym Liz­zi­es“ ein­trug. Trotz der kör­per­li­chen Anstren­gung schlu­gen sie sich stimm­lich wacker.

Zei­gen uns den Tri­zeps, Bizeps: Laing.

Son­nen­klar, dass wir mit die­ser außer­ge­wöhn­li­chen und wit­zi­gen Upt­em­po­num­mer im Meer der drö­gen Bal­la­den des Wie­ner Wett­be­werbs einen Top-Ten-Platz abge­räumt hät­ten. Doch so, wie die Österreicher:innen in ihrem eige­nen Vor­ent­scheid die the­ma­tisch ver­wand­te und ähn­lich lus­ti­ge Num­mer ‚Fit­ness­trai­ning‘ der gran­dio­sen Miz­ge­bo­nez ver­schmäh­ten, ver­zich­te­ten auch die Deut­schen auf erfolg­ver­spre­chen­den Spaß, was aber eben auch dem Abstim­mungs­ver­fah­ren geschul­det sein mag. Denn auch der zwei­te Bei­trag der Fit­ness­stu­dio­les­ben, ‚Wech­selt die Beleuch­tung‘, dem ich im Vor­feld kei­ner­lei Bedeu­tung bei­maß, erwies sich live als wei­te­rer Knal­ler: zwar musi­ka­lisch deut­lich ruhi­ger, aber auch hoch­wer­ti­ger wir­kend und mit Laings Mar­ken­zei­chen, dem Mikro­fon­stän­der mit kom­bi­nier­ter Schreib­tisch­lam­pe (bri­ti­scher Spott: „der bes­te Ein­satz der Ver­hör­lam­pe seit der Gesta­po“) und Trick­klei­dern optisch ein­drucks­voll dar­ge­bo­ten. Schwer, hier ein Urteil zu fäl­len, wel­cher der bei­den Bei­trä­ge der bes­se­re war, und so dürf­ten sich die Zuschau­er­stim­men auch hier auf­ge­split­tet haben (die genau­en Ergeb­nis­se blieb uns der nur auf dem Papier “öffent­lich”-recht­li­che NDR skan­da­lö­ser­wei­se mal wie­der schuldig).

Dop­pel­te Chan­ce – kein Sieg: den Deut­schen ist nicht zu helfen.

So stan­den sich im Super­fi­na­le also Lena May­er-Land­rut und Max Mutz­ke gegen­über, bzw. ihre dies­jäh­ri­gen Wiedergänger:innen Ann Sophie Dür­mey­er und Andre­as Küm­mert. Wobei der auch in der Pres­se ger­ne bemüh­te Ver­gleich von Lena mit Ann Sophie ein biss­chen unfair anmu­tet – näm­lich der Euro­vi­si­ons­sie­ge­rin von 2010 gegen­über, denn zwar ver­füg­te die Ham­bur­ger Soul­stim­me über min­des­tens so viel Ehr­geiz und Sie­ges­wil­len wie die Han­no­ve­ra­ner Gym­na­si­as­tin, dafür ging ihr aber der elfen­haf­te Zau­ber Lenas und deren (dama­li­ge) jugend­li­che Unbe­küm­mert­heit und Fri­sche voll­stän­dig ab. Sie kam nicht mit ihrem Club­kon­zert-Titel ‚Jump the Gun‘ – den mit dem mar­kan­ten Rülp­ser zum Auf­takt – in die End­run­de, son­dern mit dem von ihr selbst bevor­zug­ten rockig-souli­gen Aller­welts­song ‚Black Smo­ke‘, den sie nach eige­ner Erzäh­lung auf der Pres­se­kon­fe­renz bereits beim Vor-Vor­ent­scheid sin­gen woll­te, dafür aber kei­ne Frei­ga­be von den Song­au­to­ren bekam, weil die­se den Titel kei­ner New­co­me­rin anver­trau­en woll­ten. Nach ihrem Wild­card-Sieg durf­te sie – und wur­de in der End­ab­stim­mung mit 21,3% der Stim­men kla­re Zweite.

Lei­der nur noch in der kas­trier­ten Fas­sung erhält­lich: ‘Jump the Gun’ bei einer Pre-ESC-Party.

Andre­as Küm­mert, der sei­ne bei­den Auf­trit­te mit vier­zig Grad Fie­ber und in einem Out­fit absol­vier­te, als käme er gera­de von der Gar­ten­ar­beit, schien trotz der schluf­fi­gen Erschei­nung bei der Prä­sen­ta­ti­on sei­ner zwei (musi­ka­lisch glei­cher­ma­ßen voll­kom­men belang­lo­sen) Bei­trä­ge völ­lig bei sich zu sein: sei­ne Stim­me war wirk­lich beein­dru­ckend, der Gesang feh­ler­frei. Mit ‚Heart of Stone‘, einer zumin­dest nicht ganz so lah­men Soul-Rock-Num­mer, zog er ins Super­fi­na­le (schon da schien er eher ent­setzt als erfreut) und gewann locker mit beein­dru­cken­den 78,7% der Anru­fe. Bar­ba­ra Schö­ne­ber­ger schien zu wis­sen, dass er ein Wackel­kan­di­dat sein könn­te, und wand­te sich an den bereits von einem aufs ande­re Bein hüp­fen­den Bar­den: „Wir sind gespannt, was jetzt pas­siert. Bist Du bereit, Dei­nen Song noch­mal für uns zu per­for­men?“ War er nicht – und über­ließ der sicht­lich ver­dutz­ten Dür­mey­er frei­wil­lig das Ticket nach Wien. Die von Schö­ne­ber­ger dar­auf­hin eilig zur Reprä­sen­tan­tin Deutsch­lands beim 60. Con­test aus­ge­ru­fe­ne Sän­ge­rin wuss­te kaum, wie ihr geschah, und frag­te das (für Küm­mert) buhen­de Saal­pu­bli­kum: „wollt ihr das über­haupt“? Wor­auf­hin der bis dahin sehr sou­ve­rän agie­ren­den Bab­si kurz­zei­tig die Fel­le weg­zu­schwim­men schie­nen: „das wol­len sie!“ bestimm­te sie brüsk.

Mehr Anti-Gla­mour geht nicht: der Herr Kümmert.

Was im Nach­hin­ein zu den unver­meid­li­chen Ver­schwö­rungs­theo­rien führ­te, die­ser spek­ta­ku­lä­re Aus­gang und das Ergeb­nis sei­en bereits im Vor­feld abge­spro­chen gewe­sen und Bar­ba­ra habe ihre Vor­ga­ben durch einen Funk­emp­fän­ger in ihrer sen­sa­tio­nel­len Mar­ge-Simpson-Fri­sur erhal­ten. Ist natür­lich Quatsch: dass Frau Schö­ne­ber­ger nun­mehr macht­voll auf ein ver­bind­li­ches Ergeb­nis drän­gen muss­te, um am Ende der Sen­dung eine/n deutsche/n Euro­vi­si­ons-Ver­tre­ter/in prä­sen­tie­ren zu kön­nen, ver­steht sich von selbst. Daher muss­ten auch alle For­de­run­gen, die Abstim­mung zu wie­der­ho­len und Ale­xa Feser und Laing mit ein­zu­be­zie­hen, fehl gehen: bei der Ent­sen­dung des Zwei­plat­zier­ten bei Aus­fall des Sie­gers han­delt es sich um ein voll­kom­men übli­ches und von der ARD bereits bei den nach­träg­li­chen Dis­qua­li­fi­ka­tio­nen im Zuge der Vor­ent­schei­dun­gen von 1976 und 1999 prak­ti­zier­tes Ver­fah­ren. Man kann Küm­merts anschlie­ßend in den Medi­en breit kri­ti­sier­te Ver­wei­ge­rungs­hal­tung übri­gens auch so inter­pre­tie­ren wie z.B. Julia Frie­se in der Welt: “Pop, erin­nert sich der Zuschau­er, das gab es ja auch mal ohne Cas­ting-Chall­enge-Gehor­sam. Statt das Publi­kum um Gunst anzu­bet­teln, kann man es ja auch ein­fach mal belei­di­gen. Ihr habt für mich ange­ru­fen. Wie rüh­rend. Glaubt nicht, dass ich des­we­gen jetzt das mache, was ihr wollt”. Das sei, so die Jour­na­lis­tin, “ein biss­chen Kin­ski” und “sehr sexy”.

Der legen­dä­re Moment: Andre­as Küm­mert sein Sieg nicht.

Ihr Kol­le­ge Ste­fan Kuz­ma­ny sti­li­sier­te beim Spie­gel Küm­mert für sei­nen uner­war­te­ten Ver­zicht gar zum neu­en Hel­den der Männ­lich­keit, zumal der Euro­vi­si­on Song Con­test einer “der weni­gen Orte im Main­stream-Fern­se­hen” sei, “wo que­e­re Kul­tur mas­sen­taug­lich gemacht” wer­de. “Beim ESC wer­den Geschlech­ter­rol­len auf­ge­ho­ben und vor einem Mil­lio­nen­pu­bli­kum neu ver­han­delt. Küm­merts Absa­ge ist Teil die­ses mas­sen­me­dia­len Aus­hand­lungs­pro­zes­ses. Dem Rol­len­mo­dell des Man­nes in der Kri­se ver­schafft sei­ne Ver­wei­ge­rung gesell­schaft­li­che Akzep­tanz. Wur­de der Zweif­ler bis­her gern als Ver­lie­rer beschrie­ben, kann das von jetzt an nicht mehr umfas­send gel­ten: Andre­as Küm­mert hat ihn im ers­ten deut­schen Fern­se­hen ganz neben­bei zum Sie­ger­ty­pen umde­fi­niert.” Das mag nun wie­der­um zwei Num­mern zu dick auf­ge­tra­gen sein, erscheint mir jedoch als deut­lich sym­pa­thi­sche­re Les­art gegen­über den empör­ten Äuße­run­gen in den Kom­men­tar­spal­ten der hei­mi­schen Grand-Prix-Blogs, aus denen teils eine völ­lig über­zo­ge­ne Anspruchs­hal­tung durch­schim­mer­te, nach wel­cher Küm­mert spä­tes­tens mit sei­ner Anmel­dung zum Euro­vi­si­ons-Vor­ent­scheid jeg­li­ches Selbst­be­stim­mungs­recht ver­wirkt und nun um jeden Preis sei­ner patrio­ti­schen Pflicht nach­zu­kom­men habe. Was natür­lich Quatsch ist, denn kein Mensch muss irgend­et­was. Das ein­zi­ge, das jede:r von uns muss, ist irgend­wann mal ster­ben. Ansons­ten müs­sen wir gar nichts.

Die armen Zuschau­er, die jetzt 14 Cent in den Sand gesetzt haben! Ein Skandal!

Unser Song für Österreich

Deut­sche Vor­ent­schei­dung 2015. Don­ners­tag, 05.03.2015, aus der Are­na in Han­no­ver. 8 Teilnehmer:innen, Mode­ra­ti­on: Bar­ba­ra Schö­ne­ber­ger. Tele­vo­ting mit Superfinale.
#Inter­pre­tenSong­ti­tel1. Run­de2. Run­deTele­vo­teCharts
01Mrs. Green­birdShi­ne, Shi­ne, Shinex
02Ale­xa FeserGlückQx63
03FaunHörst Du die Trommeln?x
04Noi­ze Gene­ra­ti­on + Patrik JeanSong for youx
05Ann Sophie DürmeyerJump the GunQx
06Fah­ren­haidtFro­zen Silencex
07LaingZeig Dei­ne MuskelnQx
08Andre­as KümmertHome is in my HandsQx51
09Ale­xa FeserDas Gold von morgen-x
10Ann Sophie DürmeyerBlack Smo­ke-Q21,3%29
11LaingWech­selt die Beleuchtung-x
12Andre­as KümmertHeart of Stone-Q78,7%12

Letz­te Aktua­li­sie­rung: 01.02.2022

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12 Comments

  • Sehr schön for­mu­liert, Oli­ver 🙂 Ganz im Gegen­satz dazu die gequirl­te Schei­ße der so genann­ten Journaille…
    Hof­fent­lich ist die gest­ri­ge Ent­schei­dung nicht nur ein Not­na­gel, son­dern auch der sprich­wört­li­che Sarg­na­gel für das unsäg­li­che USFÖ-Format.

  • Son­nen­klar, dass wir mit die­ser außer­ge­wöhn­li­chen Upt­em­po­num­mer in Wien einen Top-Ten-Platz abge­räumt hätten.”

    Ach ja? So wie Twin Twin letz­tes Jahr? Oder Sébas­tien Tel­lier 2008? Wann genau hat bit­te eine außer­ge­wöhn­li­che Upt­em­po­num­mer das letz­te Mal den Wett­be­werb gewon­nen? (Nein, “Eupho­ria” zählt nicht, und “Satel­li­te” eben­so­we­nig. Das sind bei­des bes­ten­falls Mid­tem­po­num­mern.) Sor­ry, aber du hast dich bis­her von Kaf­fee­satz­le­se­rei die­ser Art fern­ge­hal­ten, und ehr­lich gesagt – wem bringt das irgend­was? Genau das ist der Grund, wes­halb ich mich von Vor­ent­schei­den so gut ich kann fern­hal­te – in der Frus­tra­ti­on, dass “das fal­sche Lied” aus­ge­schie­den ist, sagt man manch­mal Din­ge, die nicht unbe­dingt all­zu viel Sinn ergeben.

  • Lie­ber Oli­ver, ich bin ein biss­chen ent­täuscht. Ich hät­te jetzt tat­säch­lich auch eine wil­de Ver­schwö­rungs­theo­rie erwartet. 😉

    Scherz bei­sei­te. Das ist so auch mehr oder weni­ger mei­ne Sicht des gest­ri­gen Abends. Man muss das nicht unbe­dingt gut fin­den, aber so gab es zumin­dest auch bei uns mal ein biss­chen Dra­ma und nicht nur in Weiß­russ­land und Aserbaimenien.

  • Irgend­wie Glück gehabt! Eine Augen­wei­de sind die Auf­trit­te von Herrn K. ja nicht gera­de. Und sei­ne Lie­der waren viel­leicht vor­vor­ges­tern modern. Mit dem “schwar­zen Rauch” kann ich leben, auch wenn die Per­for­mance von Ann Sophie noch opti­miert wer­den muss. Wenigs­tens schi­cken wir kei­ne Bal­la­de nach Wien.

  • Fein fein geschrie­ben – so hät­te ich es auch for­mu­lie­ren mögen, denn die Gedan­ken sind ähn­lich. Seit ges­tern übri­gens hat Laing einen Fan mehr – ich has­se Spin­ning, seit dem ich mal in so einem Fit­ness-Cen­ter den Spie­gel durch mei­nen Schweiß zum Beschla­gen brach­te, dass das Was­ser auf­ge­sam­melt wer­den muss­te, aber seit ges­tern abend ist dank Laing (ich glau­be übri­gens auch, dass es ein guter Griff für uns in Wien gewe­sen wäre) ist die­se Spin­nen-pho­bie über­stan­den. Und Trick­klei­der wie bei der “light-show” lie­be ich eh… Schön auch immer Dei­ne Hin­wei­se auf Kom­men­ta­re ande­rer “Exper­ten” (z.B. der von Nina Que­er). Liest sich wie­der prima. 🙂 

    Aber zurück zu Herrn Küm­mert, des­sen Name sich heu­te mor­gen im Büro zu aller­lei Scherz­chen (B.Kümmert ist ver­küm­mert, weil er sich nicht G.Kümmert hat) eig­ne­te, die­ses Nes­teln an sei­nem Pul­li schon bei der Schal­te in den Green­room vor der Fina­lis­ten­ver­kün­di­gung, wenn er sich so schon in den Pro­be­ta­gen zuvor prä­sen­tier­te, konn­te Bab­si Fleisch­ber­ger schon ahnen, was pas­sie­ren könn­te. Es ist pas­siert und las­sen wir Ann-Sophie doch ihren Job – sie war näm­lich ges­tern tat­säch­lich die mit dem meis­ten Biss auf den ESC-Job – in Wien gut machen. Das wird schon, bla­mie­ren wer­den wir uns nicht.

    Die­ser unbe­ding­te Sie­ges­wil­le (nein, es wird schon nicht zum Sto­ckerl rei­chen^^) zeich­ne­te ja schon Seve­ri­ne, Vicky und eini­ge ande­re aus, die ein­fa­che Melod­e­ien zu Erfolg ver­hol­fen. Neben den vie­len Bal­la­den tut so ein flot­tes Ding ja auch ganz gut – Jan Ola Sand wird sich beim Ein­sor­tie­ren dar­über freuen.

  • Ich kann immer noch nicht nach­voll­zie­hen, was ges­tern abge­gan­gen ist! Jetzt wer­den wir also von einer Frau ver­tre­ten, die mit 21,3 : 78,7 ver­lo­ren hat und das Lied mehr schreit als singt. Schon wie­der ein ESC mit gerin­gen Erwar­tun­gen an den deut­schen Bei­trag! Wenigs­tens kann mich Ann-Sophie dann nicht enttäuschen.

    Dann lie­ber Laing, auch wenn ich “Zeig dei­ne Mus­keln” im ers­ten Moment grau­sig fand. Aber das ist nicht halb so schlimm, wie der Mist, der da jetzt als deut­scher Bei­trag in Wien dar­ge­bo­ten wird. Mal abge­se­hen davon, dass ich die gan­ze Zeit das Gefühl hat­te, dass Frau Schö­ne­ber­ger für Ann-Sophie Par­tei ergrif­fen hat, weil sie ja schon durch das Club­kon­zert bekannt war.

    Und es wäre so gut gewor­den mit Andre­as Küm­mert. Aber Andre­as küm­mert ja der ESC nicht und des­we­gen lässt er dann eine Minu­te nach sei­ner Wahl die Bom­be plat­zen. Hof­fent­lich bemerkt er wenigs­tens, was er ange­rich­tet hat!

  • Bzw. nach einer Minu­te und vier­zig Sekun­den! Doch so lange!
    Grand-Prix-Rück­tritt nach nur ein­hun­dert Sekun­den. Ich habe Andre­as’ dum­me Akti­on noch ein­mal zu Gemü­te gefühlt. Das war ja fast schon süd­län­disch, die­ses Dra­ma! Aus­ge­rech­net in Han­no­ver, an der media­len Grab­stät­te von Zlatko.

  • Auf Oiko­t­i­mes hat sich übri­gens einer der dor­ti­gen Autoren (ein Grie­che, natch) über den im Text erwähn­ten Grie­chen­land-Witz fürch­ter­lich echauf­fiert. Jaja, die bösen Deut­schen mal wieder…

  • Das ist halt unse­re Ant­wort auf deren Ange­la-Mer­kel-Nazi-Kari­ka­tu­ren. 😉 Dan­ke, Bar­ba­ra Fleischberger!

  • Dan­ke für den wun­der­bar geschrie­be­nen Bericht !!!

    Für mich war das eigent­li­che Dra­ma des Abends nicht die kümmer(t)liche Absa­ge, son­dern – und das kennt man ja von inter­na­tio­na­len VEs – dass es mal wie­der nur gute Songs mit schwa­chen Per­for­man­ces und schwa­che Songs mit guten Per­for­man­ces gab, also unterm Strich nur Mit­tel­maß. So sind mei­ne Favo­ri­ten im Vor­feld an ihrer Schlaf­ta­blet­ten­aus­strah­lung (Shi­ne Shi­ne Shi­ne) bzw. gesang­li­cher Unfä­hig­keit (Song for you) geschei­tert. Der arme Patrick Jean. Wenn man ihn beob­ach­tet hat, litt er wohl vor Auf­re­gung an einer dau­er­haf­ten Mund­wüs­te, die ihm kom­plett die Stim­me ver­sa­gen ließ. Tja, Anfängerpech …
    Wird wohl grad nix mit den guten Songs in der VE, nach­dem schon letz­tes Jahr der bes­te (Error) gar nicht stattfand …
    Gra­tu­la­ti­on an die bei­den Mega­auf­tri­ite von Laing. Nächs­tes mal noch rich­ti­ge Lie­der, dann klappts.
    Unterm Strich dann wohl noch das kleins­te Übel für Wien …

  • Also ich habe mich an dem VE-Abend (abge­se­hen vom tra­gi­schen Ende) aus­ge­zeich­net unter­hal­ten gefühlt. Auch das Niveau fand ich wirk­lich nicht so schlecht wie hier dau­ernd behaup­tet. Es gab dies­mal kei­ne Total­ver­sa­ger à la Ben Ivo­ry, und selbst der in mei­nen Augen schrot­tigs­te Bei­trag des Abends (Noi­ze Gene­ra­ti­on) fing über­ra­schend ange­nehm an, bis auf den furcht­ba­ren “Refrain” (wenn man das Elek­tro­ge­schram­mel so nen­nen kann).
    Dass mei­nem per­sön­li­chen Geschmack vor allem Mrs. Green­bird, Fah­ren­haidt und Faun ent­spra­chen, dar­aus brau­che ich kei­nen Hehl zu machen. Von den bei­den Letzt­ge­nann­ten wür­de ich mir wahr­schein­lich kei­ne Plat­te kau­fen, bei den Grün­vö­geln habe ich das schon getan.
    Da ich wuss­te, dass sowohl Ann Sophie als auch Andre­as noch einen in mei­nen Ohren bes­se­ren zwei­ten Song am Start hat­ten, die ich natür­lich hören woll­te, habe ich neben den Grün­vö­geln noch für die­se bei­den ange­ru­fen (weil ich mich für Fah­ren­haidt und Faun wirk­lich nicht ver­kämp­fen woll­te, und auch weil ich davon aus­ging, dass die eh eine gro­ße Fan­ba­se haben).

    Obwohl in der zwei­ten Run­de dann alle drei mei­ner Topacts nicht mehr dabei waren, hat mich das in kei­ner Wei­se depri­miert, denn die in der zwei­ten Run­de prä­sen­tier­ten Lie­der fand ich durch­weg bes­ser als die ers­ten. Laing ist zwar wirk­lich nicht mein Ding, aber das zwei­te Stück hat mich wesent­lich mehr über­zeugt als das ers­te (natür­lich ist die Per­for­mance in bei­den Fäl­len sehr gut, aber als Song fin­de ich den “Bizeps Tri­zeps” genau­so öde wie sei­ner­zeit “Mor­gens immer müde”). Und Ale­xa Feser ist sicher als Lie­der­ma­che­rin gut, aber da auch Grö­ne­mey­er (dem sie echt in vie­lem ähnelt, natür­lich nicht von der Phy­sio­gno­mie) musi­ka­lisch nicht so meins ist, und das wirk­lich ESC-untaug­lich ist, habe ich dann natür­lich mei­ne Anru­fe Ann Sophie und vor allem dem echt wun­der­ba­ren Andre­as gewidmet.

    Und war über­glück­lich, und vor allem total über­rascht, denn sonst ent­spricht mei­ne Welt­sicht ja nie dem Main­stream, dass ich dann mein Traum­fi­na­le ser­viert bekam. Dann waren mei­ne Prä­fe­ren­zen klar. Ann Sophie ist wir­kich eine gute Per­for­me­rin und auch der Song nicht übel, aber für mei­nen Geschmack schreit sie dann doch noch etwas zu viel, und Andre­as war ein­fach überragend.

    Nun, der Aus­gang ist bekannt,und ich will das hier auch nicht wei­ter the­ma­ti­sie­ren. Aber eins ist für mich klar: Ann Sophie hat als Zweit­plat­zier­te ihre Fahr­kar­te völ­lig ver­dient, auch wenn die Distanz zu Andre­as natür­lich groß ist. Allem alber­nen Geschrei, dass Laing oder Ale­xa jetzt ihre Anwäl­te ein­schal­ten soll­ten, muss man klar die Fak­ten ent­ge­gen­hal­ten: Sie hat bereits im Halb­fi­na­le gegen die­se bei­den gesiegt und muss defi­ni­tiv mehr Anru­fe bekom­men haben. Natür­lich könn­te sie theo­re­tisch im Halb­fi­na­le Dritt­plat­zier­te gewe­sen sein, aber nur, falls Andre­as mit BEI­DEN Lie­dern vor ihr gele­gen haben soll­te. Da eine Neu­ab­stim­mung oder ähn­li­ches zu for­dern ist nicht nur unrea­lis­tisch, son­dern auch völ­lig unangemessen.

    Also: Go, Ann Sophie! Und übe noch ein biss­chen weni­ger zu schreien.
    Ich hof­fe, Du lässt Dich nicht davon run­ter­zie­hen, nur “Zwei­te Wahl” zu sein. Und Dei­ne Büh­nen­prä­senz und Pro­fes­sio­na­li­tät, gepaart mit dem wirk­lich mensch­lich guten Umgang mit Andre­as (vor allem in den Aus­sa­gen in der Pres­se­kon­fe­renz) machen Dich erst recht zu einem wür­di­gen Ver­tre­ter für Deutsch­land, des­sen man sich wirk­lich nicht schä­men muss.

  • Um die “Falk­ten” noch etwas zu unter­mau­ern, habe ich mir bei­spiel­haft mal einen Snapshot der Ver­kaufs­zah­len bei Ama­zon gemacht. Natür­lich ist das nicht 100%ig akku­rat, da die Ver­käu­fe ja auch durch die Sen­dung beein­flusst wur­den, aber eigent­lich macht das recht klar, dass die Abstim­mun­gen so aus­ge­hen muss­ten, wie sie es taten, und dass Andre­as und Ann Sophie das im wesent­li­chen unter sich aus­ge­tra­genb haben.
    Nach den Ver­kaufs­zah­len wäre die ers­te Run­de wie folgt ausgegangen:
    1. Home is in my hands
    2. Jump the gun
    3. Glück
    4. Zeig dei­ne Muskeln
    ———
    5. Fro­zen silence
    6. A song for you
    7. Shi­ne shi­ne shine
    8. Hörst du die Trommeln

    und die zweite:
    1. Heart of stone
    2. Black smoke
    ———
    3. Home is in my hands
    4. Jump the gun
    5. Glück
    6. Zeig dei­ne Muskeln
    7. Wech­selt die Beleuchtung
    8. Das Gold von morgen.

    völ­lig konsistent!

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