Ach, Helvetia! Du machst es mir wirklich schwer. Gerne mal wurde mir von Leser/innen aus dem Land der Toblerone und der Kantone in den vergangenen Jahren vorgeworfen, ich betriebe Schweiz-Bashing oder habe gar persönlich etwas gegen die Eidgenossen. Was von der Wahrheit nicht weiter entfernt sein könnte: nur enttäuschte Liebe war’s, die aus mir sprach. Kredenzten unsere südlichen Nachbarn mit der für die Verzweifelten und Beladenen aus aller Welt sperrangelweit offenen Internet-Vorrunde ihrer Großen Entscheidungsshow doch lange Jahre ein unerschöpfliches Füllhorn des von mir so heiß geliebten Abseitigen und Schrägen – nur, um dann all diese Perlen zielsicher auszusortieren und im nationalen Vorentscheid zu meiner Bestürzung stets die gleichen, sterbenslangweiligen Variationen von beige anzubieten, von denen das Wahlvolk mit traumwandlerischen Sicherheit jeweils die ödeste zum Grand Prix delegierte.
Könnte so auch beim ukrainischen Vorentscheid antreten, und das ist als Lob gemeint: Ginta Biku.
Diesmal freilich blieben die Pforten des Internet-Hades fest verschlossen: im Geheimen wählte eine Jury gestern Abend unter 21 Vorsingenden – übrig geblieben aus 160 von der gleichen Jury vorselektierten Bewerbungen – die sechs Sängerinnen für die Entscheidungsshow am 5. Februar 2017 aus. Und es sind, so leid es mir tut, das sagen zu müssen, erneut sechs Variationen von beige. Brave Damen (eine begleitet von einer Band) mit braven Liedern: nichts Kontroverses, nichts Aufregendes, nichts Originelles, noch nicht mal etwas unfreiwillig Komisches wie seinerzeit Lys Assias legendärer Renterinnen-Rap ‘All in my Head’. Am wenigsten einschläfernd noch die leicht geschürzte Tessiner Ginta Biku, die mit ihrem franko-anglophonen Billigschlager ‘Cet Air la’ den von der österreichischen Pilz-Prinzessin Zoë (→ 2016) ins Eurovisionsdickicht geschlagenen Trampelpfad plattwalzt, in Begleitung dreier grazil-gymnastischer Tänzer frisch von der Olivia-Lewis-Schule für geile Grand-Prix-Choreografien und zweier stimmstarker schwarzer Chorsängerinnen. Auch kein Final-Stoff zwar, so wie alle sechs Vorentscheidungstitel, aber zumindest leidlich unterhaltsam. Doch wetten, dass die Eidgenossen auch dieses Stück links liegen lassen werden, nur um es mir wieder schwer zu machen? Seufz!
Ich habe mir nun diese sechs Beiträge angehört, bzw. über mich ergehen lassen, und komme zu dem Schluss das unsere Schweizer Freunde auch im nächsten Jahr im Finale fehlen werden. Stimmlich interessant fand ich noch Fräulein Timebelle – vielleicht findet sie ja doch noch ein anderes Lied.
Und am lustigsten – da kann man sich ja fast immer auf dich verlassen – Ginta Dingsbums mit einem “Schangsong” das erwähnte Zoe wahrscheinlich mit spitzen Fingern sofort in den Müllkübel geworfen hätte. Diese Tänzer sind allerdings drollig und lassen übles , wenngleich extrem unterhaltsames, für die Bühnenshow erwarten. Also dann nehme wir die. Wie sagt Obelix so schön : Die spinnen, die Helvetier.
Hehehe, alle jahre wieder. Ich glaube, für dich gibts für die schweiz nur eine variante, die du ganz toll findest.….….ein duett mit inge ginsberg und lyss assia, die einen“song“à la jamala(wer sich noch erinnern kann, esc-sieger2016)schreien.
Danke, Rainer Maier! Endlich hat es einer begriffen! 🙂
?mit emil ramsauer am bass. Willkommen beim sesc(senior-esc, das pendant zu diesem grausamen junior-esc
Da hab ich mich nun auf vielfaches Drängen eines Einzelnen dazu hinreißen lassen, mit einer lebenslangen Gewohnheit zu brechen und mir die Schweizer Sangeskunscht vorab anzuhören. Grausam. Und Oliver, Du willst echt die Ginta? Sind wir jetzt schon so tief gesunken, dass wir uns den letzten Schrott andrehen lassen müssen, nur um überhaupt irgendwas zu haben, bei dem man nicht einschläft? Timebelle und Nadya könnte man machen – unter den Blinden ist der mit dem Hund König.