Wie man nur kollektiv eine dermaßen massive Fehlentscheidung treffen kann? Verfügt die Menschheit über keinerlei Gehör mehr? Seit November 2017 stand fest, dass die 30jährige, offen lesbische Saara Aalto ihre Heimat Finnland beim Eurovision Song Contest 2018 in Portgual vertritt. Fix gesetzt, stellte man ihr für die am heutigen Abend ausgestrahlte Songauswahl UMK drei Lieder zusammen. Die von Saara mitverfasste Uptemponummer ‘Monsters’ ging nach Veröffentlichung der professionellen Musikvideos aller drei Beiträge mit erheblichem Abstand als Favorit ins Rennen. Allerdings metzelte die Vorentscheid-Zweite von 2016 den Song live brutal dahin. Von der durchaus ukrainischen Maßstäben genügenden Hochleistungschoreografie mit elaborierten Hebefiguren augenscheinlich komplett überanstrengt, vermochte man seitens Saara stimmlich kaum mehr als ein heiseres Krächzen vernehmen, was auch ihre beiden Backings kaum kaschieren konnten. Dennoch siegte das Lied mit knappem Vorsprung im internationalen Juryvoting und deutlichem Punkteplus bei den Zuschauer/innen. ‘Queens’, der kompositorisch überlegene als auch stimmlich deutlich besser dargebotene Uptempo-Konkurrenzbeitrag, landete hingegen auf dem letzten Platz.
Hört sich doch gar nicht so schlimm an, sagen Sie? Stimmt. Der finnische Sender YLE, der sämtliche UMK-Live-Mitschnitte Samstagnacht auf Youtube zunächst sperren ließ, stellte am Sonntag diese gegenüber der Live-Sendung massiv nachbearbeitete Version mit einer komplett neuen Tonabmischung online.
Der Sender verkündete im Vorfeld, dass das Staging beim Vorentscheid UMK dem auf der internationalen Bühne in Lissabon entsprechen soll. Das wäre im Fall von ‘Monsters’ eine ausgesprochen schlechte Idee: das schwarze Cape, in dem Saara anfangs auftrat, wirkt viel zu düster und lässt in Verbindung mit dem unvorteilhaften Make-up ihr Gesicht erscheinen, als habe sie Mumps. Beziehungsweise, den anschließend aus ihren Ärmeln rieselnden Riesenhautschuppen nach zu urteilen, Lepra. Der von Eric Saades ‘Popular’ (SE 2011) geborgte Käfig wirkt, nunja, geborgt. Saaras Querstreifen-Dress erinnert an Poli Genova (BG 2016) mit ihrem beleuchteten Baustellen-Outfit. Und tanzende Schwuppen mit Engelsflügeln gibt’s bei jedem CSD im Dutzend billiger. Vor allem aber lässt Saara die streng durchgetaktete Choreografie offenbar kein Raum zum atmen – das Ergebnis klingt einfach grauenhaft! Sollte hier bis Lissabon nicht noch massiv nachgebessert werden (und sei es notfalls durch Austausch von Song oder Interpretin), sehe ich den auch mir rundheraus sympathischen Fan-Liebling eine Kate Ryan (→ BE 2006) pullen.
Verschenkte Chance: ‘Queens’ ist sowohl in der Studiofassung als auch live das deutlich überlegene Lied.
Vorentscheid FI 2018
Uuden Musiikin Kilpailu. Samstag, 3. März 2018, aus der Espoo Metro Arenaa in Espoo, Finnland. Eine Teilnehmerin. Moderation: Krista Siegfrids und Mikko Silvennoinen.# | Interpret/in | Titel | TV | Jury | Gesamt | Platz |
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1 | Saara Aalto | Monsters | 95 | 88 | 183 | 01 |
2 | Saara Aalto | Domino | 75 | 84 | 159 | 02 |
3 | Saara Aalto | Queens | 70 | 68 | 138 | 03 |

Ich bin ja selten der Meinung des Hausherrn hier. Aber diesmal muss ich mich in allen Punkten anschließen. Auch ich mag Saara sehr, aber dieser Auftritt ging ja völlig in die Hose. Und Queens ist definitiv der bessere Song, außerdem passt er weitaus besser zur Interpretin.
Queens fand ich im Vorfeld schon den interessanteren Song. Live fand ich Domino am sichersten vorgetragen. Und was gewinnt? Monsters. *grumpf* Ich sehe auch schon den fan favourite fail vor mir…
Ja, aber ist es nicht so, dass nach dem allerneuesten Wertungssystem der EBU ein technischer Wert für die Höchstschwieirigkeiten (Oktavenspanne, Hebefiguren, Wurflasso, Todesspirale etc.) gebildet wird, der dann mit der erreichten Gesamtpunktzahl multipliziert wird?
Alles nette songs als Füllmaterial für den ESC, und Queens gefällt mir auch am besten.
MTV und Radiotauglich alle 3, aber nicht die Art Songs warum ich den esc schaue.
Monsters kann aber gerne ins Finale wenn man die Konkurrenz bis dato anschaut…
@ Alkibernd
Genau. Außerdem bekommt jeder Interpret zwei Auftritte. Die Pflicht und die Kür.
Irgendwie erinnert mich das Mädel immer an ein Meerschweinchen – oder einen Hamster… Auf jeden Fall ein Nagetier. Und da passt “Monster” ganz ausgezeichnet