Das Land des Feuers scheint beim Eurovision Song Contest 2020 eine Art Resteverwertung zu betreiben. Zunächst verkündete der zuständige Sender Ictimai Ende Februar 2020, dass die 28jährige ehemalige The Voice-Teilnehmerin Samira Efendi, die sich zuvor schon viermal erfolglos um die Grand-Prix-Repräsentanz beworben hatte, heuer Aserbaidschan vertreten dürfe, nachdem sie sich in einer internen Jurywahl gegen vier Konkurrenten durchsetzen konnte. Heute veröffentlichte der Sender ihren Beitrag ‘Cleopatra’, ein ziemlich campes, orientalisch aromatisiertes Uptempo-Machwerk, zu dem ich vor meinem geistigen Auge bereits Horden von Fans allerlei Geschlechts im Euroclub den Tanz der sieben Schleier aufführen sehe und das fast so viel diebisches Vergnügen bereitet wie Lorena Bućans ‘Tower of Babylon’ aus der letztjährigen Dora. Die ‘Cleopatra’ muss zuvor wohl bereits einige Runden durch Europas TV-Stationen gedreht haben: auch die sanmarinesische Vertreterin Senhit nahm probehalber eine Version davon auf, entschied sich dann aber gegen den Song.
Diese Nase (Asterix-Leser:innen wissen, was ich meine!): Samira Efendi.
Mit seiner lustigen und für ein bekannt homophobes Land wie Aserbaidschan erstaunlichen Auftakttextzeile “Cleopatra was a Queen like me / Straight or gay or in between” hätte das sich nahtlos in die Phalanx hochvergnüglicher eurovisionärer Disco-Geschichtsstunden (‘Dschinghis Khan’, ‘Tut Ench Amun’, ‘Samson’ u.v.a.m.) einreihende Guilty Pleasure natürlich auch zum mazedonischen Mitstreiter Vasil Garvanliev gepasst wie die Faust aufs Auge. Doch anscheinend zahlte Ictimai am meisten, und so können wir uns in Rotterdam nun am herrlich hart rollenden “R” von Frau Efendi erfreuen, das dem Song tatsächlich eine ganz eigene Hook hinzufügt. Sowie hoffen und beten, dass die Bühnenshow mindestens genau so camp ausfallen möge wie das Lied, welches sich natürlich aus dem Stand in meine persönliche Top Ten hochkatapultierte, den serbischen Trash-Königinnen von Hurricane willkommene Konkurrenz macht und einen sonnigen Strahl der Hoffnung durch die regenverhangenen, dunklen Wolkenwände des diesjährigen musikalischen Aufgebots sendet. Danke, Aserbaidschan!
Hier zu Vergleichszwecken die Version von Senhit: auch schön, aber noch zu kredibel. Samiras Remix setzt ‘Cleopatra’ erst die Krone auf.
Priscilla, Queen if the desert, die Version aus Azerbaijan ist zwar camp und trash aber leider doch nicht hipp genug, um gewinnen zu können
Hat tatsächlich Dirty Pleasure-Potential. Wenn schon auf die Kacke hauen, dann rrrrrrichtig.
Ich seh schon Senhit sich in den Hintern beißen, sich für Freaky statt für Cleopatra entschieden zu haben.
Och ja, Ich bin mehr freaky, aber das Cleopatra Mädel hat live auch Potential
Was ist mit Malta?
ich bin glücklich, dass Samirrrra Efendi den Song geschnapopt hat. Senhit hat das Camp-Potential völlig versemmelt. Samirrra hingegen nicht. Im Gegegnteil!! Das hat sie ganz wundervoll gemacht (Scheisse, da ist kein rrrrr drin) ich liebe es (rrrrrrrrrrrrrrrr)
ich liebe es. mein trash-dance-pop-party-song des esc 2020.
Es ist wohl so, dass der Sender İTV aus Aserbaidschan mehr Asche für das Lied hingeblättert hat. Das sanmarinesische Fernsehen hat offenbar nicht so viel Geld zur Verfügung. Eigentlich schade, denn damit wäre San Marino garantiert unter die ersten Zehn gekommen. 🙁
Oliver, geht es dir gut? Ich wundere mich nur, dass du noch keine Lobeshymne auf den russischen Beitrag geschrieben hast