Per­len der Vor­ent­schei­dun­gen: Anhän­ger­la­dun­gen von Aquavit

Wel­che ver­hee­ren­de Wir­kun­gen die humor­lo­se Euro­vi­si­ons­ju­ry selbst in ihrer Abwe­sen­heit ent­fal­tet, ließ sich die­ses Wochen­en­de bei den bei­den Vor­ent­schei­dungs-Vor­run­den in Skan­di­na­vi­en beob­ach­ten. Denn obwohl in die­sem Sta­di­um des Melo­di Grand Prix die Zuschauer:innen allei­ne über das Wohl und Wehe der vier Bewerber:innen um das Ticket fürs MGP-Fina­le bestimm­ten, zeig­ten sie sich durch die jah­re­lan­ge Erzie­hungs­ar­beit der Grau­en Her­ren und Damen und deren ritu­el­ler Abstra­fung alles auch nur ent­fernt Lus­ti­gen beim Euro­vi­si­on Song Con­test der­ge­stalt nach­hal­tig kon­di­tio­niert, dass sie in einem Anfall vor­aus­ei­len­den Gehor­sams den ein­zi­gen unter­halt­sa­men Bei­trag des Abends schon im ers­ten Durch­gang raus­wähl­ten. Die Rede ist natür­lich von ‘Bli med meg på Gar’n’ (‘Komm mit auf den Bau­ern­hof’), einem kom­plett durch­ge­knall­ten, augen­zwin­kern­den Hip-Hop-Elek­tro­pop-Rybakgei­ge-Kin­der­lied-Sound­ef­fek­te-Scheu­nen­fest-Schla­ger in der Tra­di­ti­on des legen­dä­ren ‘Cot­ton Eye Joe’, prä­sen­tiert vom Rap-Trio TuVeia aus dem Kaff Dals­byg­da, bestehend aus den blon­den Zwil­lin­gen Kris­ti­an und Roar (!) Galaaen Bre­dals­li­en und ihrem Kum­pel Ben­dik John­sen. Die brach­ten ihren John-Dee­re-Trak­tor mit auf die Büh­ne, neben aller­lei wei­te­ren Gim­micks, und ver­an­stal­te­ten drei Minu­ten lang einen sen­sa­tio­nel­len Rum­mel. Mach­te rich­tig Spaß, doch bekannt­lich ist Spaß beim Grand Prix seit 2009 wie­der verboten.

https://youtu.be/DMLxKWioMfs

Ich muss sagen: im Vor­stel­lungs­vi­deo, im Far­mero­ver­all und in Gum­mi­stie­feln fand ich ihn noch um Eini­ges sexier: Ben­dik John­sen von TuVeia, der Mann, der mich über­zeu­gen könn­te, aufs Land zu ziehen.

Und auch ein Haus wei­ter, beim Melo­di­fes­ti­valen, töte­te das Publi­kum den Spaß­bei­trag bereits im ers­ten Durch­gang. Hier traf es aus­ge­rech­net den ein­tau­sends­ten Song der schwe­di­schen Vor­ent­schei­dungs­ge­schich­te, die Pas­ti­che ’90s Talet’ des Hip-Hop-Duos Wahl & Sami (Chris­to­pher Wahl­berg und Sami Rekik). Mit der woll­ten die bei­den gut­be­stück­ten Voll­bart- und Trai­nings­an­zugsträ­ger zwar eigent­lich die Neun­zi­ger auf die Schip­pe neh­men, in Sachen Sty­ling und Musik lan­de­ten sie aber eher ein Jahr­zehnt wei­ter, in den Acht­zi­gern. Mach­te nichts, war den­noch hübsch, aber wenn die Euro­vi­si­ons­fans auf irgend­et­was noch all­er­gi­scher reagie­ren als auf Come­dy, dann ist es bekannt­lich Rap. Seufz! Schluss war auch für den noch vom deut­schen Vor­ent­scheid 2015 als Gast­sän­ger des DJ-Acts Noi­ze Gene­ra­ti­on (was ist eigent­lich aus dem gewor­den?) bekann­te Patrik Jean, der sich bei der Prä­sen­ta­ti­on sei­ner durch­schnitt­li­chen, mit schlim­men Fal­sett­stre­cken auf­war­ten­den Mel­lo-Num­mer ‘Tears run dry’ sei­ne sexu­el­le Ori­en­tie­rung offen zur Schau stell­te – und trotz­dem irgend­wie blass blieb. Wenigs­tens kam mit mit ‘Rena rama ding dong’ der bei­den schät­zungs­wei­se acht­zig­jäh­ri­gen Schla­ger­schach­teln Eva Ryd­berg & Ewa Roos ein sich selbst nicht ernst neh­men­der Bei­trag wei­ter, wenn auch vor­erst nur die Andra Chan­sen.

Miami Vice trifft die Gol­den Girls: die Acht­zi­ger haben ange­ru­fen und wol­len ihren Kla­mot­ten­ge­schmack zurück.

Anis D. (rechts) steht die­ser Zuhäl­ter­schick wirk­lich aus­ge­zeich­net! © SVT.

Die bei­den Direkt til Fina­len qua­li­fi­zier­ten Lie­der von Dot­ter und Anton Ewald fie­len hin­ge­gen in die Kate­go­rie des töd­lich lang­wei­li­gen Durch­schnitts­s­eichs, des­sen tri­um­pha­ler Durch­zug mich immer mehr zwei­feln lässt, ob der ESC als mei­ne Lieb­lings­show die­sen Sta­tus noch län­ger hal­ten kann. Immer­hin bot das MF-Rah­men­pro­gramm feins­te Unter­hal­tung, hat­te sich der letzt­ma­lig resi­die­ren­de Zere­mo­nien­meis­ter Chris­ter Björk­man mit Anis Don Demi­na und Oscar Zia zwei ehe­ma­li­ge Mel­lo-Teil­neh­mer zur Unter­stüt­zung geholt. Und die führ­ten nicht nur – wie des Schwe­di­schen mäch­ti­ge Grand-Prix-Fans berich­te­ten – aus­ge­spro­chen lus­ti­ge Post­kar­ten-Inter­views mit den Kombattant:innen die­ser zwei­ten Vor­run­de, son­dern bega­ben sich auch mit dem Auto auf die Jagd nach diver­sen Mel­lo-Legen­den wie Siw Malmkvist, Nan­ne Grön­vall oder Robin Beng­ts­son, die sie auf der Stra­ße über­fie­len und zu spon­ta­nen Ständ­chen nötig­ten. Vor allem aber zeig­te mir ihre Prä­senz auf, wie ver­hee­rend sich die durch das coro­nabe­ding­te Kon­takt­ver­bot erzwun­ge­ne aktu­el­le Dau­er-Ent­halt­sam­keit auf Dau­er aus­wirkt, fiel es mir doch arg schwer, beim Anblick der bei­den sehr apart bebar­te­ten Her­ren den Spei­chel­fluss ange­mes­sen zu kon­trol­lie­ren. Too much Infor­ma­ti­on, ich weiß, aber wenn ich lei­de, müsst Ihr das auch! 😉

Und hier zum Abküh­len noch etwas Rent­ner­be­lus­ti­gung mit Eva & Ewa.

4 Comments

  • Also der Final­ein­zug von Anton Ewald hat mich auch etwas ver­wun­dert, wobei mir es ins­ge­samt egal war, wer in die­ser Run­de jetzt den zwei­ten Final­platz bekommt und wer in die AC ein­zieht. Dass Dot­ter es ins Fina­le geschafft hat war das Ein­zi­ge, was ich von den Schwe­den ver­langt habe. Und ja, sie haben gelie­fert! In mir geht zu “Litt­le Tot” jetzt schon einer ab und über einen Dot­ter-Sieg wür­de ich mich sehr freu­en! Wobei ich ent­ge­gen der Buch­ma­cher nicht dar­an glau­be, lagen sie im letz­ten Jahr schon bei “Bul­let­pro­of” falsch. Bin mal gespannt, was die noch aus­ste­hen­de zwei­te Hälf­te der Mel­lo-Bei­trä­ge uns beschert. Dass es die bei­den Damen noch in die AC geschafft haben ist mal wie­der so ne typi­sche Troll-Ent­schei­dung der Schwe­den. Aber gut, man will ja Pro­gramm für alle Alters­grup­pen machen.

  • Bei den bei­den schwe­di­schen Rent­ne­rin­nen dach­te ich für einen Moment Gise­la May und Hel­ga Hah­ne­mann sei­en zurück­ge­kehrt – die Ähn­lich­keit ist frappierend.
    Und Patrick Jean hat lei­der nicht gut per­formt, das war alles zu sta­tisch. Der Song war gar nicht mal so verkehrt.

  • Es war lei­der zu viel Ein­heits­brei. Anton Ewald ver­such­te mit viel Show einen schwa­chen Song auf­zu­plus­tern, wie es lei­der beim Mel­lo in den letz­ten Jah­ren öfter vor­kommt. Eva und Ewa waren da schon eine regel­rech­te Wohl­tat. Mal was ande­res mit Humor und Augenzwinkern.

  • Bis­her find ich das Melo­di­fes­ti­valen die­ses Jahr ziem­lich schwach… Ich hab Dot­ters Bul­let­pro­of letz­tes Jahr geliebt, aber Litt­le Tot lässt mich ziem­lich unbe­ein­druckt… Nicht das gel­be vom Ei (hoho­ho)
    Für Eva & Ewa hab ich mich sehr gefreut ? klar, es ist Schla­ger – aber wenigs­tens hat­ten die mal Spaß auf der Büh­ne und waren nicht so ver­bis­sen wie der Rest. Und es wird nicht pas­sie­ren, aber ich fän­de es tat­säch­lich mal geil, wenn die gewin­nen. Zumin­dest wür­de dann mal kein gene­ri­scher elek­tro­pop mit musik­vi­deo Ästhe­tik für Schwe­den zum Esc fahren 😉

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