Bel­gi­scher Vor­ent­scheid 1968: Piep, piep, klei­ner Satellit

Kna­ckig kurz muss er gewe­sen sein, der wal­lo­ni­sche Aus­wahl­pro­zess im Jah­re 1968. Inner­halb von ledig­lich 45 Minu­ten, so jeden­falls die Anga­ben der flä­mi­schen Euro­vi­si­ons­fan­sei­te songfestival.be, soll der ver­ant­wort­li­che Sen­der RTBF an einem Diens­tag­abend die immer­hin zehn zur Aus­wahl ste­hen­den Lie­der über die Anten­ne gejagt, die Stim­men von jeweils vier Jurys pro Pro­vinz des fran­zö­sisch­spre­chen­den Lan­des­teils ein­ge­sam­melt und auf­ad­diert sowie die sei­ner­zeit als TV-Mode­ra­to­rin bekann­te Clau­de Lom­bard zur Sie­ge­rin gekürt haben. Sport­lich! ‘Quand tu revi­en­dras’ (‘Wann kehrst du zurück’), Lom­bards unfass­bar alter­tüm­li­ches und ein­schlä­fern­des Chan­son, das eher so klang, als habe man damit schon im Jah­re 1468 Kirchenbesucher:innen ein­ge­schlä­fert, lan­de­te beim Haupt­wett­be­werb in Lon­don im Mit­tel­feld und unmit­tel­bar danach im Orkus des Ver­ges­sens. Übri­gens gemein­sam mit den meis­ten Teilnehmer:innen die­ses Vor­ent­scheids, über die sich im Netz heut­zu­ta­ge nicht das Gerings­te mehr fin­den lässt. Was lei­der auch für ihre Bei­trä­ge gilt, so dass wir nicht mal wis­sen, ob die Jurys etwas Bes­se­res verhinderten.

Blick­te drein, als sei gera­de der Hei­li­ge Geist in sie gefah­ren: Clau­de Lombard.

Womög­lich in der Form des damals 31jährigen Sin­ger-Song­wri­ters Antoine De Taf­fe ali­as Ser­ge Davignac? Der im Jah­re 2000 ver­stor­be­ne Zweit­plat­zier­te die­ses Vor­ent­scheids ver­öf­fent­lich­te sein Lied ‘La Boî­te à Musi­que’ (‘Die Music­box’) immer­hin als Sin­gle. Er war von den frü­hen Sech­zi­gern bis Mit­te der Sieb­zi­ger im Geschäft. Auch ‘La Tête ren­ver­see’ (‘Der kopf­über ste­hen­de Kopf’) von Rosy Dany (plus Sah­ne?) erschien auf Vinyl, auf der B‑Seite übri­gens ergänzt um den Kon­kur­renz­bei­trag ‘Gout­te à Gout­te’. Hier scheint es sich aber um eine von ins­ge­samt ledig­lich drei Ver­öf­fent­li­chun­gen der Inter­pre­tin zu han­deln, was nicht für eine erfolg­rei­che Schla­ger­kar­rie­re spricht. Als ganz ande­res Kali­ber muss da André Bras­seur gel­ten. Der wal­lo­ni­sche Klaus Wun­der­lich schaff­te es mit sei­nem Instru­men­tal­ti­tel ‘Ear­ly Bird’ im Jah­re 1966 sogar bis auf Rang 5 in den deut­schen Ver­kaufs­charts. In der Hei­mat war das nach dem ers­ten kom­mer­zi­el­len Nach­rich­ten­sa­tel­li­ten benann­te Easy-Lis­tening-Stück sogar ein Num­mer-Eins-Hit, welt­weit setz­te Bras­seur laut Wiki­pe­dia davon zehn Mil­lio­nen Exem­pla­re ab. Wei­te­re sei­ner Kom­po­si­tio­nen fan­den Ein­satz als Erken­nungs­me­lo­dien in Radio- und Fernsehsendungen.

Der frü­he Vogel fängt den Wurm. Aber wer mag schon Wür­mer? André Bras­seur mit sei­nem Ham­mond-Orgel-Knal­ler (Reper­toire­bei­spiel).

Bras­seurs Wett­be­werbs­bei­trag ‘Ecou­te le Vent’ (‘Hör den Wind’) scheint jedoch direkt nach dem Vor­ent­scheid sei­ne Umlauf­bahn ver­las­sen zu haben und funkt heu­te unge­hört und ver­ges­sen vor sich hin. Zu den bekann­ten Namen zähl­te die ehe­ma­li­ge Euro­vi­si­ons­ver­tre­te­rin Tonia, die zwei Jah­re zuvor noch den Vor­ent­scheid allei­ne bestrei­ten durf­te, dies­mal aber der Kon­kur­renz unter­lag. Trotz zwei­er wei­te­rer Ver­su­che bei der deut­schen Vor­auswahl soll­te sie nicht mehr zum Grand Prix fin­den. Anders als die in einem Vor­ort von Brüs­sel gebo­re­ne Nico­le Josy: die blieb mit ihrem Erst­ling ‘À la Nou­vel­le-Orlé­ans’ zwar erfolg­los. Nach­dem sie 1970 den in der ehe­ma­li­gen bel­gi­schen Kolo­nie Kon­go gebo­re­nen, ein Jahr jün­ge­ren Hugo Sig­al ken­nen­lern­te und mit ihm das Schla­ger­duo Nico­le & Hugo grün­de­te, soll­ten sich die Türen öff­nen, wenn­gleich mit Hin­der­nis­sen: 1971 ver­hin­der­te eine Gelb­sucht der Sän­ge­rin ihre Teil­nah­me am Grand Prix, die aber hol­te das Duo 1973 mit dem legen­dä­ren ‘Baby Baby’ nach, einem trotz dama­li­ger Roter Later­ne bis heu­te abso­lut iko­ni­schen und unver­gess­li­chen Kult­ti­tel des Song Contest.

Nico­le & Hugo in Luxem­burg. Und wer steu­er­te da im Begleit­chor, alle ande­ren Damen baum­lang über­ra­gend, das tief tim­brier­te “Na-na-na-na” bei? Rich­tig: Clau­de Lombard!

Vor­ent­scheid BE 1968

Fina­le bel­ge du Grand Prix Euro­vi­si­on. Diens­tag, 13. Febru­ar 1968. Zehn Teilnehmer:innen.

#Interpret:inSong­ti­telPlatz
01Clau­de LombardQuand tu reviendras01
02Nico­le JosyÀ la Nouvelle-Orleansn.b.
03Ser­ge DavinacLa Boî­te à Musique02
04André Bras­seurEcou­te le Ventn.b.
05Eddy Pau­lyEt je crien.b.
06Del­phi­neQuand un Gar­çon vous ecritn.b.
07Tonia Mer­tensIl y avaitn.b.
08Jean Dels­artToin.b.
09Rosy DanyUne Tête renverséen.b.
10Natha­lieGout­te à Goutten.b.

Zuletzt aktua­li­siert: 26.02.2021

< Bel­gi­scher Vor­ent­scheid 1967

Bel­gi­scher Vor­ent­scheid 1969 >

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert