“Jetzt muss der NDR nur noch die Jury streichen und ich bin richtig glücklich”! Mit diesem Satz beendete ich meine letzte News-Meldung zum deutschen Vorentscheid 2014. Und als habe NDR-Unterhaltungschef Thomas Schreiber sie gelesen, verkündete er beim gestrigen Fanclubtreffen des EC Germany im Kölner Gloria, dass der Sieger von Unser Song für Dänemark ausschließlich per Televoting bestimmt werde. Grund hierfür sei unter anderem der unglückliche Ablauf beim Vorentscheid 2013, als die Jury mit einem mageren Pünktchen alle Hoffnungen für LaBrassBanda zunichte machte, nach dem diese gerade zuvor im Internetvoting der Radiosender ein ums andere Mal abgeräumt hatten, und so der Eindruck einer bewussten Manipulation des Zuschauerwillens entstand. “Ich habe kein Interesse daran, dass Jurymitglieder verprügelt werden, nur weil sie ihren Job machen,” kritisierte Schreiber in Erinnerung an den Shitstorm, der damals losbrach und in dem sich vor allem die so charmante wie großartige Jurysprecherin Mary Roos (DE 1972, 1984) ungerechtfertigten Anwürfen gegenüber sah, die zum Teil weit unter die Gürtellinie gingen. Keine weiteren News gab es zu möglichen Teilnehmernamen – außer, dass weder die von vielen Fans ersehnte Helene Fischer noch nämliche LaBrassBanda dabei sein werden. Dafür aber plauderte Schreiber das detaillierte, dreiteilige Auswahlverfahren aus.
Haben 2014 andere Termine: die bayerischen Buam
Demnach stellen alle acht USFD-Finalisten in der ersten Runde jeweils einen Titel vor. Das Publikum wählt aus ihnen vier Teilnehmer in die zweite Runde weiter, wo diese Big Four dann auch ihren zweiten Beitrag zu Gehör bringen. Aus den vier Acts und ihren acht Songs bestimmen die Televoter in einer zweiten Abstimmungsrunde die beiden Superfinalisten, die es dann gegeneinander auskämpfen. Rein theoretisch könnten so auch zwei Song des selben Künstlers ins Superfinale kommen. Wenn alles klappt, soll das Abstimmen auch per Handy-App möglich sein. Im vorgeschalteten Nachwuchswettbewerb hingegen selektiert ausschließlich eine NDR-Redaktion, welche der Bewerber man am 27. Februar 2014 ins Hamburger Edelfettwerk einlädt. Immerhin werden nach dem Vorbild des Schweizer Fernsehens sämtliche Bewerbervideos für die Öffentlichkeit einsehbar sein (womit auch mein allerletztes bisschen Freizeit für die nächsten drei Monate vollends dahinschwindet). Derzeit verhandelt Schreiber noch mit anderen ARD-Sendern über die Übernahme der Edelfettwerk-Liveübertragung in weitere dritte Programme neben dem NDR. Allerdings stehen die Chancen hierfür schlecht: an dem Tag ist Weiberfasching, in den brauchtumsaffinen Hochburgen der Republik zeigt man da traditionell irgendwelche Umzüge mit Hexenverbrennungen oder so was in der Art.
Ist damit selbst als möglicher Vorentscheid-Teilnehmer leider aus dem Rennen: Adel Tawil
Ein späteres Datum für den Nachwuchswettbewerb sei jedoch nicht möglich gewesen, da die deutsche Vorentscheidung nur einen Tag vor der Einreichungsfrist der fertigen Eurovisionsbeiträge bei der EBU stattfindet und der Song des Nachwuchssiegers bis dahin gefunden, aufgenommen, produziert und die dazugehörige Show entwickelt sein muss. Von den sieben professionellen Teilnehmern von Unser Song für Dänemark sei einer bereits in trockenen Tüchern (ebenso wie der oder die Moderator/in), mit weiteren Künstlern sei man in Gesprächen. Dabei lege man den Schwerpunkt noch stärker auf die Songs, die sich einer “Listening Session” mit Vertretern der Musikindustrie, des NDR und von Brainpool unterziehen müssen, wobei man die unabhängigen Labels und Produzenten noch besser berücksichtigen will. Der lobenswerte Trend hin zu einem breiten musikalischen Angebot und starken neuen Acts, wie er sich bereits in Hannover manifestierte, scheint sich also zu verfestigen. Was nicht heißt, dass es gar keine großen Namen gibt: “Die Bandbreite wird von Newcomern bis zu etablierten Acts reichen, die viele Tonträger verkauft haben,” so Schreiber, dem in Köln für seine unbestreitbaren Verdienste um den Eurovision Song Contest die Ehrenmitgliedschaft des Eurovision Club Germany verliehen wurde.
Mehr fabelhaft Cooles von dieser Güteklasse könnte es 2014 in Köln geben: Blitzkids.mvt
Das seit über zehn Jahren stattfindende Fanclub-Event, mein jährliches Highlight der Eurovisionssaison, punktete mit gleich vier internationalen Stargästen: neben den aktuellen Grand-Prix-Teilnehmern Ryan Dolan (Irland) und Natália Kelly (Österreich) waren es die Eurovisionssieger von 2011, Eldar Qasımov, und von 1992, Linda Martin. Letztere hatte zwar öfters mal mit ihrem Backing Tape und verpassten Einsätzen zu kämpfen, machte dies aber durch ihre charmante Art und Weise und ein fabelhaftes Abendkleid mehr als wett. Als maßgeblichen Grund, diese Veranstaltung zu besuchen, entpuppte sich aber wie immer das von den Fanclubmitgliedern liebevoll gestaltete, hochgradig unterhaltsame Eurovisionsmusical, das unter Zuhilfenahme zahlloser Ausschnitte aus Grand-Prix-Songs aller Epochen (darunter etlichen mir bislang unbekannten deutschen Einspielungen) und selbst geschneiderter Kostüme die Geschichte der mazedonischen Mutti Esma erzählte, welche ihre Kinder unter die Haube bringen möchte und sich dabei – Schock! – mit Homosexualität in der eigenen Familie konfrontiert sieht. Das wäre doch bestens geeignet als Pausenact, sollte der Contest wieder nach Osteuropa kommen!
Der NDR streicht die Jury beim Deutschen Vorentscheid.
- Falsche Entscheidung. Es braucht dringend ein Gegengewicht zum schlechten Geschmack der Televoter. (47%, 29 Votes)
- Sehr gut! Jetzt noch beim ESC ebenfalls darauf verzichten, bitte. (19%, 12 Votes)
- Nach dem Fiasko um LaBrassBanda verständlich, aber international sollte die Jury bleiben. (18%, 11 Votes)
- Gut so, das Verfahren beim Vorentscheid ist diesmal so schon kompliziert genug. (16%, 10 Votes)
Total Voters: 62
Was für ein dämliches Auswahlverfahren! Dann weiß ja niemand, wie sich das zweite Lied der ausgeschiedenen Teilnehmer angehört hätte und ob es nicht vielleicht ein potentieller Siegertitel gewesen wäre.
Andererseits würden bei diesen Auswahlregeln sämtliche Teilnehmer mit ihrem vermeintlich besseren Titel in der ersten Runde starten und sich den Schrott dann für später aufheben, so dass man sich diese Aussieberei auch gleich sparen kann.
Ich denke, die positive Meldung ist die Abschaffung der unsäglichen Internetabstimmung; nur durch diese kam ja beim letzten Mal die Diskussion über das Abschneiden von LaBrassBanda überhaupt auf. Die Jury vermisse ich sehr; ich weiß, dass wir da völlig verschiedener Meinung sind, Oliver. Ich könnte auf jede Art von Publikumsabstimmung gut verzichten.
Der lobenswerte Trend mit starken neuen Acts hat uns ne schöne bottom-five Platzierung eingebracht. Wollte ich nochmal erwähnt haben. Aus Rücksichtnahme auf meinen Hut verzichte ich darauf, die Expertenkommission und Herrn Schreiber zu zitieren, warum es im Mai d. J. nicht ganz so rund lief. Nun gibt’s wieder mal markige Ankündigungen. Was mich kein Stück beeindruckt und in Kopenhagen niemanden interessieren wird.
Ja und? Wir können ja nicht jedes Jahr vorne liegen. Eine schlechte Platzierung ist nicht zwingend das Ergebnis eines schlechten Auswahlverfahrens. Die Chancen stehen 25:1, dass wir auch 2014 nicht wieder gewinnen. Aber die Songs in der deutschen Vorauswahl 2013 haben uns ziemlich einhelliges Lob in internationalen Fan-Foren eingebracht. Von daher glaube ich schon, dass die Richtung stimmt.
Nur ist leider keiner der starken, neuen Acts zum ESC gefahren, sondern Cascada, weil das Publikum das Potential dieser starken, neuen Acts gar nicht erkannt hat. Insofern finde ich den Verzicht auf die Jury, der das etwas besser gelungen ist, in diesem speziellen Fall eher tragisch. Aber wer weiß, vielleicht läuft es nächstes Jahr ja anders und besser.
ich darf ja daran erinnern, das das Publikum alleine sich 2010 für Lena und 2012 für Roman entschieden hat. Und so schlecht waren diese Entscheidungen nun mal nicht. Man kann nicht immer einen Volltreffer landen. Außerdem fand ich die Performance von Blitzkidz beim Vorentscheid alles andere als optimal. Da hat man einen so flotten Song und dann bleibt man nur wie angewurzelt auf der Bühne stehen. Das ist halt zu wenig. Cascada Performance bei der VE war halt professioneller, als die der anderen. Bei LaBrassbanda hat mir micht gefallen, das sie mitten im Song aufgehört haben zu singen und nur noch Trompete gespielt haben. Die hätten in Malmö übrigens auch nicht viel mehr erreicht als Cascada. Und ich gebe zu bedenken auch die Jury beim Vorentscheid gab Cascada 8 Punkte.
Von allen VE der letzten Saison war unser einer der Sehenswertesten, Punkt.
Wer bei soviel Aufwand einen derart kargen Lohn einfährt, hat irgendetwas falsch gemacht, noch’n Punkt.
Die Richtung mag passen, aber vom Lob konnten wir uns auch nichts kaufen. Wie du weißt, bewegen sich nicht wenige VE in anderen Ländern auf wahrlich unterirdischem Niveau. Das relativiert doch erheblich und kann angesichts deutschen Anspruchsdenkens nie und nimmer der Maßstab sein.
In einigen wichtigen Segmenten mangelt es definitiv an konzeptioneller Tiefe, was aus meiner Sicht mitverantwortlich für das Scheitern in diesem Jahr war, weil einfach zu vieles dem Zufall überlassen bleibt. Kein erfolgreicher Act ist jemals mit der Hypothek einer 1:25 Chance auf den Sieg ins Rennen gegangen, sei er auch noch so verkannt worden. Ich werte das bei dir als klassische Freud’sche Fehlleistung, aber Asche auf dein Haupt, wenn du diesen Floh weiter zu füttern gedenkst.
Es stimmt schon. Die oberflächliche Modalitätenpoliererei ist eigentlich nur für den Fan von Interesse. Hier ein kleines Bonbon, da das Einkassieren der Juries, man hat wieder Stoff zum Diskutieren. Alles ohne Belang für die Masse, auf die es ankommt.
Da machen ein paar VE – Schwalben lange noch keinen Sommer.
Naja, schwierig zu sagen, was das Publikum erkannt hat und was nicht. Denn die Zuschauer konnten ja NACH dem Radiovoting und NACH dem Juryvoting immer noch abstimmen. Und das für Mia Diekow oder Mobilée keiner mehr anruft, wenn sie bereits auf den letzten Plätzen liegen, erklärt sich von selbst. Keiner setzt mehr auf ein totes Pferd. Die Punktevergabe von Radio und Jury teilweise parallel zur Pubiklumsabstimmung zu legen fand ich sehr unglücklich.
[…] der heutigen Vorankündigung brauchen die restlichen sieben Konkurrenten (plus der NDR-Nachwuchsstar) eigentlich gar nicht mehr antreten am 17. März 2014 in der Kölner Lanxess-Arena, zumal des […]
Ich habe den vorletzten Absatz ab “Kein erfolgreicher Act” jetzt ein halbes Dutzend mal gelesen und begreife ihn immer noch nicht. Was genau will uns der Künstler damit sagen? Eine Aussage über eine Fehleinschätzung von Seiten des Hausherrn? Eine Aussage über Vorentscheide und ihre Tücken? Eine Aussage über Schokoladenkuchen und Rotwein?
Und was die Fehler beim VE angeht: Schweden hat, darin sind sich die Fans nahezu einig, den besten VE Europas, und was genau hat ihnen das 2009, 2010 oder 2013 gebracht? Der norwegische VE ist nicht viel schlechter und hat über die Jahre noch viel erbärmlichere Ergebnisse eingefahren. Irgendjemand muss nun mal Letzter werden, frei nach der alten Pokerdevise “Du kannst der zehntbeste Spieler der Welt sein, aber wenn du mit den neun besseren an einem Tisch spielst, bist du der Loser”.
@Timur
Die Aufgabe besteht doch gerade darin, seine Chancen zu verbessern und das Optimum aus einem Act herauszuholen. Gelingt diese Übung, ist das kein Produkt des Zufalls. Und wenn nicht, dann ebenfalls. Das Resulat der Bemühungen ist losgelöst vom Auswahlverfahren zu betrachten, Oliver sagte es bereits.
Ansonsten empfiehlt dir der Künstler, einer ARD Gremiumsrunde beizuwohnen. Es sieht schon sehr danach aus, das sich bei denen alles abseits vom Trällern eines Songs auf der Bühne ausschließlich auf der Stufe von Schokoladenkuchen und Rotwein bewegt.
Äh…ja. Ich glaube, wir sollten diesen Dialog besser einstellen, denn ich begreife immer noch nicht, was du mir eigentlich sagen willst, und ich neige dazu, sehr unfreundlich zu werden, wenn man mir das Gefühl vermittelt, dumm zu sein. Bevor das passiert: good night, and good riddance.
[…] ähnlichen Shitstorm von LaBrassBanda-Fans gegen die von Mary Roos angeführte Jury beim deutschen Vorentscheid zunehmende Schwierigkeiten zu haben scheint, überhaupt noch Promis für die Jury zu finden, zeigt […]