Israe­li­scher Vor­ent­scheid 2021: Every­thing is chik-chak

Es stand ja von Vor­ne­her­ein zu befürch­ten: unter ledig­lich drei eher mit­tel­mä­ßi­gen Upt­em­po­songs durf­te das israe­li­sche Publi­kum in der heu­te Abend aus­ge­strahl­ten Sen­dung HaSh­ir Shel­a­nu L’Eu­ro­vi­zi­on 2021 (Unser Lied für die Euro­vi­si­on) bestim­men, und unter zwei so-la-laen Tanz­flä­chen­fül­lern mit pas­sen­der­wei­se jeweils einem “La La” im Titel und einem Mid­tem­po­song wähl­te es die mit­tel­mä­ßigs­te aller Alter­na­ti­ven, näm­lich das sich nicht so recht zwi­schen Club-Ban­ger und Bal­la­de ent­schei­den kön­nen­de ‘Set me free’. Die Num­mer lie­fert in drei Minu­ten von allem ein biss­chen was, außer einer zwin­gen­den Hook­li­ne, und dürf­te beim Haupt­wett­be­werb in Rot­ter­dam am Ende des Schnell­durch­lau­fes bereits wie­der dem Ver­ges­sen anheim gefal­len sein. Für die Jury bau­ten die klug kal­ku­lie­ren­den vier Song­schrei­ber des Wer­kes eigens noch einen lan­gen hohen Ton ein. Ob die bereits im Vor­jahr vom Sen­der KAN zur Reprä­sen­tan­tin des Mit­tel­meer­an­rai­ner­staa­tes bestimm­te Eden Ale­ne den live so gut hin­be­kommt wie in der Stu­dio­auf­nah­me, wis­sen wir aller­dings noch nicht, denn in der heu­ti­gen Show gab es nur die Video­clips zu sehen. Aller­dings folgt im Song auf die­sen voka­len Honig­topf direkt im Anschluss eine Rückung, womit die gera­de eben von der Inter­pre­tin erkri­schenen Bonus­punk­te dann wie­der weg sein dürf­ten, den die­ses mitt­ler­wei­le lei­der als anti­quiert gel­ten­de Stil­mit­tel schät­zen die Juror/innen bekannt­lich gar nicht.

Fee­ling like in Pri­son / Loo­king for the Reason”: ohne Coro­nabe­zug kommt das ansons­ten nur die plat­tes­ten Lyrik-Plat­ti­tü­den ver­sam­meln­de ‘Set me free’ natür­lich nicht aus.

Auch Frau Ale­ne selbst schien über die Wahl der Zuschauer:innen, um Ben­ja­min Hertlein von ESC kom­pakt zu zitie­ren, nur “so mit­tel­glück­lich”. Und wer mag es ihr ver­den­ken? Ihrem (nun eben­falls nicht die Welt bewe­gen­den) Vor­jah­res­bei­trag ‘Feker Libi’ ver­moch­te kei­nes der drei heu­te vor­ge­stell­ten Lie­der auch nur ansatz­wei­se das Was­ser zu rei­chen. Das ursprüng­lich als Wer­be­song für eine Kos­me­tik­li­nie kom­po­nier­te ‘Ue La La’ wuss­te jedoch zumin­dest mit einem zucker­sü­ßen Spra­chen­misch­masch aus eng­lisch, fran­zö­sisch und hebrä­isch zu ent­zü­cken sowie mit einer super­ein­gän­gi­gen Hook­li­ne zu über­zeu­gen. Wobei mich die Num­mer, ganz offen gestan­den, bereits mit der Ein­gangs­zei­le “I don’t need a Boy, Boy, Boy / I just need a Man, Man, Man” abhol­te. Denn ja, so bil­lig bin ich zu haben. Um die 75minütige (!) Sen­de­zeit zu fül­len, prä­sen­tier­te die Show nicht nur einen Rück­blick auf die Ereig­nis­se des letz­ten Jah­res und Kurz­in­ter­views mit dem ESC-Orga­ni­sa­tor Siet­se Bak­ker, dem geschie­de­nen EBU-Muf­ti Jan Ola Sand und dem Sie­ger von Tel Aviv, Dun­can Lau­rence, son­dern beglei­te­te die fabel­haf­te zwan­zig­jäh­ri­ge Israe­lin äthio­pi­scher Abstam­mung eben­so bei der Car­pool-Karaōke mit der ESC-Mode­ra­to­rin Lucy Ayoub sowie beim Tref­fen mit den jewei­li­gen Songschreiber:innen in deren Woh­nun­gen bzw. im Park.

Mon Amour, mon Ami / Ue la la, ue la li” – auch die­ses Lied gewinnt sicher nicht den Lite­ra­tur­no­bel­preis, erquickt jedoch durch eine strin­gen­te, bezau­bern­de Fröhlichkeit.

DJ Gal Mal­ka, Mit­kom­po­nist von ‘La La Love’

Was den inter­na­tio­na­len Zuschauer:innen reich­lich Anlass gab, sich über die Absur­di­tät des Umgangs aller Betei­lig­ten mit den Coro­na-Schutz­be­stim­mun­gen auf­zu­re­gen: trug unse­re Prot­ago­nis­tin beim Ein­stieg ins Auto oder beim Betre­ten der Kom­po­nis­ten­be­hau­sun­gen noch vor­schrifts­mä­ßig eine Mas­ke, setz­te sie (und alle ande­ren) die­se beim ange­reg­ten Plau­dern – natür­lich unter kom­plet­ter Nicht­be­ach­tung des Min­dest­ab­stands – unver­züg­lich ab. Und auch bei der Ent­ge­gen­nah­me der Urteils­ver­kün­dung im Sen­de­stu­dio konn­te man bei der einen oder ande­ren Per­son die berüch­tig­te Pim­mel­na­se erspä­hen: ein Super­sprea­de­re­vent son­der­glei­chen! Immer­hin lie­fer­ten die aus­führ­li­chen Gesprächs­run­den neben der Lock­down-inspi­rier­ten Text­zei­le “Did­n’t take off my Paja­mas for a Week now” den ein­zi­gen wei­te­ren Plus­punkt für den Wett­be­werbs­bei­trag ‘La La Love’, musi­ka­lisch den schwächs­ten der drei Titel. Näm­lich in Form von DJ Gal Mal­ka, einer der drei hier­für ver­ant­wort­li­chen Song­schrei­ber und eine abso­lu­te Augen­wei­de. Fast schon hät­te ich allei­ne wegen ihm ‘La La Love’ den Sieg ver­gönnt. Doch am Ende war es egal, wel­chen der drei Anwär­ter das hei­mi­sche Publi­kum bestimm­te, um damit in Rot­ter­dam im Semi­fi­na­le aus­zu­schei­den. Scha­de um Eden Ale­ne, die so aber zumin­dest die Gele­gen­heit erhält, ihre Stil­si­cher­heit als Mode­iko­ne auf gro­ßer Büh­ne unter Beweis zu stellen.

I want it to infect my Gene­ra­ti­on”: mit ihrem inkon­se­quen­ten Ver­hal­ten bei der Auf­zeich­nung des israe­li­schen Vor­ent­scheids dürf­te das Eden Ale­ne durch­aus gelingen!

Vor­ent­scheid IL 2021

HaSh­ir Shel­a­nu L’Eurovizion 2021. Mon­tag, 25. Janu­ar 2021, aus dem KAN-Stu­dio in Tel Aviv, Isra­el. Eine Teil­neh­me­rin. Mode­ra­ti­on: Lucy Ayoub.
#Inter­pre­tinSong­ti­telTele­vo­tingPlatz
1Eden Ale­neLa La Love17,2%02
2Eden Ale­neSet me free71,3%01
3Eden Ale­neUe La La11,5%03

< Hash­ir HaBa 2020

Israe­li­scher Vor­ent­scheid 2022 >

5 Comments

  • Also das mit dem Aus­schei­den im Halb­fi­na­le wür­de ich nicht zu vor­ei­lig pro­phe­zei­en! Es lie­gen noch 39 wei­te­re Songs vor uns! 

    Den­noch brauch man sich in Jeru­sa­lem nicht all­zu viel erhof­fen. Auch wenn ich unger­ne schon beim ers­ten neu aus­ge­wähl­ten Lied für eine alt­be­kann­te Inter­pre­tin von 2020 den Ver­gleich mit dem Vor­jah­res­werk anbrin­gen will, so ist dies hier mehr als ange­bracht. “Feker Libi” muss­te ich mir zwar auch schön­hö­ren, aber letzt­lich war es ein tol­ler Eth­no­stam­pfer in sei­nem eige­nen Stil. “Set Me Free” ist nach drei­ma­li­gen Hören so mit­tel­mä­ßig, dass Isra­el nicht mit mei­nen SMS im ers­ten Halb­fi­na­le rech­nen darf. Dann doch lie­ber die bei­den Lala­la-Lied­chen. Beson­ders die Ivi Ada­mou Refe­renz­num­mer “La La Love” bleibt mir schon wegen der zeit­ge­mä­ßen und muti­gen Zeile
    “Cau­se love is my dise­a­se, I don’t need no medi­ca­ti­on, I‑I-I I want it to infect my gene­ra­ti­on” in Erinnerung.

  • Recht dün­ne Num­mer, dabei stö­ren mich die schon erwähn­ten lyri­schen Ergüs­se gar nicht mal so sehr. Ich kann nur wenig mit Edens Stim­me anfan­gen – auch für Dua Lipa und Co. bin ich wohl nicht das rich­ti­ge Publi­kum. Die Kon­kur­renz im ers­ten Semi ist ziem­lich groß, mög­li­cher­wei­se fischen Aser­bai­dschan, Mal­ta und Zypern in ähn­li­chen musi­ka­li­schen Gewässern.

    Ich wer­te mal mit 3 von 10 Punk­ten für Isra­el (Alba­ni­en liegt bei 6)

  • Bei den Kin­der­me­lo­dien in La La Love und Set me free krieg ich Magenkrämpfe.
    Ue La La kann ich mir zumin­dest mit guter Lau­ne anhö­ren, auch wenn es kein gro­ßer Wurf ist.
    Sor­ry lie­be Eden, du kannst es besser.

  • Es ist doch jedes Mal das­sel­be: Was ich has­se wird gehypt, was ich lie­be wird gehasst.
    Ich fand Set Me Free von Anfang an super, aber mit dem Sieg in der Vor­ent­schei­dung hab ich gar nicht gerech­net. Ich hat­te mir eine Top 9 der Demos ange­se­hen und fand bei Set Me Free „Klingt super, aber das ist ja sicher lei­der nicht in der End­aus­wahl“, und dann sah ich, dass ich glück­li­cher­wei­se falsch lag. Und zur Krö­nung wur­de mei­ne per­sön­li­che Top 3 in der End­run­de zum tat­säch­li­chen Ergebnis!
    Ue La La ist ein ein­tö­ni­ges, eher beknack­tes Lied mit einem net­ten Rhyth­mus; ziem­lich sinn­los. La La Love ist ein­gän­gig, mit­rei­ßend und fröh­lich, und da hät­te ich mit einem Sieg leben können.
    Set Me Free fin­de ich super, ich lie­be den Rhyth­mus und die ver­schie­de­nen Tei­le! Vor Allem ist der Drop kein Instru­men­tal­ge­plän­kel, son­dern mit Gesang, das gibt von mir immer einen gro­ßen Plus­punkt. Die hohe Note ist toll, und die Rückung fin­de ich in Ord­nung, ich mein, irgend­was muss ja nach der hohen Note kommen…
    Ich bin sehr glück­lich mit Isra­els Wahl!

  • Naja, von einem “Haß­li­ed” ist “Set me free” in mei­ner Gunst schon ziem­lich weit ent­fernt. Es ist nur schlicht­weg nicht mein Fall. Zudem kommt es mir so vor, daß da eine jun­ge Frau ziem­lich ver­heizt wird (lei­der nicht das ers­te und wohl auch nicht das letz­te Mal in der ESC-Geschichte)

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