Natio­naal Song­fes­ti­val 1969: Touch my Tralala

Als Vor­ent­scheid mit Hin­der­nis­sen ent­pupp­te sich das Natio­naal Song­fes­ti­val von 1969: gleich vier der zehn ursprüng­lich vor­ge­se­he­nen Teilnehmer:innen muss­te der Sen­der NOS vor der Ver­an­stal­tung aus den diver­ses­ten Grün­den aus­tau­schen. So trat bei­spiels­wei­se anstel­le der spä­te­ren drei­ma­li­gen Euro­vi­si­ons­re­prä­sen­tan­tin San­dra Ree­mer die auf der zu Indo­ne­si­en gehö­ren­den Insel Sula­we­si gebo­re­ne Sän­ge­rin Annet Hes­ter­man an, die zwar im sel­ben Jahr die nie­der­län­di­sche Flag­ge bei einem inter­na­tio­na­len Lie­der­fes­ti­val ver­tre­ten soll­te. Aller­dings nicht beim ESC in Madrid, son­dern beim Song­fes­ti­val im bel­gi­schen Knok­ke, wo sie einen von den Fest­lich­kei­ten berich­ten­den Pres­se­ver­tre­ter zu dem frag­wür­di­gen Qua­li­täts­ur­teil “kind­lich, reif und sexy” hin­riss. Was wie­der­um ein gutes Stich­wort lie­fert für ihren ein­zi­gen Num­mer-Eins-Hit, den sie im Jah­re 1985 jedoch nicht zu Hau­se lan­de­te, son­dern als Teil des Duos Phil & Com­pa­ny in Däne­mark. Rund zwan­zig Jah­re spä­ter grub die schwe­di­sche Inter­net­sen­sa­ti­on Mats Söder­lund ali­as Gün­ther ‘Touch my Tra­la­la (The Ding Dong Song)’ noch­mal aus und mach­te dar­aus eine vira­le Legen­de. Hes­ter­mann hin­ge­gen brach­te sich 2018 als Teil­neh­me­rin der nie­der­län­di­schen Cas­ting­show The Voice Seni­or zurück ins kol­lek­ti­ve Gedächtnis.

Das Wis­sen um die­sen Titel lädt den nie­der­län­di­schen Bei­trag von 1975 mit ganz neu­er Bedeu­tung auf: Anett Hes­ter­man mit Com­pa­ny im däni­schen Fern­se­hen (Reper­toire­bei­spiel).

Die Sil­ber­me­dail­lis­tin Con­ny Vink hat­te sich bei Wer­be­auf­nah­men vor der Show den lin­ken Arm gebro­chen und muss­te im Gips antre­ten. Sie wur­de bei der Aus­zäh­lung der Jury­stim­men um eine Vote beh­umst, die auf­grund eines Über­tra­gungs­feh­lers ver­se­hent­lich an Patri­cia Paay ging. So konn­te sie nicht mit Len­ny Kuhr gleich­zie­hen und muss­te mit ihrem kar­ne­val­esken Schun­kel­schla­ger ‘De Toe­teraar’ (‘Der Tuba­spie­ler’), in dem sie sich dar­über beklag­te, von näm­li­chem Blech­blas­in­stru­ment immer wie­der aus ihren Tag­träu­men über aller­lei Aben­teu­er mit “India­nern” und “Mexi­ka­nern” geris­sen zu wer­den, mit dem unglück­li­chen zwei­ten Platz vor­lieb neh­men. Für Patri­cia Paay (eigent­lich: Paaij) wie­der­um, die bereits als jun­ges Mäd­chen auf Kreuz­fahrt­schif­fen gesun­gen hat­te (stets nur auf hoher See, außer­halb der nie­der­län­di­schen Hoheits­zo­ne, um nicht gegen das dor­ti­ge Kin­der­ar­beits­ver­bot zu ver­sto­ßen), soll­te es der ein­zi­ge Punkt blei­ben, den sie für ihren Bei­trag ‘Jij alleen’ zu kas­sie­ren ver­moch­te. Für sie schloss sich eine wech­sel­vol­le Kar­rie­re als Wer­be- und Chor­sän­ge­rin, aber auch mit eige­nen Dis­co­hits an. Anfang der Acht­zi­ger schän­de­te sie unter dem Pro­jekt­na­men Star Sis­ters den Swing­klas­si­ker-Kata­log der legen­dä­ren ame­ri­ka­ni­schen Andrews Sis­ters im Stars-on-45-Stampf­med­ley-Stil. Mit Teil­nah­men an diver­sen Trash-TV-For­ma­ten und Nackt­bil­dern für den Play­boy, zuletzt im Alter von 60 Jah­ren, hielt sie sich im Gespräch. Für Auf­se­hen sorg­te zudem ein Erpres­sungs­ver­such mit gegen ihren Wil­len ver­öf­fent­lich­ten por­no­gra­fi­schen Aufnahmen.

How looks the Trumpet?: die um die Sie­ges­chan­ce düpier­te Con­ny Vink.

Völ­lig punk­te­frei gin­gen die Sän­ger Fran­ky Lyu­ten, Rob de Nijs und John Lamers aus. Des­sen Hit­kar­rie­re lag zu die­sem Zeit­punkt bereits hin­ter ihm und ende­te 1972 tra­gisch, als er bei einem Sturz vom Fahr­rad mit dem Kehl­kopf am Len­ker hän­gen blieb. Lamers soll­te sein Aus­kom­men dann als Wer­be­tex­ter fin­den. Immer­hin drei Stim­men erhielt der als Wou­ter Otto Leven­bach in Ams­ter­dam gebo­re­ne Dave Rich, der in den Sieb­zi­gern haupt­säch­lich mit Cover­ver­sio­nen oder Med­leys fran­ko­phi­ler Hits Erfol­ge im Land der Gal­li­er fei­ern konn­te, wohin er sei­nen Lebens­schwer­punkt ver­la­gert hat­te. Mit­te der Neun­zi­ger schloss sich eine Kar­rie­re als TV-Mode­ra­tor im fran­zö­si­schen Fern­se­hen an, für das er zeit­wei­lig auch den Euro­vi­si­on Song Con­test kom­men­tier­te. Leven­bach, der mit sei­nem Lied­tex­ter zusam­men­lebt, oute­te sich 1997 in sei­ner Auto­bio­gra­fie. Eine von ihr per­sön­lich kom­po­nier­te, erdig-simp­le Gitar­ren­me­lo­die, mit der sich die Künst­le­rin selbst auf der Akus­tik­klamp­fe beglei­te­te, sowie ihre erdig-dunk­le Stim­me bil­de­ten gemein­sam mit der fast schon ans Par­odis­ti­sche gren­zen­den, enga­gier­ten Ernst­haf­tig­keit ihres Vor­trags die Grund­la­ge für den Sieg der neun­zehn­jäh­ri­gen Lie­der­ma­che­rin Hele­na Huber­ti­na Johan­na (Len­ny) Kuhr beim Natio­naal Song­fes­ti­val sowie beim Euro­vi­si­on Song Con­test in Madrid, wo sie das­sel­be Desi­gner­kleid trug wie beim Vor­ent­scheid, nur in einer ande­ren Farbe.

Lei­der nur als Audio: die Play­list mit allen zehn Vorentscheidungstiteln.

Dort musst sich Len­ny die Chan­son­kro­ne aller­dings punkt­gleich mit drei wei­te­ren Sän­ge­rin­nen tei­len, da die EBU zu die­sem Zeit­punkt kei­ne vor­sorg­li­che Lösung für einen sol­chen Gleich­stand erson­nen hat­te. Nach dem erst dar­auf­hin ent­wi­ckel­ten und 1991 in Rom zur Anwen­dung gekom­me­nen Ver­fah­ren hät­te sie aller­dings in Madrid mit der höchs­ten Ein­zel­wer­tung gewon­nen. So aber blieb ihre lyrisch (auch in der recht akku­ra­ten deut­schen Über­set­zung) etwas alter­tüm­li­che Folk­wei­se über einen ‘Trou­ba­dour’, der sich mit “zijn eigen Lied, zijn eigen Zang” in die Her­zen sei­ner Zeitgenoss:innen ein­brann­te, eine Rand­no­tiz im all­ge­mei­nen Auf­ruhr über das absur­de Ergeb­nis der inter­na­tio­na­len Wett­be­werbs; vom Sie­ges­quar­tett konn­te allei­ne die Bri­tin Lulu ihr schmis­si­ges ‘Boom bang-a-bang’ in einen Hit ver­wan­deln. Len­ny Kuhr erhielt einen Plat­ten­ver­trag und nahm wei­ter an zahl­rei­chen inter­na­tio­na­len Lie­der­fes­ti­vals teil, mit fran­zö­sisch­spra­chi­gen Chan­sons konn­te sie zudem in Kana­da Erfol­ge fei­ern. In den Nie­der­lan­den ver­leg­te sie sich auf Thea­ter­tour­neen und spi­ri­tu­el­le Musik. Im Jah­re 1993 stürz­te sie ein zeit­wei­li­ger Ver­lust ihrer Stim­me in eine mehr­mo­na­ti­ge, exis­ten­ti­el­le Kri­se, die sie auf zwei Alben künst­le­risch ver­ar­bei­te­te. 2011 kam ihr ‘Trou­ba­dour’ in einer Neu­be­ar­bei­tung der Rap­per Ali‑B und Kei­zer erneut in die nie­der­län­di­schen Charts und beim denk­wür­di­gen Con­test im Jah­re Eins n.C. schmet­ter­te sie ihn noch­mals von den Dächern Rot­ter­dams.

Von ‘La la la’ (ES 1968) zu “Lay la la lay” ist es nicht weit: auch Len­ny bedien­te sich der Kraft der Laut­ma­le­rei, unter­füt­ter­te sie jedoch in den Stro­phen mit deut­lich mehr Inhalt.

Vor­ent­scheid NL 1969

Natio­naal Song­fes­ti­val. Mitt­woch, 26. Febru­ar 1969 aus dem Cir­cus­thea­ter in Sche­ven­in­gen. Zehn Teilnehmer:innen. Mode­ra­ti­on: Pim Jacobs.
#Inter­pre­tenSong­ti­telJuryPlatz
01Anett Hes­ter­manZoek het niet te ver204
02John LamersAls een Donderslag008
03Len­ny KuhrDe Trou­ba­dour701
04Anne­ke GrönlohHeart­beat105
05Fran­kie LuytenHaat me niet008
06Patri­cia PaayJij alleen105
07Rob de NijsZater­da­ga­vond­show008
08Lin­da RossGood­bye my Love105
09Dave RichNiets gaat zo snel303
10Con­ny VinkDe Toe­teraar602

Letz­te Aktua­li­sie­rung: 15.06.2021

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