Ganze 53 Jahre musste das kleine, geografisch etwas randständige und kulturell auf europäischer Ebene nicht unbedingt massenkompatible Portugal von seiner Erstteilnahme im Jahre 1964 bis zu seinem Eurovisionssieg 2017 warten. Ein verschrobener Barde namens Salvador Sobral holte bekanntlich den Pott und die Gastgeberschaft nach Lissabon, mit einer intimen, aus der Zeit gefallenen Trennungsschmerzballade in seiner Muttersprache. Mit “Musik, die wirklich etwas ausdrückt”, wie es der lebensbedrohlich erkrankte Adelsspross, dem es nach einer Herztransplantation mittlerweile wieder besser geht, im Überschwang seiner Siegesansprache formulierte. Und nun das: ein Jahr später, im ersten Semifinale des in der portugiesischen Hauptstadt abgehaltenen 2018er Grand Prix, fliegen gleich zwei von insgesamt lediglich drei Beiträgen in Landessprache raus, beides Balladen. Stattdessen folgt ein Durchmarsch fröhlicher, größtenteils stark choreografierter und mit mehr oder minder massiven Gimmicks arbeitender Uptemponummern, von “Fast-Food-Pop”, wie Sobral es nennen würde. Als bekennender Liebhaber von ‘Amar pelos Dois’ einerseits und glühender Dance-Trash-Fan andererseits sage ich: gut, dass beim Grand Prix für beides Platz ist!
L’amour est bleu: das komplette erste Semifinale des ESC 2018.
Obschon im Blutbad-Semi mit seinen insgesamt 19 Teilnehmer/innen bei nur zehn freien Finalplätzen auch Vertreter/innen der “Instant-Musik” Federn lassen mussten. So etwa die wie Salvador eigentlich aus dem Jazz kommende aserbaidschanische Repräsentantin Aisel (Aysel Mammadova), die in Lissabon allerdings eine fadenscheinige Uptemponummer aus dem skandinavischen ESC-Baukasten präsentierte, mit einem über weite Strecken eher sinnfreien (“Tear down the Firewall”, “Loona moon me up”) Songtext. Aus welchem Grund die anmutige Aisel mitsamt ihren vier Backings barfüßig auf aus dem Bühnenboden aufragenden Eisschollen herumkraxelte und dazu Armbewegungen vollführte, die an Synchronschwimmen erinnerten, erschloss sich auch nicht unbedingt. Sollte ihr mit dem Hauptexportprodukt ihres Landes, Erdöl, beladener Tanker mit einem Eisberg kollidiert sein? Kommen diese im kaspischen Meer nicht eher selten vor? Jedenfalls muss sich nun ein europäisches Land erbarmen und Aisel Asyl anbieten, steht sie nach dem ersten ESC-Aus Aserbaidschans beim heimischen Diktator Ilham Aliyev doch sicherlich auf der Abschussliste.
Der Glitzerkruste auf Aisels Haut nach zu urteilen, müssen im kaspischen Meer wohl gerade Discofische (© Thomas Hermanns) abgelaicht haben (GR).
Im Sinne des Erhalts des fragilen Friedens in der Region insofern eine Erleichterung, dass auch dem Erzrivalen Armenien der Weg ins Finale versperrt blieb. Aus der Sicht Salvadors (und des Bloggers) hingegen ein schmerzlich zu beklagender Verlust, denn nicht nur verfügte der hajastanische Vertreter Sevak Khanagyan über den beeindruckendsten Vollbart aller diesjährigen Teilnehmer/innen, sondern mit ‘Qami’ (‘Wind’) auch über eine klassisch aufgebaute Sehnsuchtsballade mit dramatischen Steigerungen zum Songfinale hin. Schade, dass es nun ausgerechnet den ersten rein muttersprachlichen Beitrag des Landes der Aprikosen schrägte. Womöglich zeigten sich die Zuschauer/innen durch die zwiespältige Symbolik von Sevaks Auftritt überfordert: stand der optisch ansprechende Sänger doch in einem Rondell unterschiedlich hoher Stelen, das Bezug auf das aus der Bronzezeit stammende Gräberfeld von Zorakarer nahm, dem armenischen Stonehenge. Dies allerdings in einem aus einem Grobstrickpulli mit einem nur halbseitigen, krumpeligen Überwurf bestehenden Gewand, das unwillkürlich an den christlichen Heiligen Sankt Martin erinnerte, dem Mann, in dessen Angedenken heutzutage immer im November reihenweise selbstgebastelte Papierlaternen in Flammen aufgehen.
Mit wem er wohl seinen Mantel seine Wolldecke teilte? Der edelmütige und edel anzuschauende Sevak (AM).
Auch für ‘Oneira mou’ (‘Mein Traum’), die bereits erwähnte zweite Ballade im Heimatidiom war am Dienstagabend dank der Jury Schluss (im Televoting reichte es noch für den zehnten Rang). Gianna Terzi forderte es aber auch ganz schön heraus: nicht nur, dass sie den heimischen Vorentscheid automatisch gewann, weil alle anderen Kandidaten dem austragenden Sender entweder nicht griechisch genug klangen oder ihre Plattenfirmen nicht die Teilnahmekosten übernehmen wollten. Wohl, um ihre panflötige Ethnoballade auch optisch klar ihrer Landesflagge zuzuordnen, trug sie ein weißes Kleid mit bodenlangen Flügelläppchen. Ihre Hand hatte sie zudem in einen Behälter mit diesem blauen Reinigungsliquid für Chemietoiletten getaucht und das Ganze mit etwas Glitterspray fixiert. Was leider so aussah, als habe sie vor dem Auftritt noch schnell dem Discoschlumpf einen runtergeholt. Und tatsächlich wartete man die kompletten drei Minuten darauf, dass sie beim dramatischen Armwedeln das persilreine Kleid versaute, was leider nicht geschah. Ihr eigentlich sterbensschönes Lied zog unterdessen unbemerkt an den Ohren vorbei. Kann aber auch sein, dass die Zeit für diese Art von Musik seit spätestens 15 Jahren abgelaufen ist.
Die von Gianna bei der 2:30-Minuten-Marke handchoreografierten Dampffontänen retteten leider auch nichts mehr (GR).
Den FFF (Fan Favorite Fail) oder Favoritensturz des ersten Semis legte die mit zahlreichen Vorschusslorbeeren angereiste Belgierin Laura Groesenken alias Sennek hin. Selbstverschuldet übrigens: die sympathische Sennek bediente sich des heimischen Choreografen Hans Pannecouke, der unter anderem bereits die Auftritte der Common Linnets (NL 2014) und von Trijntje Oosterhuis (NL 2015) betreute. Wie bei der Letztgenannten tauchte er auch bei der rapunzelhaarigen Belgierin den Bildschirm zunächst in gnädiges Schwarz, bis auf einen angestrahlten Augenschlitz. Wobei man sich bald wünschte, er hätte es dabei belassen: nämlich, als das Bühnenlicht nach und nach den Blick auf Senneks Kleid freigab, für das die hauptberuflich als Dekorateurin bei IKEA Tätige die Inspiration wohl in der Lampenschirmabteilung ihres Arbeitgebers fand. Sehr unvorteilhaft! Ihre in den Strophen extrem elegante und im Refrain peinlich platte Bond-Ballade ‘A Matter of Time’ verlor durch die fehlende Kamerapräsenz der Sängerin ziemlich an Glanz, wie sich beim Gang über den Catwalk zeigte: wenn die israelischen Aufblashammer in der ESC-Moshpit bildfüllender wirken als die anorektische Interpretin im Vordergrund, dann stimmt etwas nicht.
Wer zur Hölle ist DJ Antrack (Minute 2:09) und was hat er mit dem ESC zu tun (BE)?
Wie man einen Auftritt äußerst eindrücklich inszeniert, wenn auch nicht unbedingt im positiven Sinne, stellten die Belorussen unter Beweis. Ihr in der Ukraine geborener, höchst umstrittener Repräsentant Nikita Alekseev trug nicht nur das vorher tagelang in Wäschebleiche eingelegte Gebiss von Stefan Raab auf (das mit den jeweils 32 Zähnen unten und oben), sondern ließ sich auch von einer gramgebeugten, rotgewandeten Tänzerin umwuseln, während er auf einer verspiegelten Hebebühne wie direkt aus der ZDF-Hitparade herübergebeamt stand und sein grauenhaft kauderwelschiges Emo-Gejammer hervornuschelte. Auf welches ohnehin niemand achtete, weil seine absurde Rosenshow so stark die Aufmerksamkeit fesselte. Zum Beispiel anhand der Frage, wieso er nicht aus der Hand blutete, durch welche seine Wilhelma Tell gerade die dornige Blume geschossen hatte. Oder beim ausgesprochen unappetitlichen Anblick seines von offenen Geschwüren übersäten, wundgelegenen Rückens, der vermuten ließ, dass man ihn in der geschlossenen Abteilung in Minsk wohl monatelang im Bett fixierte, ohne ihn wenigstens regelmäßig zu wenden. Der Pflegenotstand scheint nicht nur ein deutsches Problem zu sein!
Im Namen der Rose: Alekseev (BY) bandelte mit der selben Fag Hag an wie seinerzeit schon Farid Mammadov (AZ 2013).
Rosen spielten ebenfalls bei Franka Batelić eine Rolle. Die Kroatin erinnerte sich in ihrem schnell vergessenen Beitrag ‘Crazy’ nämlich an “Roses and Horses in the Rain” (eigenen “THE RAIN! THE RAIN! DANCING!”-Scherz bitte hier einfügen). Müffelt so ein nasses Pferd nicht? Franka, eine echte Erscheinung in ihrem transparenten schwarzen Spitzenkleid, gab uns die Evridiki (CY 1992) und stellte unter Beweis, wie man mit der Kamera Sex haben kann, ohne dabei ordinär zu wirken. Leider kein Vorbild daran nahm sich die mazedonische Kollegin Marija Ivanovska. Die Leadsängerin des Duos Eye Cue (jawohl, wie IQ, haha) orientierte sich stattdessen an Charlotte Nilsson (SE 1999) und trug ein zunächst von einem rosafarbenen Zwangsjäckchen verhülltes, hautenges, pinkmetallic gemustertes Oberteil, das vor allem den Zweck verfolgte, auf die Existenz ihrer üppigen Mammae hinzuweisen. Danke, die wären uns sonst vielleicht gar nicht aufgefallen. Das lenkte jedoch nicht von den quietschend schiefen Tönen ab, die sie und ihre drei Backings produzierten. Immerhin bewiesen IQ beim Songtitel Sinn für Eigenironie: ‘Lost and found’ bezeichnet im Englischen das Fundbüro, und von dort stammten zweifelsohne ihre drei notdürftig verwobenen Liedfragmente, die von halbherzigem Reggae über müden Country-Pop bis hin zu einem ausgelaugten Tanzflächenfüller alle unverkäuflichen Reste zu einem faden Brei verwursteten.
Das musikalische Äquivalent zu Labskaus: Mazedoniens Resteverwertung weckte keinen Appetit auf mehr.
Ein wenig Mitleid konnte man mit den Schweizern empfinden. Das helvetische Fernsehen hatte, ähnlich der ARD, in diesem Jahr versucht, ihren Vorentscheid umzukrempeln und sich endlich externe Fachberatung ins Haus geholt. Und tatsächlich stellte ihr Beitrag ‘Stones’ des Geschwisterduos Co(rinna) und Stee(fan) Gfeller alias Zibbz, eine textlich engagierte Rockhymne gegen Cyber-Bullying, einen enormen Fortschritt für die unterhaltungsgewerblich nicht gerade gesegnete Eidgenossenschaft dar. Auch die Bühnendarbietung wirkte authentisch, selbst Cos Publikumsanimation sorgte nur für einen kurzen, erträglichen Fremdschämmoment. Alles in allem also eine sehr solide Leistung. Doch solide genügt bei Europas härtestem Musikwettbewerb nicht. Die Richtung stimmt schon, jetzt müsst ihr Euch nur mal was trauen. Falls es erlaubt ist, vielleicht ein kleiner Tipp: stimmt doch beim nächsten Vorentscheid einfach für das Lied, von dem Ihr denkt, das kann man aber nun auf gar keinen Fall schicken, damit blamiert man sich ja. Probiert’s mal aus! Nicht mehr zu helfen scheint hingegen den Isländer/innen: wer im Jahre 2018 noch einen derart ranzigen, bereits seit 1992 abgelaufenen Weltfriedensquark wie ‘Our Choice’ schickt, der will offensichtlich mit Gewalt nicht übers Semi hinaus. Kaum zu glauben, dass das brave Bübchen Ari Ólafsson tatsächlich der Neffe des legendären Grand-Prix-Innovators Paul Oscar (IS 1997) sein soll.
Liebste Co, auf ein Wort: das nächste mal entsorgst Du die ausgebrannte Feuerwerkhülse aber bitte im Hausmüll, anstatt sie achtlos auf dem Catwalk liegen zu lassen, gelle? (CH)
Die eben erwähnten eurovisionären Familienbande führen uns nahtlos zum Kurzüberblick über ein paar der Finalisten dieser Qualifikationsrunde. Die – zumindest für den Blogger – größte Überraschung stellte nämlich das Weiterkommen des irischen Barden Ryan O’Shaugnessy dar, dem Neffen von Gary (IE 2001). Sein enervierend winseliges Trennungsschmerzgejaule ‘Together’ vereinte Elemente aus allen sechs Grand-Prix-Jahrzehnten: Ryans rosiges Antlitz, das ihn aussehen ließ wie eine amerikanische Werbefigur aus den Fünfzigern für Laramie-Zigaretten; eine theaterhafte Bühnendekoration mit Parkbank und Lili-Marleen-Laterne wie in den Sechzigern; eine Ballade, die in den Siebzigern schon altmodisch gewesen wäre; Nicoles Friedensgitarre aus den Achtzigern; eine (allerdings sehr spärliche) Schaumparty wie zu Loveparade-Zeiten in den Neunzigern; eine weitestgehend ignorierte Sandprinzessin am Klavier wie bei Dima Bilan (RU 2008) und schließlich zwei herumturtelnde schwule Tänzer aus diesem Jahrzehnt. Deren in der Halle frenetisch bejubeltes Auftauchen legte dann auch die Spur zur Auflösung der Whodunit-Frage: die in den Qualifikationsrunden ziemlich alleine abstimmenden Homoletten Europas wählten den Driss wohl deswegen weiter.
Wetten, die drei hatten auf der Parkbank hinterher noch etwas Spaß miteinander (IE)?
Erfreulich hingegen der Finaleinzug des Österreichers Cesár Sampson, einer von in diesem Jahr auffällig zahlreichen ehemaligen ESC-Backgroundsänger/innen. Sein Auftritt begann, wie bei der Kollegin Sennek, ebenfalls im Halbdunkel. Was für einen eher erschröcklichen Auftakt sorgte, da so das ziemlich gruselige Starren des athletisch-uncharismatischen Interpreten besonders auffiel. Seine Positionierung auf einer mit Landescheinwerfern bestückten, raumschiffartigen Hebebühne und ein überlebensgroßes Hologramm verliehen dem Ganzen einen leicht extraterrestrischen Charakter, was zu der musikalischen wie lyrischen Düsterkeit seiner Gospelballade ‘Nobody but you’ passte, die live irgendwie langsamer und leieriger klang als in der Studiofassung. Vom selben österreichisch-bulgarischen Produktionsteam stammte der nicht minder düstere Beitrag ‘Bones’ der ebenfalls hauptsächlich aus Backings rekrutierten Retortenband Equinox, ein textlich kryptisches wie mäanderndes Musikstück. Auch ihr Plexiglaspodest wirkte wie aus der ZDF-Hitparade recycelt. Schwarz in schwarz das Bühnenbild, aus dem die potthässliche, knallblonde Sia-Perücke der Frontfrau Zhana Bergendorff so stark hervorleuchtete, dass man ihren Körper mit einer üppigen bleiernen Halskrause gegen die Röntgenstrahlung abschirmen musste.
Die niedliche Zahnlücke half über den leichten Gruselfaktor von Cesárs Auftritt hinweg (AT).
Ungleich bunter und fröhlicher die Show der finnischen Powerlesbe und notorischen Castingshow-Zweiten Saara Aalto. Wenngleich auch sie sich, wie Cesár, als Außerirdische inszenierte, die mit einer bonbonfarbenen Raumkapsel vom Planeten Vulva gekommen war, uns von ihren inneren Monstern zu berichten, die sie mit ihrem Coming-Out erfolgreich zu verscheuchen vermochte. Wie, um die von ihren weiblichen Backings besonders schrill gekrischene Textzeile “I ain’t scared no more” unter Beweis zu stellen, ließ sie sich gleich zu Beginn auf eine Drehscheibe spannen und am Ende rücklings von ihrer Kommandokapsel in die Arme ihrer Crew fallen, so wie man das von Vertrauensübungen aus Teambildungsseminaren kennt. Hier hielt ich kurz den Atem an, denn für Sekundenbruchteile sah es so aus, als habe Saara Flugwinkel und Gewicht falsch eingeschätzt und könnte unsanft mit dem Hinterkopf auf dem Boden aufschlagen. Ging aber alles gut – puh! Unspektakulär, aber authentisch der Auftritt des Albaners Eugent Bushpepa (bester Name!) mit seiner landessprachlichen Rockballade ‘Mall’ (‘Sehnsucht’). Der (den Jurys geschuldete) Finaleinzug des ansprechend tätowierten und bevollbarteten Sängers bewahrt uns künftig hoffentlich von den üblichen, dissonant in schlechtem Englisch kreischenden Frauen, die der Balkanstaat sonst so gerne schickt.
Duran Duran haben aus den Achtzigern angerufen und wollen ihre ‘Wild Boys’-Drehscheibe zurück von Saara Aalto (FI).
Die restlichen fünf Finalist/innen, die allesamt zu den Anwärter/innen auf eine Top-Platzierung am kommenden Samstag zählen, wollen wir uns bis dahin aufheben. Ein abschließendes Wort vielleicht noch zur Präsentation durch den portugiesischen Sender RTP: positiv zu vermerken ist der von vielen Fans wütend beweinte Verzicht auf eine LED-Wand, welcher die Kreativität der Delegationen in Sachen Bühnengestaltung herausforderte und uns eine erfreuliche Vielzahl an Gimmicks, Bühnenaufbauten und ausgefeilten Choreografien bescherte. Erfreulich auch der Verzicht auf einen Opening Act im Semifinale. Um so bedauerlicher allerdings, dass RTP diesen Trend zu mehr Intimität konterkarierte, in dem er gleich vier (!) Moderatorinnen auf die Zuschauer losließ. Zumal diese Damen unter Beweis stellten, dass Comedy so gar nicht die Sache der Portugiesen ist. Hier musste man dem deutschen Kommentatoren Peter Urban dankbar sein, wenn er über sie hinweglaberte, ersparte einem das doch, sich in Fremdschämkrämpfen vor dem Fernseher zu wälzen. Auch der als Werbepausen-Überbrückung eingeschobene Sketch Planet Portgual, in dem ein heimischer Komiker sich an einer Parodie auf den britischen Dokumentarfilmer David Attenborough verhob, sorgte weniger für Erheiterung als für Befremdung. Linda Woodruff, zu Hilfe!
Wieso sieht der Mann aus wie Hercule Poirot? Der war doch Belgier und nicht Brite und hat doch auch nie Naturdokus gedreht? Wenn die Portugiesen das unter “Comedy” verstehen, möchte ich aber bitte nie wieder Spitzen gegen die angeblich humorlosen Deutschen hören!
ESC 2018, 1. Semi
1. Semifinale des Eurovision Song Contest 2018. Dienstag, der 8. Mai 2018, 21 Uhr, aus dem Pavilhão Atlântico in Lissabon, Portugal. 19 Teilnehmerländer. Moderation: Filomena Cautela, Sílvia Alberto, Catarina Furtado und Daniela Ruah.# | Land | Interpreten | Songtitel | Televoting | Jury | Summe | Platz |
---|---|---|---|---|---|---|---|
01 | AZ | Aisel Mammadova | X my Heart | 047 | 047 | 094 | 11 |
02 | IS | Ari Ólafsson | Our Choice | 000 | 015 | 015 | 19 |
03 | AL | Eugent Bushpepa | Mall | 048 | 114 | 162 | 08 |
04 | BE | Sennek | A Matter of Time | 020 | 071 | 091 | 12 |
05 | CZ | Mikolas Josef | Lie to me | 134 | 098 | 232 | 03 |
06 | LT | Ieva Zasimauskaitė | When we’re old | 062 | 057 | 119 | 09 |
07 | IL | Netta Barzilai | Toy | 116 | 167 | 283 | 01 |
08 | BY | Alekseev | Forever | 045 | 020 | 065 | 16 |
09 | EE | Elina Netšajeva | La Forza | 120 | 081 | 201 | 05 |
10 | BG | Equinox | Bones | 070 | 107 | 177 | 07 |
11 | MK | Eye Cue | Lost and found | 006 | 018 | 024 | 18 |
12 | HR | Franka Batelić | Crazy | 017 | 046 | 063 | 17 |
13 | AT | César Sampson | Nobody but you | 116 | 115 | 231 | 04 |
14 | GR | Gianna Terzi | Oneiro mou | 053 | 028 | 081 | 14 |
15 | FI | Saara Aalto | Monsters | 073 | 035 | 108 | 10 |
16 | AM | Sevak Khanagyan | Qami | 041 | 038 | 079 | 15 |
17 | CH | Zibbz | Stones | 027 | 059 | 086 | 13 |
18 | IE | Ryan O’Shaugnessy | Together | 108 | 071 | 179 | 06 |
19 | CY | Eleni Foureira | Fuego | 173 | 089 | 262 | 02 |
GRRRRRRRRRRRRRR! Diss Du nochmal Irland, Du, dann sag ich das Onkel Gary (O’Shaughnessy), und der haut Dich! Das ist der mit ABSTAND berührendste Beitrag dieses Jahres und zurückhaltend geschätzt ungefähr zehnmillionenmal besser der Beitrag eines gewissen Big-5-Land-Zausels (und damit ist er noch gut weggekommen!)
Ansonsten eine treffliche Annalühse, der ich mich bis auf einen kleinen Punkt vollumfänglich anschließe: Linda Woodruff ist genauso nervig. Aber nach dem großartigen Ergebnis gestern Abend sehe ich da zumindest heute gnädig drüber weg. Mal sehen, was morgen auf uns zu kommt, ich fürchte, die unangenehmen Dinge treten da etwas mehr in den Vordergrund.
Mit dem, was die Herrschaften Semigewinner aus der Startnummernschüssel gezogen haben, könnte es jedenfalls das spannendste Finale seit 1998 werden. Can’t wait.
Wann war Sennek jemals Backing-Sängerin beim ESC?
Na ja, berührend finde ich einen Beitrag nicht, wenn sich hinter dem Rücken des Sängers zwei Schwule an ziemlich hektischem Ausdruckstanz versuchen. Ein bisschen mehr – deutlich mehr – Intimität hätte ich mir da gewünscht. Gut, als Schwuler bin ich da durchaus berührt. Aber eher peinlich.….
Ansonsten gab es in diesem stärkeren 1. Halbfinale acht Lieder die ich gerne im Finale gesehen hätte, was immerhin sieben schafften. Plus Finnland als pures Trash-Festival, was man in dieser Form heutzutage kaum noch sieht, anders als früher. Das gehört dann schon goutiert.
Bei Litauen, einer der schmierigsten Inszenierungen aller Zeiten, wurde aber auch kein einziger Ton getroffen. Wie konnte das bloß durchgehen?
Ansonsten alles fein
@forever: Doch nicht der Ausdruckstanz, das ist nur das Bonbon. Der SONG!
@Alki: Das war der “Running-Scared”-Effekt. Der Schluss hat alles rausgerissen (ich war vorher auch ein ganz kleines bisschen enttäuscht), und nachdem das dann zweimal im SDL kam… “schmierig” finde ich allerdings für die Inszenierung ein unpassendes Adjektiv.
Ich finde Litauen wunderschön – und Albanien ist absolut geil ! Schade um Griechenland, aber leider war es abzusehen. Irgendwie kam es nicht so rüber wie erhofft. Nun gut, Finnland hätte ich nicht im Finale gebraucht, aber hat damit zumindest Aserbaidschan das erste Mal raugekickt. Für Irland freut es mich, endlich mal wieder im Finale dabei zu sein. Außerdem besteht ja noch die Hoffnung, daß am Samstag nicht die Plastikfraktion siegt (und dazu zähle ich Israel definitiv nicht, gehört nach wie vor zu meinen Favoriten). Das wäre in der Tat ein ganz fataler Schritt zurück.….
@alle: Hat überhaupt schon mal so ein richtiges Talmi-Teil gewonnen? Am ehesten wohl “Running Scared”, da war die Ausgangslage ähnlich wie in diesem Jahr. Azedaze konnte aber damals auch nur gewinnen, weil alle anderen Favoriten entweder eine besch.…eidene Startnummer hatten (Schweden, Bosnien), zu ungewöhnlich fürs gemeine Volk haben (Deutschland, wäre eigentlich für mich in Düsseldorf der logische Sieger gewesen) oder halt einfach versagt haben (Frankreich, Ungarn und vor allem UK).
also, mein hörempfinden war komplett konträr: die zasimaus (danke, oliver, für diesen nachhaltigen spitznamen) hat das brüchig-zerbrechliche stimmlich super gemacht, ohne dabei auch nur einen halben ton zu versemmeln! und genau das in verbindung mit der zurückgenommenen choreographie hat ihr diesen erfolg beschert, denke ich. eben ganz im gegensatz zu sennek, die es leider vergeigt hat, oder (leider leider, mir blutet das herz!) frau terzi, die auch immer leicht detonierte. na gut, gegen eye cue konnte in diesem wettbewerb um die stärkste gesangliche fehlleistung niemand etwas ausrichten, nicht einmal der gruselige fo´äwwah-rosenschießer.
dass irland weiter ist, finde ich zwar wirklich schön (ich hatte schon den sonderpreis “un certain regard” für ihn ausgelobt), aber dann doch überraschend, weil ich den auftritt ein wenig wirr fand und eher armenien im finale gesehen hätte (mal abgesehen, dass herr khanagyan für meinen geschmack die präsentablere optik zu bieten hatte…). und schlussendlich bin ich sehr gespannt, ob israel oder zypern vorn lag. gestern habe ich mich ganz der momentanen wirkung hingegeben und “yeah yeah fire” gerufen 🙂
Um Belgien weine ich, um Mazedonien trauere ich, für Finnland freue ich mich. Irland verstehe ich zwar nicht, aber jedes Jahr kommt einer von den ödesten Songs ins Finale, insofern ESC-Normalität. Dieses Jahr auch zwei, siehe Österreich. Die Schweizer legten einen tollen Auftritt hin, allein dafür hätte ich ihnen das Finale gegönnt.
Zum Glück ist der weißrussische Rosenkavalier raus, bei den stimmlichen Qualitäten dürfte der nicht mal in der Grundschule auftreten. Bei Albanien hat wohl die Diaspora gewonnen, während sie bei Armenien versagte.
Und was die korrupte Griechin und den Discoschlumpf angeht. Es war wohl nicht das erste Mal, vermutlich hat sie so den Vorentscheid für sich entschieden. Nein, im Ernst: Für solche Kommentare lobe ich den Hausherrn, grins. Konnte mir beim Lesen das Lachen nicht mehr verkneifen.
Schließe mich den Dankesreden für die wunderbare Analyse des ersten Semis an!
Bin eigentlich ganz zufrieden mit Europas Auswahl bis auf 2 Nummern:
Bitte Rückkehr der Spießigkeit (Irland, Litauen) raus und dafür Rückkehr der Landessprache (Griechenland, Armenien) rein ins Finale!!!
Echt schlimm wenn zwei so junge Menschen sich anscheinend mit einem ESC Beitrag für Rollen im nächsten Rosamunde Pilcher Film bewerben wollen!
@Cal X: Du hast natürlich Recht, da ist mir was durcheinander geraten. Danke für den Hinweis, ich hab’s korrigiert.
Aserbaidschan war auch etwas unglücklich inszeniert. Oder war das ein Safura-Gedächtnis-Lauf zu Beginn? Sah ein bisschen so aus, als wäre sie zuerst auf die falsche Scholle gelaufen und hätte ihren Irrtum dann bemerkt.
Der Eröffnungs- und Endshot waren atmosphärisch genau das, was die belgische Nummer über den gesamten Zeitraum hinweg gebraucht hätte. Ohne wirkliches Alleinstellungsmerkmal ist Sennek dann allerdings leider zu recht untergegangen.
Und was singt Cesar da eigentlich zu Beginn? I’m gonna get so hard tonight? Oder ist das Freud’sches Hören? *lol*
Um Saara habe ich auch jedes Mal Angst, wenn sie nach hinten fällt. Ich fürchte, im Finale wird sie auch nach hinten durchgereicht. Campe Nummern funktionieren meist nur in den Semis.
Ansonsten mal wieder Lob an diesem Semi-Bericht. Habe viel lachen müssen!
Bin dieses Jahr deutlich weniger deprimiert als sonst nach dem ersten Semi. Das liegt natürlich daran, dass es diesmal viel weniger als sonst bereits hier das große Favoritensterben gab. Und das wiederum ist vor allem darin begründet, dass MEINE Favoriten entweder sowieso den Big 5+ angehören (Porrtugal, Italien, Frankreich), oder erst im zweiten Semi dran sind: mein erster Platz Dänemark, Niederlande und Serbien kommen bei mir vor allen SF1-Teilnehmern). Aus diesem Grunde kann ich es auch gar nichr verstehen, wieso allgemein das erste Semi als das “Mörderfinale” gehandelt wurde. Konnte ich nie nachvollziehen, erst recht nicht nach dem tatsächlichen Ereignis.
Mit den Ergebnissen bin ich im großen ganzen ganz zufrieden, auch wenn ich persönlich in 5 Fällen anders entschieden hätte. Aber bei den meisten Beiträgen war ich eh relativ indifferent. Gut fand ich, dass meine (NACH dem hören dieses Semi) 3 Top-Beiträge Albanien, Litauen ubd Finnland weiter sind. Alle drei waren zwar bei mir eh unter den 10 Weiterkommern, aber Litauen ist erst während dieses Abends bei mir ganz nach vorn gerutscht. Das war echt der berührendste Auftritt der Show, auch wenn das Stück ein bisschen altbacken sein mag.
Leid getan hat es mir vor allem für die Schweizer. Die fand ich eigentlich von Anfang an richtig gut und von allen gnadenlos unterbewertet. Ausnahmsweisee bin ich hier mal mit Peter Urban einer Meinung. Auch die kroatische Franka, Sennek und Griechenland hätte ich lieber dabeigehabt, wobei ich im Fall von Sennek den Aussgang nachvollziehen kann, ein bisschen auch bei Yianna Terzi, die am Anfang etwas unsicer daherkam.
Der tschechische Beitrag war ja ursprünglich mal mein Hasstitel. Die Medaille für den nervigsten Song hat er nach wie vor (kommt gleich nach Mambo No 5), aber natürlich kann der Kerl was, auch wenn es ganz und gar nicht meine Musik ist, und irgendwie habe ich mir das auf Dauer schöngehört.
Mit dem bulgarischen Song kann ich nach wie vor wenig anfangen, aber sei’s drum, geht in Ordnung.
Richtiggehend entsetzt bin ich aber über das Weiterkommen Zyperns (trotz oddschecker und co.). Das darf doch wohl niccht wahr sein! Abgesehen vom zu recht ausgeschiedenen weißrussischen Rosenkavalier war das doch der schwächste Auftritt des ganzen Abends, sanglich sogar ganz klar der schlechteste!!! Das ist schließlich nicht der Eurovision Dance Contest.
Eigentlich dachte ich ja, dass ich dem Finale entspannt entgegensehen könnte, denn auch wenn vermutlich nicht meine v´favorisierten Dänen gewinnen würden, so glaubte ich doch, mit allen potentiellen Gewinnern leben zu können: Israel, Frankreich, Italien, meinetwegen auch Norwegen … Aber wenn dieser Quark tatsächlich gewinnen sollte, dann verstehe ich die Welt nicht mehr (wie bereits bei Dima Bilan oder Ell Und Niki). Bitte, bitte, Europa, habt ein Einsehen!